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«Das Vertrauen in die Wirtschaftsführer muss zurückgewonnen werden»

Montag, 25.06.2012

SAV-Präsident Valentin Vogt

Die Schweizer Wirtschaft wächst seit 2011 unerwartet stark. Externe Risiken für einen Rückschlag bleiben aber bestehen. Die Schweiz muss daher ihre Stärken pflegen und die Wirtschaftsführer das Vertrauen, findet der Schweizerische Arbeitgeberverband.

Die Schweizer Wirtschaft steht im internationalen Vergleich gut da: Das Bruttoinlandprodukt ist 2011 und im ersten Quartal 2012 unerwartet stark gewachsen, die Erwerbsbeteiligung nimmt weiter zu und die Arbeitslosenquote verharrt mit 3% auf sehr tiefem Niveau – vor allem auch bei den Jungen. Die externen Risiken für einen wirtschaftlichen Rückschlag bedingt durch die Krisen im Euro-Raum seien jedoch hoch, wie Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAV) in seiner Standortbestimmung am Schweizerischen Arbeitgebertag 2012 festhielt.

Dies gelte besonders für die Exportwirtschaft, die währungsbedingt stark unter Druck sei. Es sei daher zwingend, dass der Mindestkurs von 1.20 Franken zum Euro verteidigt werde. Vogt warnte zudem davor, die Strategie der Nationalbank in Frage zu stellen. Die Wirtschaft sei auf Planungssicherheit angewiesen, sonst drohe ein «Vertrauensverlust mit verheerenden Folgen».

Vogt mahnt zu den Pflichten der Arbeitgeber

Vogt mahnte gleichfalls zur Rückgewinnung des Vertrauens in die Wirtschafsführer. Der Einsatz der Arbeitgeber für die schweizerische Arbeitsmarktordnung sei zwar gut begründet und keineswegs nur von den Interessen der Arbeitgeber geleitet. Trotzdem stosse er in der Öffentlichkeit und in der Politik auf erhebliche Widerstände. Ein Grund sei wohl das allgemeine Unbehagen über die künftige Entwicklung der Gesellschaft, ein zweiter das geschwundene Vertrauen in die Exponenten der Wirtschaft und in den Umgang mit der ihnen anvertrauten Entscheidungsmacht.

Um dieses Vertrauen zurückzugewinnen, nannte Vogt fünf «Meilensteine»: Die Arbeitgeber müssten persönlich und wahrnehmbar führen und vorleben, was sie von anderen forderten. Im Erfolg wie im Misserfolg müssten gleiche Leistungsmassstäbe angelegt werden. Bei aller Internationalität in der schweizerischen Gesellschaft müsse man geerdet bleiben. Der Begriff der Verantwortung müsse ausserdem so wörtlich genommen werden, dass die Arbeitgeber auf Fragen zu ihrer Verantwortung und zu ihren Entscheidungen glaubwürdige Antworten geben könnten.

Arbeitsmarkt ist Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg

Das beste Mittel gegen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ausgrenzung sowie gegen die Überlastung der Sozialwerke sei eine hohe Erwerbsbeteiligung, gab sich Vogt überzeugt. Der SAV stelle eine hohe Erwerbsbeteiligung daher ins Zentrum seiner Strategie. Dazu will der SAV die Erfolgsfaktoren des schweizerischen Arbeitsmarktes unbedingt erhalten. Diese umfassen einen liberalen Arbeitsmarkt mit möglichst wenigen regulierenden Eingriffen in die Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerbeziehungen, eine erfolgreiche Sozialpartnerschaft mit einer kontinuierlichen und konstruktiven Kooperation zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, qualifizierte Arbeitskräfte sowie die Personenfreizügigkeit.

Der SAV will sich deshalb entschieden gegen die Angriffe auf die Personenfreizügigkeit und gegen Zuwanderungsinitiativen zur Wehr setzen, wie Vogt ankündigte. Bekämpfen werde man auch Eingriffe in die freie Lohnfindung, etwa in Form der 1:12-Initiative der Jungsozialisten oder der Mindestlohninitiative des Gewerkschaftsbundes.

Reformen in der Altersvorsorge müssen von Mehrheit getragen werden

Die Überlastung der Schweizer Sozialwerke war auch Gegenstand einer Podiumsdiskussion zwischen Gastreferent Bundesrat Alain Berset und SAV-Direktor Thomas Daum. In seiner Stellungnahme zum Entwurf des Berichts zur Zukunft der 2. Säule hat der SAV im April dieses Jahres festgehalten, dass dem Bericht eine nach Prioritäten geordnete «Revisions-Roadmap» folgen müsse. Die Anpassung des Mindestumwandlungssatzes soll darin erste Priorität erhalten. Bei den damit zusammenhängenden Kompensationsmassnahmen wünscht der SAV zudem, eine Erhöhung des Rentenalters einzubeziehen. Die heutige Grundkonzeption der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge soll beibehalten werden. Der weiteren Diskussion über die Zukunft der zweiten Säule sei eine gesamtheitliche Vorsorgekonzeption (Drei-Säulen-Prinzip) zu hinterlegen, wobei dies keine Vermischung der ersten und zweiten Säule bedeuten dürfe, wie der SAV damals monierte.

Wie Bundesrat Alain Berset hierzu anmerkte, sei auch er ein Verfechter des Drei-Säulen-Prinzips. Seinen Antworten auf Daums Fragen war nicht zu entnehmen, dass eine Zusammenlegung der ersten und zweiten Säule beabsichtig ist. Er wies wiederholt darauf hin, dass jegliche Reformen von einer Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung getragen werden müssten, denn nur so könnten Veränderungen nachhaltig umgesetzt werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass mehr als ein Drittel der schweizerischen Bevölkerung inzwischen 50 Jahre alt oder älter ist.

SAV wählt neue Vorstandsmitglieder

An der vorangegangenen Mitgliederversammlung hat der SAV folgende neun Personen neu in den Vorstand gewählt: Ständerätin Karin Keller-Sutter, Max Fritz (Arbeitgeberverband Schweizerischer Papier-Industrieller), Barend Fruithof (Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz), Markus Jordi (SBB), Philip Mosimann (Swissmem), Giulio Pè (Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband), Martin Reichle (Vereinigung Zürcherischer Arbeitgeberorganisationen), François Thoenen (Swiss Cigarette) und Hans C. Werner (Swisscom).

Zudem stellt SAV-Direktor Thomas Daum seinen Posten im nächsten Jahr zur Verfügung, wie er in der «Samstagsrundschau» von Schweizer Radio DRS sagte.

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