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Die EZB flutet die Märkte weiterhin mit billigem Geld

Freitag, 22.04.2016

Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0.0%. Sie weitet das Programm zum Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren zudem aus.

Die Europäische Zentralbank (EZB) behält ihren geldpolitischen Kurs unverändert bei. Der Leitzins in der Eurozone, zu dem sich Geschäftsbanken mit Notenbankgeld versorgen können, bleibt bei 0.0%, wie die Euro-Wächter am Donnerstag in Frankfurt mitteilten. Die EZB hatte im März den Leitzins auf null gesenkt und die Strafzinsen für Gelder, welche Banken bei ihr parkieren, auf -0.4% erhöht. Weitere geldpolitische Massnahmen kündigte die EZB dieses Mal nicht an. EZB-Präsident Mario Draghi betonte gegenüber den Medien aber, dass die Zinsen noch lange Zeit auf dem derzeit sehr tiefen oder einem noch tieferen Niveau bleiben würden.

Umsetzung der Ausweitung des Anleihenkaufprogramms hat begonnen

Die EZB hatte im März auch angekündigt, das Wertpapierkaufprogramm von 60 auf 80 Milliarden Euro pro Monat – auf insgesamt 1,74 Billionen Euro – aufzustocken. Sie hat nun damit begonnen, die Ausweitung umzusetzen. Die grossen Neuigkeiten am Donnerstag waren die Einzelheiten zum Ankaufprogramm von Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Program, CSPP), das im Juni beginnen wird.

Laut Analysten der Credit Suisse hat die EZB die Emissionsgrenze von dafür qualifizierten Anleihen auf ein relativ hohes Niveau von 70% festgelegt. Angesichts der Marktgrösse qualifizierter Unternehmensanleihen von rund 1.44 Billionen Euro sollte die EZB in der Lage sein, die Bedenken zu mindern, dass das Anleihenkaufprogramm zu gegebener Zeit an Grenzen stossen könne, wie die CS-Analysten kommentieren. Die Märkte sollten damit überzeugt werden können, dass die EZB noch über ausreichend Munition verfüge. Viel werde aber von der monatlichen Rate der Ankäufe von Unternehmensanleihen abhängen, worüber noch keine Informationen vorlägen, wie die Analysten anmerken.

Helikoptergeld scheint vorerst keine Option zu sein

Auf die Frage nach dem im März angetönten «Helikoptergeld» als zusätzliche geldpolitische Option, also direkten Geldgeschenken der Zentralbank an jeden Bürger der Eurozone, um damit die Inflation zu steigern, wiederholte Draghi, was er bereits in der letzten Medienkonferenz gesagt hatte, nämlich dass ein solches Instrument komplexe Implikationen habe, sowohl im Hinblick auf die Rechnungslegungsvorschriften als auch auf EU-Recht. Damit deutete er an, dass eine Umsetzung schwierig sein dürfte.

Die EZB strebt eigentlich knapp 2% Inflation an. Tatsächlich aber sind die Preise im Euroraum im März stagniert, nachdem sie im Februar sogar um 0.2% gesunken waren. 

EZB könnte im Herbst eine Verlängerung des Anleihenkaufprogramms ankündigen

Sollten sich keine Abwärtsrisiken für den Wachstums- oder Inflationsausblick einstellen, erwarten die CS-Analysten, dass die EZB in den kommenden Monaten keine geldpolitischen Änderungen vornimmt und sich auf die Umsetzung der im März angekündigten lockernden Massnahmen konzentriert.

Im Herbst allerdings dürfte sich die EZB nach Ansicht der Analysten erklären müssen, ob und wie die Anleihenkäufe nach März 2017 durchgeführt würden. Die CS-Analysten halten angesichts des ingesamt gedämpften mittelfristigen Inflationsausblicks eine weitere Programmverlängerung für wahrscheinlich. 

Dauerhaft tiefe Zinsen schädigen Wirtschaft, Private und Versicherte

In Deutschland sind die Anleihenkäufe der EZB heftig umstritten. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warnte noch am Mittwoch vor den Folgen dauerhaft niedriger Zinsen. Die Banken beklagen schon seit längerem, dass es ihnen im klassischen Zinsgeschäft immer schwerer fällt, ausreichende Erträge zu erwirtschaften. Betroffen sind natürlich auch die Sparer. Branchenvertreter warnen zudem vor Belastungen für die Altersvorsorge.

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