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Ist das Projekt „Einheitswährung“ in der Eurozone gescheitert?

Donnerstag, 30.07.2015

Eine Studie der EZB belegt, dass sich die ersten zwölf Euro-Länder aufgrund der gemeinsamen Währung wirtschaftlich kaum angenähert haben. Die Finanzkrise liefert dazu nur bedingt Erklärungen – mehr aber die fehlende Governance.

Die zwölf ursprünglichen Euro-Länder haben sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich kaum angenähert. «Der Fortschritt in Richtung einer realen Annäherung unter den zwölf Ländern, die die Euro-Zone in den Anfangsjahren geformt haben, ist enttäuschend gewesen», so das Fazit der Europäischen Zentralbank (EZB) in einer Studie. Anfängliche Hoffnungen, ökonomische Unterschiede würden dank der Einheitswährung abnehmen, haben sich somit zerschlagen.

Einkommensabstand zum Länderdurchschnitt hat sich vergrössert

Als Gründe nennt die EZB unter anderem schwache Institutionen, wirtschaftliche Hemmnisse und ein schwaches Wachstum der Produktivität. Die 2007 ausgebrochene Weltfinanzkrise habe in einigen Euro-Ländern zudem schwere strukturelle Mängel zum Vorschein gebracht.

Zu den zwölf Euro-Staaten, die bei der Euro-Einführung 2002 dabei waren, gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Finnland, Griechenland, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien. Laut der EZB-Studie konnten Länder mit eher niedrigem Einkommen, wie Spanien und Portugal, zwischen 1999 und 2014 nicht zu jenen mit einem höheren Einkommen aufschliessen. Im Falle Griechenlands habe sich der Einkommensabstand zum Länderdurchschnitt in den vergangenen 15 Jahren sogar vergrössert.

Italien weist die schlechteste Entwicklung auf

Italien, das anfänglich ein Land mit höherem Einkommen war, weist die schlechteste Entwicklung aus. So wird der Unterschied zwischen Italien und der Gruppe der Länder mit hohem Einkommen inzwischen als erheblich klassiert. Demnach ist Italien fast über den gesamten Zeitraum hinweg weniger stark gewachsen als der Durchschnitt der Länder.

Es gibt auch positive Beispiele

Diese Entwicklung lasse sich nur teilweise mit der Finanz- und Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehmann Brothers erklären, wie die Währungshüter erläutern. Sie illustrieren dies am positiven Beispiel Irlands, das zwischen 2008 und 2012 eine schwere Krise durchlebt habe, inzwischen aber klare Verbesserungen aufweise und weiterhin zu den Ländern mit höherem Einkommen zähle.

Governance ist in den reicheren Staaten besser

Beobachter werten Äusserungen der EZB, dass sich die Euro-Staaten beim Thema der Governance nicht angeglichen hätten, als weitaus interessanter. Dieser Bereich ist für eine politische Integration wichtig, weil er Hinweise über die politische und wirtschaftliche Kultur in einem Land gibt. Die Weltbank erhebt dazu den sogenannten „Worldwide Governance Indicator“; er ermittelt Faktoren wie Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, politische Stabilität, Gewaltfreiheit, Terrorgefahren, Effektivität der Regierung, Qualität der Regulatoren, Recht und Gesetz und Korruptions-Kontrolle.

Die EZB hat diesen Index mit den nationalen Bruttoinlandprodukten verglichen und kommt zum Schluss, dass die Governance in den reicheren Staaten besser sei. Den ärmeren Staaten wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland hat die gemeinsame Währung also nicht geholfen, sich in diesen Bereichen zu verbessern.

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