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Die Weiterversicherung vor und nach der Pensionierung wirft viele Fragen auf

Mittwoch, 19.10.2011

Die Gesetzesanpassungen zur Weiterversicherung von Arbeitnehmenden zwischen dem 58. Lebensjahr und dem ordentlichen Pensionsalter sowie darüber hinaus werfen in der Praxis viele Fragen auf. Das BSV nimmt dazu Stellung.

Seit dem 1. Januar dieses Jahres können sich Arbeitnehmende, deren Lohn sich zwischen dem 58. Altersjahr und ihrer ordentlichen Pensionierung verändert, auf dem bis dahin erzielen Niveau weiterversichern. Möchten sie nach der Pensionierung weiterarbeiten, können sie die berufliche Vorsorge bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres weiterführen. Diese Gesetzesänderung soll zur flexibleren Gestaltung der Pensionierung beitragen.

Verdienst vor der Weiterversicherung ist ausschlaggebend

Die Praxis wirft mit diesen Änderungen viele Fragen auf. Reduziert eine versicherte Person vor der Pensionierung etwa ihr Arbeitspensum, ergibt sich daraus ein tieferer, effektiver Jahreslohn. Will sie sich mit ihrem alten Jahreslohn weiterversichern lassen, der neue Jahreslohn für das reduzierte Arbeitspensum erhöht sich aber, wird der alte Jahreslohn nicht um diese Lohnerhöhung angepasst. Denn wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ausführt, ist die Weiterversicherung nach Art. 33a BVG nur für den letzten Verdienst vor der Lohnreduktion zulässig. Eine spätere Erhöhung des versicherten Verdienstes ist somit ausgeschlossen.

Einkauf wird anhand des zuvor versicherten Lohnes berechnet

Wer sich weiterversichern möchte, will sich zuvor vielleicht in die Pensionskasse einkaufen. Damit stellt sich die Frage nach der zulässigen Höhe eines solchen Einkaufs. Laut BSV richtet sich die Höhe des Einkaufs nach dem versicherten Verdienst. Da Art. 33a BVG die Weiterversicherung eines zuvor erzielten Verdienstes erlaubt, der höher sein kann als der Verdienst nach einem Teilrückzug aus dem Erwerbsleben, muss der Einkauf anhand des zuvor versicherten Verdiensts berechnet werden. Vorbehalten sind die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung.

Weiterversicherung nur ab Beschäftigungsgrad von 50% möglich

Wer zwischen dem 58. Altersjahr und dem ordentlichen Rentenalter nun aber schrittweise aus dem Erwerbsleben ausscheidet, durchläuft damit auch eine schrittweise Lohnreduktion. Wie das BSV erklärt, kann eine versicherte Person die Höhe ihres ursprünglich versicherten Verdienstes bis ins Rentenalter weiterversichern, solange sie mindestens 50% weiterarbeitet. Kürzt sie ihren Beschäftigungsgrad jedoch auf 40%, gilt Art. 33a BVG nicht mehr, da die Lohnreduktion gegenüber dem zuvor versicherten Verdienst bei einem Beschäftigungsgrad von 100% über 50% liegt.

Effektiver Verdienst darf sich höchstens um die Hälfte reduzieren

Wie verhält es sich aber, wenn gemäss Reglement einer Vorsorgeeinrichtung eine reglementarische Höchstgrenze für den versicherten Verdienst besteht, und diese unterhalb des effektiven Verdienstes eines Versicherten liegt? Laut Art. 33a Abs. 1 BVG darf sich der effektive (AHV-pflichtige) Verdienst für die Weiterversicherung höchstens um die Hälfte reduzieren. An diesem Grundsatz ändert sich gemäss BSV auch dann nichts, wenn die Vorsorgeeinrichtung einen Höchstbetrag für den versicherten Verdienst festsetzt. Allerdings muss geprüft werden, ob die Reduktion des effektiven Verdienstes in einem Mal oder schrittweise erfolgt ist.

Das BSV gibt dazu zwei Beispiele: Verringert sich der effektive Verdienst einer versicherten Person in einem Mal von 300‘000 auf 75‘000 Franken, das Vorsorgereglement beschränkt den versicherten Verdienst aber auf 150‘000 Franken, ist Art. 33a BVG trotzdem nicht anwendbar, da die Reduktion des effektiven Verdienstes mehr als 50% beträgt. Anders liegt der Fall gemäss BSV dann, wenn eine Person zunächst ein effektives Jahreseinkommen von 300'000 Franken bezieht, der maximale versicherte Verdienst in Anlehnung an das Reglement aber bei 150'000 Franken liegt. Reduziert sich der tatsächliche Verdienst in einem ersten Schritt auf 150'000 Franken, in einem zweiten zu einem späteren Zeitpunkt aber noch einmal auf 75'000 Franken, ist Art. 33 BVG ab der zweiten Reduktion auf 75'000 Franken anwendbar, wobei der Verdienst von 150'000 Franken weiterversichert werden kann.

Wurden der AHV-pflichtige und der versicherte Lohn bei einem Teilrückzug aus dem Erwerbsleben ein erstes Mal gekürzt, und die Weiterversicherung nach Art. 33a BVG ist nicht zum Tragen gekommen, so kann Art. 33a BVG bei der zweiten Lohnkürzung durchaus angewendet werden.

Tod und Invalidität können nicht ausgeklammert werden

Nach Art. 33a BVG wird nicht nur die berufliche Altersvorsorge weitergeführt, sondern die Vorsorge im Allgemeinen und damit auch die Versicherung für die Risiken Tod und Invalidität. Erlaubt das BVG bloss die Altersvorsorge weiterzuführen, so wird dies ausdrücklich erwähnt. Tritt die Invalidität oder der Tod vor dem ordentlichen Rentenalter ein, besteht folglich ein Anspruch auf Invaliditäts- oder Hinterlassenenleistungen. Laut BSV ist es demnach nicht möglich, den versicherten Verdienst nur für den Alterssparprozess weiterzuführen, für die Risiken Invalidität und Tod aber einen neuen, reduzierten versicherten Verdienst festzusetzen. Eine solche Trennung würde dem Versicherungsprinzip zuwider laufen.

Weiterversicherung kann insgesamt reduziert werden

Dennoch verpflichtet Art. 33a BVG eine versicherte Person nicht, die Vorsorge für den gesamten bisherigen versicherten Verdienst weiterzuführen. Reduziert sich ihr Lohn beispielsweise auf 100'000 Franken von zuvor 150'000 Franken, kann sie die Weiterversicherung auch auf 120'000 Franken begrenzen. Dies gilt allerdings nur für alle drei Ereignisse Alter-, Tod und Invalidität.

Weiterversicherung nur bei Kassenbeitritt vor Pensionsalter möglich

Eine Weiterversicherung nach dem ordentlichen Pensionsalter gemäss Art. 33b BVG ist laut BSV nur dann möglich, wenn eine versicherte Person der Pensionskasse bereits vorher beigetreten ist. Eine Person, die einer Pensionskasse nach dem 64. Altersjahr (Frauen) bzw. nach dem 65. Altersjahr (Männer) beitritt, kann sich demnach nicht auf Art. 33b BVG berufen, um von den gleichen Bedingungen wie die anderen Versicherten zu profitieren (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 10. Februar 2011, i. Sa. 2C_189/2010, v. a. Erw. 2.4).

Weiterversicherte werden gleichbehandelt wie 55- bis 65-Jährige

Eine Vorsorgeeinrichtung kann den Vorsorgeplan für die letzte Altersklasse kollektiv ändern und auch auf Personen mit einer Weiterversicherung nach dem ordentlichen Pensionsalter bis zum Ende der Erwerbstätigkeit anwenden. Darauf hat Art. 33b BVG keinen Einfluss, wie das BSV erklärt. Wird etwa der Beitragssatz für die Altersklasse 55–65 geändert, kann die Vorsorgeeinrichtung diese Änderung auch auf Personen anwenden, die nach dem 65. Altersjahr erwerbstätig sind und deren Vorsorge weitergeführt wird.

Vorsorge kann nur für die aktive Beschäftigung weitergeführt werden

Wenn eine versicherte Person ihren Beschäftigungsgrad mit 58 Jahren von 100% auf 60% reduziert, nach 64/65 Jahren aber noch 60% weiterarbeitet, kann sie den versicherten Verdienst gemäss Art. 33a BVG in einer ersten Phase bis zum 64./65. Lebensjahr zu 100% weiterversichern. Nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters kann sie ihre Vorsorge in einer zweiten Phase gemäss Art. 33b BVG auf der Grundlage eines versicherten Verdienstes von 60% weiterführen. Dies schliesst Einkäufe mit ein. Hat sich eine Person jedoch schon teilpensionieren lassen, kann sie die Vorsorge nur für den aktiven Teil weiterführten, in diesem Fall also nur für den versicherten Verdienst von 60%.

Es entsteht kein Anspruch auf Freizügigkeitsleistung

Wie das BSV erklärt, helfen die in Art. 33a und 33b BVG vorgesehenen Massnahmen, das Altersguthaben zum Zeitpunkt der vollen Pensionierung (spätestens im Zeitpunkt der Vollendung des 70. Altersjahres) zu erhöhen. Werden beide Artikel nacheinander geltend gemacht, bedeutet dies gemäss BSV jedoch nicht, dass eine versicherten Person bei Erreichen des ordentlichen Pensionsalters Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung hat, auch wenn sie in der gleichen Vorsorgeeinrichtung weiterversichert und beim gleichen Arbeitgeber über das Pensionsalter hinaus erwerbstätig ist. Gibt sie ihre Erwerbstätigkeit ganz auf, erhält sie dank Art. 33a und 33b BVG aber mehr Altersleistung.

Arbeitnehmende können Weiterversicherung verlangen

Aus Art. 33b BVG geht gemäss BSV klar hervor, dass nur die versicherte Person selbst die Weiterversicherung verlangen kann. Ist eine Weiterversicherung nach Art. 33b BVG im Reglement der Vorsorgeeinrichtung vorgesehen, kann sich der Arbeitgeber einem solchen Antrag des Angestellten nicht widersetzen.

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