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Das Schweizer Vorsorgesystem fällt im internationalen Vergleich zurück

Montag, 24.10.2016

Die Schweiz ist in einem internationalen Altersvorsorgesystem-Vergleich von Rang 4 auf 6 abgestiegen. Hauptgrund ist der Rückgang der Nettorente im Verhältnis zum Lebenseinkommen. Die steigende Pensionierungsdauer ist zudem nicht nachhaltig.

In einem Vergleich der Altersvorsorgesysteme in 27 ausgesuchten Ländern ist die Schweiz von Rang 4 auf 6 gerutscht. Spitzenreiter bleibt Dänemark, gefolgt von den Niederlanden und Australien. Dänemark hat sich den Spitzenplatz (80.5 von 100 möglichen Punkten) unter anderem wegen der soliden Finanzierung, dem hohen Vermögens- und Beitragsniveau sowie einem gut regulierten privaten Vorsorgesystem gesichert. Die Schlusslichter im Ranking sind Indien, Japan und Argentinien. Zu diesem Ergebnis kommt der «Melbourne Mercer Global Pension Index 2016», welcher heute veröffentlicht wurde.

Im Schweizer Vorsorgesystem besteht Handlungsbedarf

Das Schweizer Vorsorgesystem ist mit einem Gesamtindexwert von 68.6 Punkten von Rang 4 auf Rang 6 abgerutscht. Wesentliche Ursache ist laut Mercer der Rückgang der Nettoersatzrate, bzw. der Nettorente im Verhältnis zum Lebenseinkommen. Auch im Bereich Nachhaltigkeit wurden Punkte abgezogen, da bei steigender Lebenserwartung und gleichbleibendem Pensionierungsalter die Pensionierungsdauer zugenommen hat.

Gemäss Catherine Schoendorff, Geschäftsführerin von Mercer in der Schweiz, ist das Schweizer Vorsorgesystem zwar weiterhin solide. Die steigende Lebenserwartung führe jedoch zu Handlungsbedarf. So müssten die Pensionskassen ihre Verzinsungen, die Umwandlungssätze für die Altersleistungen sowie die Finanzierungen und Anlagestrategien überprüfen und anpassen. «Mit einer schrittweisen Erhöhung des ordentlichen Pensionierungsalters und einer höheren Arbeitsmarktbeteiligung älterer Arbeitnehmender könnte das Schweizer Vorsorgesystem noch robuster gestaltet werden», so Schoendorff.

Die Autoren der Studie empfehlen ausserdem eine Regelung einzuführen, wonach ein Teil der Altersleistung als Rente bezogen werden muss; auch sollen die gewährten Steuervergünstigungen auf Kapitalzahlungen im Vergleich zu Renten aufgehoben und die Wohneigentumsquote gesteigert werden.

Lebenserwartung steigt weiter an

Der Altersquotient steigt weiter an; er dürfte in zahlreichen Regionen «die Alarmglocken läuten lassen», wie David Knox, Verfasser der Studie und Senior Partner bei Mercer, sagt. Dabei falle der Altersquotient sehr unterschiedlich aus: So werde in Südafrika das Verhältnis zwischen Rentnern und Menschen im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2040 voraussichtlich bei 1:7 liegen, während es in Japan wahrscheinlich bei 1:1,44 sein werde.

Diese Indikatoren sind laut Knox zwar nicht vollständig zuverlässig; sie geben aber Hinweise auf Entwicklungen, die sich auf die Nachhaltigkeit und das Vertrauen der Menschen in die künftigen Rentenleistungen auswirken. So sei Indonesien ein interessantes Beispiel: Der relativ geringe Altersquotient werde durch eine vergleichsweise hohe Zahl älterer Erwerbstätiger und eine deutliche Anhebung des Renteneintrittsalters kompensiert.

Druck auf nationale Rentensysteme nimmt zu

Ändert sich nichts am tatsächlichen und am gesetzlichen Renteneintrittsalter, steigt der Druck auf die globalen Rentensysteme, und dies verringert die finanzielle Absicherung der älteren Mitbürger, ist Knox überzeugt.

Die Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt ist in den meisten Ländern in den vergangenen 40 Jahren um 7 bis 14 Jahre gestiegen – im Durchschnitt alle vier Jahre um ein Jahr. Diese Entwicklung müsse bei der Reform des Rentensystems berücksichtig werden, so Knox. Parallel dazu hat sich laut Studie auch die noch verbleibende Lebenserwartung eines 65-Jährigen in den vergangenen Jahren erhöht, wobei die Bandbreite von 1,7 Jahren in Indonesien bis zu 8,1 Jahren in Singapur reicht.

Global sinkende Geburtenraten haben grosse Auswirkungen

Entgegen der Erwartungen zahlreicher Regierungen haben die global sinkenden Geburtenraten grosse Auswirkungen. «Es ist ein dringendes politisches Gebot, dass alle Länder die erforderlichen Änderungen umsetzen, damit sie den durch die Alterung der Bevölkerung entstehenden Herausforderungen standhalten können», mahnt Knox. Professor Rodney Maddock vom Australian Centre for Financial Studies doppelt nach: «Wir leben länger, verbringen einen grossen Teil unseres Lebens im Ruhestand und geben als Rentner mehr aus. Also müssen wir uns gut positionieren, um einen angemessen finanzierten Ruhestand sicherzustellen.»

Über die Studie

Der Melbourne Mercer Global Pension Index wurde erstmals 2009 mit einem Ranking für 11 Länder erstellt. Im vergangenen Jahr wurden 25 Länder untersucht, und inzwischen umfasst der Index 27 Länder.

Im Vergleich zum Vorjahr hat es einige Änderungen gegeben, unter anderem eine Anpassung der Daten hinsichtlich gesunkener Nettoersatzraten sowie die Einbeziehung von Faktoren wie Altersarmut oder einer immer weiter steigenden Lebenserwartung und der damit einhergehenden längeren Rentenbezugsdauer.

Jedes Land wird auf einer Skala von 0 bis 100 bewertet. Der Gesamtindex ist der gewichtete Durchschnittswert der drei Sub-Indices Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität. Zur Bewertung der einzelnen Länder wurden über 40 Indikatoren für erstrebenswerte Merkmale in allen Altersversorgungssystemen berücksichtigt.

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