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Unternehmen sollten mit einem Euro-Notfallplan vorsorgen

Dienstag, 17.04.2012

Die Euro-Krise nimmt kein Ende. Viele Unternehmen und ihre Berater machen sich daher über mögliche Szenarien der weiteren Euro-Entwicklung Gedanken. Knackpunkt sind veränderte Kapitalflüsse und Umrechnungskurse.

«Nein, die Euro-Krise ist nicht vorbei, sie wird sogar noch schlimmer», äusserte kürzlich etwa Multi-Milliardär George Soros auf seiner Werbetour für sein neues Buch «Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika» in Deutschland gegenüber den Medien. Für den Fall, dass der Kurs in der Eurokrise nicht bald geändert werde, rechnet er für den Euro mit dem Schlimmsten.

Notfallpläne um dem Schlimmsten vorzubeugen

Um sich auf den schlimmsten Fall vorzubereiten, der den Austritt eines oder mehrerer Länder aus der Eurozone und den Zerfall des Euro bedeuten würde, haben etliche Schweizer Unternehmen teilweise unter Anleitung von Beratungsunternehmen damit begonnen, Notfallpläne zu entwickeln. Viele Unternehmen hinken laut dem Beratungsunternehmen Ernst & Young aber noch hinterher. Dabei werde die weitere Entwicklung des Euro starke Auswirkungen auf sie haben.

Vorbereitungen dauern Monate

Ernst & Young hat zusammen mit Oxford Economics fünf Konjunkturszenarien entwickelt, in denen fünf verschiedene Entwicklungen des Euro berücksichtigt werden. Diese reichen von einem „Upside scenario“, in dem sich die initiierten Massnahmen in der Eurozone als erfolgreich erweisen, bis hin zum „Eurozone breakup“, in dem die PIIGS-Staaten Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien die Eurozone verlassen. Ungeachtet der Wahrscheinlichkeit, mit der die einzelnen Szenarien eintreffen könnten, geht es laut Ernst & Young darum, dass sich Unternehmen rechtzeitig auf mögliche Verwerfungen im Euroraum vorbereiten. Denn solche Vorbereitungen könnten zwischen sechs und zwölf Monate in Anspruch nehmen.

Marktbedingungen könnten sich ändern

Sollte ein PIIGS-Staat aus der Währungsunion austreten, so wird dieser Staat ohne Vorankündigung und über Nacht mit unmittelbarer Wirkung eine neue Währung einführen, ist Roger Müller, Partner Financial Accounting Advisory Services Ernst & Young überzeugt. Bestehende Kontoguthaben von Unternehmen würden dann mindestens für einige Tage eingefroren. Des Weiteren würden Kapitalkontrollen eingeführt und Konten und Verträge in die lokale Währung zwangskonvertiert. Dabei könne sich die neue Landeswährung gegenüber dem Euro um bis zu 50% abwerten, wie Müller meint. Bis zur physischen Einführung von Münzen und Noten sowie dem Wechsel von fixen zu frei fluktuierenden Wechselkursen könnten zudem einige Monate vergehen. Inflation und Zinsen würden massiv ansteigen.

Stresstests um das eigene Unternehmen zu rüsten

Verwerfungen im Euroraum würden laut Martin Mattes, Partner Assurance Services Ernst & Young, verschiedenste Unternehmensbereiche betreffen. So zum Beispiel Finanzen und Treasury (etwa Liquidität und Working Capital), die Rechnungslegung (Wertminderungen und Bewertungen) sowie Steuern und Recht (Wahl des geltenden Rechts für wesentliche Verträge). Betroffen wären aber auch Lieferanten und Kunden (Diversifizierung der Lieferanten und Preise unter neuer Währung) sowie die Stakeholder (Beziehungen zu Mitarbeitenden, Investoren, Aufsichtsbehörden und Pensionskassen). 

Dabei hätten die Finanzchefs etwa 70%-80% der Verantwortung zu tragen. Sie sollten sich deshalb fragen, wie hoch das Risiko ihrer Gesellschaft in der Eurozone sei, ob schon etwas zur Reduktion möglicher Risiken unternommen worden sei und ob sich in Zusammenhang mit der Eurokrise allenfalls auch Chancen, etwa neue Akquisitionsobjekte, bieten würden.

Industrie- hat gegenüber der Finanzbranche Nachholbedarf

Das Thema Eurokrise könne man zwar ignorieren oder für sich auch verschieben, wie Martin Mattes weiter erklärt. Am ratsamsten sei jedoch, ein oder mehrere Szenarien zu analysieren, um mögliche Lösungsansätze für das Unternehmen zu identifizieren.

Am weitesten in ihren Vorbereitungen seien die Finanzinstitute, wie Roger Müller erläutert. Sie hätten teilweise schon damit begonnen, formelle und übergreifende Projektmanagementorganisationen aufzubauen und ganzheitliche Lösungsansätze zu entwickeln. In der Industrie würde das Thema Eurokrise jedoch sehr differenziert behandelt. Die Unterschiede darin, ob und wie weit sich Unternehmen dazu schon Gedanken gemacht hätten, seien sehr gross. Insbesondere die Unterstützung durch das Top-Management und den Verwaltungsrat sei sehr unterschiedlich.

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