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Das weltweite Vermögensverwaltungsgeschäft befindet sich im Umbruch

Montag, 14.08.2017

Das Anlagevermögen der Reichen soll bis 2021 um 25% zunehmen. Dennoch dürfte ein Grossteil des klassischen Vermögensverwaltungsgeschäfts verschwinden und von technologiebasierten, digitalen Geschäftsmodellen abgelöst werden.

Der Vermögensverwaltungsmarkt im Segment der sehr vermögenden Privatpersonen umfasst über 55‘000 Milliarden US-Dollar. Bis 2021 soll er um etwa einen Viertel auf 69‘500 Milliarden US-Dollar anwachsen. Dies würde ein jährliches Wachstum von 4.7% bedeuten. Über die Hälfte des Zuwachses soll aus den Top-5-Ländern USA, China, Russland, Brasilien und Indien kommen. Die USA und China sollen dazu mehr als 45% beitragen, während Russland, Brasilien und Indien zusammen 10% beisteuern könnten. Dies geht aus der Studie «EY Wealth Management Outlook ‒ 2017» hervor. Die Autoren haben darin das Wealth Management für Personen mit einem Vermögen von über einer Million US-Dollar untersucht.

USA dürfte höchste Vermögenszunahme aufweisen

Aus einer regionalen Perspektive gesehen dürfte Nordamerika mit mehr als 5‘000 Milliarden US-Dollar Wachstum die höchste Zunahme erreichen. In Westeuropa sind Grossbritannien und Deutschland die grössten Wachstumsträger, auch wenn der Brexit gewisse Aktivitäten derzeit hemme, so die Autoren. Russland stelle aufgrund der überdurchschnittlichen Zahl an Vermögenden die Stütze der Zunahme in Osteuropa dar. Mit insgesamt acht der Top-20-Wachstumsnationen soll Europa über 20% zur globalen Zunahme des netto investierbaren Vermögens beitragen.

Vermögensverwaltung erfährt strukturelle Veränderungen

Die Ansprüche der Vermögenden würden sich in einem noch nie gesehenen Ausmass verändern, so die Autoren weiter. Die neue Generation, die rund um die Uhr über ihre Smart Devices Entwicklungen verfolgen wolle, erwarte eine holistische Betreuung ihres Gesamtvermögens, die gleichzeitig aber auch die strengeren Regulierungen aller Länder berücksichtige.

So erhöhten neue regulatorische Vorgaben wie CRS (Common Reporting Standard) und FATCA (Foreign Account Tax Compliance Act) die operationelle Komplexität des Offshore-Bankings aus traditionellen Standorten wie der Schweiz, Grossbritannien oder den Kanal- und Karibikinseln.

Infrastruktur und technologische Möglichkeiten beeinflussen den Erfolg

Für die erfolgreiche Tätigkeit als Vermögensverwalter sind laut Studie künftig Infrastruktur und technologische Möglichkeiten entscheidend. «Vermögensverwalter müssen das Wachstum jetzt antizipieren und ihre Geschäftsmodelle den neuen Anforderungen der neuen Kundengenerationen anpassen. Diese erwarten eine digitalisierte, holistische, persönliche Betreuung ihrer Vermögenswerte auf Basis aller zur Verfügung stehenden Daten und Kenntnis ihrer Risikoprofile und Anlagepräferenzen», sagt Serkan Mirza, Executive Director Strategy Consulting Wealth & Asset Management bei EY Schweiz.

«Digitalisierte Vermögensberater» werden ein Drittel des Marktes beanspruchen

Ein neues digitalisiertes, holistisches Geschäftsmodell, der „Holistische Vermögensverwalter“, soll die klassischen Vermögensverwalter bis 2025 aus dem Markt verdrängen. Das Beratungsunternehmen geht hier von einem Anstieg des globalen Marktanteils von heute praktisch null auf 20% bis 30% aus. «Die holistischen Vermögensverwalter zeichnen sich durch einen von Lebensereignissen getriebenen, digitalisierten Beratungsansatz aus, der für vermögende Kunden einen echten Mehrwert generiert», sagt Peppi Schnieper, Partner und Leiter Strategieberatung bei EY Schweiz.

«Softwarebasierte Tools ermöglichen die Sammlung grosser Datenmengen aus verschiedensten Informationsquellen und von unterschiedlichen Anbietern, zum Beispiel Social-Media-Plattformen oder Kreditkartenfirmen. Ausgefeilte Programme beurteilen und analysieren die Risikopräferenz und das Anlageprofil des Kunden», ergänzt Schnieper.

Portfoliostruktur wird fortlaufend automatisch umgeschichtet

Die Portfoliostruktur wird unter Einbezug aktueller Marktdaten künftig durch Algorithmen optimiert und durch die Verarbeitung von Echtzeitinformationen fortlaufend automatisch umgeschichtet, wie EY weiter ausführt. Benutzerfreundlichkeit und ein positives Kundenerlebnis stünden während des gesamten Investitionsprozesses im Vordergrund. Dabei könnten Berater und Kunden je nach Bedürfnis anhand von digitalen Kommunikationsfunktionen wie Video-Chat miteinander interagieren. Die Rolle des Kundenberaters dürfte sich also mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Rolle eines «Requirement Engineers» und «Client Supporters» verlagern, der mithilfe digitaler Tools als Kontakt- und Ansprechperson fungiert.

Alternative Investments verdrängen klassische Anlageklassen

EY geht davon aus, dass klassische Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Geldmarktanlagen verstärkt von alternativen Investmentanlagen abgelöst werden. Des Weiteren würden Investitionen in Hedgefonds oder Private-Equity-Fonds zunehmend auch durch direkte Realinvestitionen in Immobilien, Infrastruktur, Kredite, Landwirtschaft, Co-Investments mit alternativen Fonds oder Liebhaber-Investitionen (Autos, Weine, Kunst) ergänzt.

Klassischen Vermögensverwaltern bleibt eine Verlagerung der Aktivitäten

Für die verbleibenden klassischen Vermögensverwalter sieht EY eine Verlagerung der Aktivitäten des Offshore-Geschäftes in die USA, aufgrund der derzeit günstigen Rahmenbedingungen, als eine Möglichkeit, das heutige Geschäftsmodell weiter zu betreiben. Doch auch da werde eine Angleichung der Dienstleistungsfähigkeiten an die Onshore-Vermögensverwalter vermehrt nötig sein.

Methodologie des EY Global Wealth Model

EY hat zur Bemessung globaler Vermögen das proprietäre EY Global Wealth Model entwickelt, welches auch in diesem Bericht Verwendung findet. Es umfasst 149 Länder und deckt über 97% des geschätzten globalen Weltvermögens ab. Die Berechnungen basieren auf offiziellen, makroökonomischen Informationen wie BIP, BIP-Wachstum, BIP-Multiplikatoren, GINI-Koeffizienten, Haushaltsdaten der OECD und öffentlich zugänglichen Reichenlisten für die einzelnen Länder.

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