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Der Schweizer Wohnungsmarkt zeigt sich derzeit noch robust

Mittwoch, 20.04.2016

Trotz anhaltender Nachfrage sind die Leerstandsrisiken bei Mietwohungen gestiegen und die Preise stagniert. Nochmals gestiegen sind indes die Preise für Wohneigentum. Ganz anders bei Geschäftsflächen, deren Vermietung eine Herausforderung ist.

«Aus der Vogelperspektive macht der Schweizer Wohnungsmarkt zurzeit einen robusten Eindruck; das zeigt sich vor allem an den relativ kleinen Preisbewegungen im Miet- und Wohneigentumssegment», schreiben die Immobilienexperten von Wüest & Partner in ihrem aktuellsten Immo-Monitoring 2016. Der soliden Nachfrage nach Wohnungen steht inzwischen ein grosses Angebot gegenüber. Zwar sind die Leerstandsrisiken dadurch gestiegen; aber Immobilienanlagen bleiben dennoch beliebt, was auch den Baumarkt 2016 aufs Neue belebt. Der Geschäftsflächenmarkt dagegen steht stark unter Druck.

Mietwohnungsproduktion hemmt die Preisentwicklung nach oben

Die erwartete Mietpreisstagnation bei den ausgeschriebenen Mietwohnungen ist eingetroffen. Im vierten Quartal 2015 zeigte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Nullwachstum. Zu dieser gesamtschweizerischen Entwicklung trugen insbesondere die Mietpreisrückgänge in den Mieterhochburgen Zürich und Genfersee bei. Auch in den kommenden Quartalen dürften die Preise nur noch in wenigen Regionen steigen, denn das Angebot ist in den ersten Monaten des Jahres 2016 nochmals gewachsen.

Der Hauptgrund für diese Wende ist die intensive Produktion von neuen Mietwohnungen in der jüngsten Vergangenheit. Damit konnte nicht nur der Nachfrageüberhang aus den vorangegangenen Jahren abgebaut werden, sondern es lässt sich nun auch die Zusatznachfrage – ausgelöst durch das Bevölkerungswachstum und den erhöhten Flächenverbrauch der einheimischen Bevölkerung – mehr als befriedigen. In der Folge hat sich das Angebot erweitert, und die Preisanstiege sind in den meisten Gebieten der Schweiz geringer geworden.

Die Peripherie hat teilweise an Attraktivität gewonnen

Das deutlich gewachsene Angebot in vielen peripher gelegenen Regionen sollte kritisch betrachtet werden. Denn nach wie vor werden Mietwohnungen langfristig an jenen Orten am stärksten nachgefragt, welche die beste Anbindung an attraktive Arbeitsmärkte vorweisen können. Es zeigt sich diesbezüglich aber auch, dass viele als peripher klassifizierte Regionen aufgrund des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur heute besser erreichbar sind als in der Vergangenheit. Es erstaunt daher nicht, dass sich in zahlreichen eher ländlichen Regionen nicht nur das Angebot vergrössert, sondern auch die Anzahl der Suchabonnements erhöht hat. 

Preise für Wohneigentum sind nochmals gestiegen

Im Gegensatz zu den Preisanstiegen bei den Mietwohnungen setzen sich jene im Segment des Wohneigentums weiter fort. Dass die mittleren Schweizer Preise für angebotene Eigentumswohnungen im letzten Jahr nochmals um 1.6% gestiegen sind, kann gar als Überraschung bezeichnet werden. Zwar liegt dieser Wert klar unter den Wachstumsraten der vergangenen Jahre, aber abgesehen vom Genferseegebiet sowie vom Kanton Wallis waren die Preistrends in der ganzen Schweiz positiv, und das Angebot wurde bemerkenswert gut absorbiert.

Nachfrage konzentriert sich im einfachen und mittleren Segment

Die Nachfrage konzentriert sich als Folge der inzwischen sehr hohen Preisniveaus auf Eigentumswohnungen im einfachen und mittleren Segment. Hier stiegen die Transaktionspreise im vergangenen Jahr um 3.3% bzw. um 0.9%. Bei gehobenen Objekten sanken sie dagegen. Auf diesen Verlauf haben sich die Projektentwickler inzwischen eingestellt, nimmt doch das Angebot in den teureren Preisklassen schon seit zwei Jahren stetig ab.

Einfamilienhäuser werden knapper und damit teurer

In keinem anderen Segment des Immobilienmarktes steigen die Preise so stark wie bei den Einfamilienhäusern. Dass dies auf die markant reduzierte Neubautätigkeit zurückgeführt werden kann, ist kein Geheimnis: Die Zahl der jährlich eingereichten Baugesuche hat zwischen 2005 und Ende 2015 um 43% abgenommen. Das Angebot an Einfamilienhäusern umfasst grösstenteils Bestandesobjekte höheren Alters, woran sich auch im laufenden Jahr nichts ändern wird. Die Angebotsmengen in den Einzugsgebieten der grösseren Städte bleiben gering. Diese Entwicklung, die zu einer zunehmenden Angebotsknappheit der Einfamilienhäuser führt und damit die Preise nach oben treibt, macht den nachfragedämpfenden Effekt der hohen Preise und regulatorischen Verschärfungen mehr als wett.

Geschäftsflächen geraten weiter unter Druck

Die Nachfrage nach zusätzlichen Geschäftsflächen gerät weiter unter Druck. Im vergangenen Jahr nahm die Zahl der Erwerbstätigen in der Schweiz zwar noch um 0.9% zu, gemessen in Vollzeitäquivalenten jedoch nur um 0.35%. Dieser Wert liegt deutlich unter dem Schnitt der letzten zehn Jahre.

Aber nicht nur die Abnahme der Nachfrage, sondern auch strukturelle Veränderungen bringen Eigentümer von Büro-, Verkaufs- und Industrieflächen immer mehr in Bedrängnis. So konzentriert sich das verbliebene Wachstum immer stärker auf staatsnahe Betriebe und löst nur teilweise eine Nachfrage auf dem Markt der frei vermieteten Geschäftsflächen aus. Digitalisierungs- und Automatisierungsanstrengungen dämpfen den Bedarf zusätzlich und verändern darüber hinaus die Anforderungen an die Flächen. Auf dem liquiden und von verhaltener Nachfrage gezeichneten Büroflächenmarkt bleibt die Vermietung somit anspruchsvoll.

Jüngst haben sich zwar die Preise bei den qualitätsbereinigten Abschlussmieten stabilisiert, was jedoch hauptsächlich der rückläufigen Marktversorgung mit neu erstellten Flächen geschuldet ist. Prospektiv ist mit einer Fortsetzung der Preisnachlässe zu rechnen.

Verkaufsflächen unterliegen grossen strukturellen Herausforderungen

Die Angebotsausdehnung bei den Verkaufsflächen verdeutlicht die grossen strukturellen Herausforderungen im Detailhandel. So sind in den letzten Jahren die mittleren Angebotsmieten in allen Grossstädten deutlich gesunken. Allerdings unterscheiden sich die Teilsegmente im Detailhandel weiterhin stark. Die Spitzenmieten in den Grossstädten haben – abgesehen von Zürich – zwar nachgegeben, beste Passanten-Lagen sind jedoch weiterhin gesucht und können sich Mietpreissenkungen vielfach entziehen.

Neubauinvestitionen dürften 2016 minimal steigen

Nach dem schwierigen Jahr 2015 dürfte sich der Baumarkt heuer wieder stabilisieren. Wüest&Partner rechnet bei den gesamten Neubauinvestitionen für das Jahr 2016 mit einem leichten Wachstum von 0.2%. So kann zum jetzigen Zeitpunkt für das laufende Jahr eine erfreulichere Entwicklung prognostiziert werden als noch im Oktober 2015 – vor allem auch weil die Zahl der Neubaubewilligungen jüngst wieder angestiegen ist.

Treiber dieser Entwicklung, von welcher der Mehrfamilienhausneubau besonders stark profitiert (Prognose 2016: plus 1.2%), sind der Anlagedruck auf Schweizer Investoren in Zeiten tiefer Zinsen sowie ein anhaltend starkes Bevölkerungswachstum.

Geschäftsbauten liegen nach wie vor im Abwärtstrend

Doch nicht in allen Segmenten sind positive Impulse spürbar. Beim Neubau von Geschäftsbauten, also Büro-, Verkaufs- und Gastronomieflächen, dürfte sich der Abwärtstrend fortsetzen. Einerseits führen die bereits bestehenden Überkapazitäten dazu, dass vielerorts von Neubauinvestitionen in diesem Segment abgesehen wird. Andererseits fehlen Impulse auf dem Arbeitsmarkt, die eine verstärkte, breitflächige Nachfrage nach Geschäftsflächen bewirken würden.

Auch Nachfrage nach neuen Wohnungen dürfte mittelfristig abnehmen

Ob sich mit den aktuell stabilen Hochbauaktivitäten auch die langfristigen Perspektiven wieder aufgehellt haben, bleibt abzuwarten. Angesichts der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, des strukturell schwachen Beschäftigungs- und eines möglichen rückläufigen Bevölkerungswachstums, dürfte die Nachfrage nach neuen Wohnungen mittelfristig abnehmen – eine Situation, auf die sich Projektentwickler und Immobilieninvestoren einstellen sollten.

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