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Hohe Neubautätigkeit wegen starker Nachfrage könnte Immobilienpreise ins Rutschen bringen

Mittwoch, 16.05.2012

Die Preise für Wohneigentum in der Schweiz haben sich mit einem Anstieg von fast 5% im Jahr 2011 nochmals stark erhöht. Ginge das Vertrauen in diesen Markt verloren, könnten die Preise rascher als erwartet fallen, wie Marktbeobachter glauben.

Der Kaufpreis von mittleren Schweizer Eigentumswohnungen hat sich 2011 um weitere rund 5% auf 630‘000 Franken erhöht. Damit wurde der mittlere Preis von 6‘000 Franken pro Quadratmeter Hauptnutzfläche überschritten. «In Anbetracht der erneuten Angebotsausdehnung ist diese Entwicklung bemerkenswert – zumindest auf den ersten Blick», wie die Experten von Wüest & Partner im aktuellen «Immo-Monitoring 2012/2» kommentieren. Doch damit nicht genug – für die kommenden 12 Monate rechnen sie mit einer weiteren Preissteigerung um 1,8%.

Als Hauptgefahr für sinkende Preise sehen sie nicht etwa die gedämpften Konjunkturaussichten oder mögliche Zinsänderungsrisiken, sondern vielmehr die hohe Neubautätigkeit. «Obwohl die relevanten Marktindikatoren weiterhin intakt sind, scheint die Stimmung unter den Akteuren zurückhaltender zu sein als in den vergangenen Jahren. Ginge das Vertrauen in diesen Markt verloren, könnten die Preise rascher als erwartet unter Druck kommen», sind die Experten überzeugt.

In 102 Gemeinden droht eine Überhitzungsgefahr

Seit 1997 hat sich die Anzahl der Gemeinden in der Schweiz mit sehr grosser Überhitzungsgefahr stark erhöht. Laut Wüest & Partner sind es 102 Gemeinden, deren Überhitzungsgefahr im 4. Quartal 2011 als «sehr gross» eingeschätzt wird. Diese «fiebrigen Gemeinden» vereinen rund 12% des Marktwerts aller Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in der Schweiz. Sie verteilen sich auf 9 Kantone, wobei Genf und Waadt mit 69 Gemeinden den Hauptteil bilden. Auf regionaler Stufe stechen in der Westschweiz die Gebiete um Genf, Nyon, Lausanne und Vevey ins Auge. In der Deutschschweiz sind es vor allem die Regionen Zimmerberg und Pfannenstiel, die Risiken bergen.

Heizen Immobilieninvestitionen den Markt weiter an?

Direkte Immobilienanlagen erzielten 2011 eine Gesamtrendite von 7,8%. Damit erzielten sie die höchste jährliche Gesamtrendite seit 2002. Wie die Experten von Wüest & Partner erklären, setze sich dieses Ergebnis aus der Nettocashflowrendite von 4,6% und der Wertänderungsrendite von 3,0% zusammen. Würden nicht nur die Bestandesliegenschaften berücksichtigt, sonder auch Käufe und Verkäufe sowie Projektentwicklungen, resultiere gar eine Gesamtrendite von 8,0% für das vergangene Jahr.

Stattlich präsentiert sich auch die jährliche Gesamtrendite von indirekten Immobilienanlagen, die zwischen 2002 und 2011 erzielt werden konnte. «Mit einer mittleren Gesamtrendite von 7,6% pro Jahr waren Investitionen in Immobilienaktiengesellschaften am lukrativsten», wie die Experten erklären. Während sie 2005 und 2006 von der allgemeinen Aktienhausse profitiert hätten, seien sie 2009 und 2010 als sicherer Hafen gefragt gewesen. «Insbesondere der letzte Aspekt kam auch den Schweizer Immobilienfonds zugute. Sie entwickelten sich seit 2002 positiv mit einer mittleren Gesamtrendite von 6,5% pro Jahr», so die Experten weiter. Damit waren die Gesamtrenditen indirekter Immobilienanlagen in den vergangenen zehn Jahren tendenziell höher als jene der direkten Anlagen.

Gängiges Risiko-Rendite-Muster auf den Kopf gestellt

Dagegen lagen die mittleren jährlichen Gesamtrenditen von Schweizer Obligationen (+4,3%) und von Schweizer Aktien (+2%) deutlich tiefer. «Das gängige Risiko-Rendite-Muster in Bezug auf Aktien, Obligationen und Immobilien wurde zumindest in der Schweiz in den vergangen zehn Jahren auf den Kopf gestellt», kommentieren die Experten diese Entwicklung. Ob und wann sich das wieder normalisieren werde, sei Gegenstand verschiedener Debatten.

Verwendung von Vorsorgekapital und Hypotheken-Vergabe werden hinterfragt

Aktuelle Diskussionen um eine mögliche Immobilienblase in der Schweiz drehen sich auch um die Vergabe von Hypotheken. Grundlage dazu seien wohl Erfahrungen, die in Zusammenhang mit der Subprime-Krise in den USA gemacht worden seien, wie die Experten meinen. «So steht die breite Verwendung von Vorsorgekapital aus der Säule 2 oder 3a zur Finanzierung von selbst genutztem privatem Wohneigentum im Fokus», wie die Experten erklären. Mittels dieser Form der Wohneigentumsförderung könnten sich auch Personen Wohneigentum leisten, deren sonstige Mittel nicht zum Erwerb des eigenen Heims ausreichen würden. «Der Bundesrat, das Bundesamt für Sozialversicherungen und das Eidgenössische Finanzdepartement prüfen nun, ob Pensionskassenbezüge anders reguliert werden sollen».

Mögliche Änderungen könnten sowohl die operativen Ausführungsbestimmungen als auch komplexe Sachverhalte wie die Eigenmittelunterlegung der Banken betreffen. Im Kontext der Revision von Basel III käme der Bestimmung des individuellen Marktwertes als Grundlage für den Belehnungswert eine noch wichtigere Rolle als bisher zu, wie die Experten ausführen. Das bedeute konkret, dass eine Verbindung zwischen der Belehnungshöhe im Verhältnis zum Marktwert und der Höhe der Eigenmittel der finanzierenden Bank etabliert werden solle.

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