Sie befinden sich hier: Startseite » Aktuelle Themen » Artikel

Frauen sind in Tieflohnjobs besonders stark vertreten

Mittwoch, 17.07.2019

In der Schweiz arbeitet fast eine halbe Million Menschen in Tieflohnstellen. Zwei Drittel davon sind Frauen. Auch bei Arbeitnehmenden mit einer unternehmensinternen Ausbildung oder einer Maturität ist der Tieflohn-Anteil überdurchschnittlich hoch.

Im Jahr 2016 waren insgesamt 473’700 Personen bzw. 12.0% der Schweizer Arbeitnehmenden in einer Tieflohnstelle beschäftigt. Eine Stelle gilt als Tieflohnstelle, wenn der auf der Basis eines Vollzeitpensums von 40 Wochenstunden berechnete Lohn weniger als zwei Drittel des schweizerischen Bruttomedianlohnes, das heisst im Jahr 2016 weniger als 4’335 Franken pro Monat, beträgt. Der Anteil dieser Stellen am gesamten Arbeitsstellenangebot belief sich auf 10.2%. Während 7.6% der Männer eine Tieflohnstelle besetzten, waren es bei den Frauen 17.0%.

Anteil der Tieflohnstellen ist leicht rückläufig

Der Anteil der Tieflohnstellen in der Gesamtwirtschaft ist tendenziell leicht rückläufig. Er sank von 11.4% im Jahr 2008 auf 10.2% im Jahr 2016. Nach Geschlecht betrachtet ist der Anteil Tieflohnstellen bei den Frauen von 19.4% im Jahr 2008 auf 15.8% im Jahr 2016 gesunken, bei den Männern ist er mit 6.4% im Jahr 2008 und 6.6% im Jahr 2016 relativ stabil geblieben. 

Der Anteil Personen, die in einer Tieflohnstelle beschäftigt sind, hat sich ebenfalls tendenziell reduziert: von 12.8% im Jahr 2008 auf 12.0% im Jahr 2016. Während er bei den Frauen von 19.6% im Jahr 2008 auf 17.0% im Jahr 2016 gesunken ist, hat er sich bei den Männern von 7.2% im Jahr 2008 auf 7.6% im Jahr 2016 erhöht.

Detailhandel, Gastronomie und Beherbergung haben besonders viele Tieflohnstellen

Über ein Drittel der Tieflohnstellen verteilt sich auf die drei Wirtschaftszweige Detailhandel (55’800 Stellen bzw. 77’000 Arbeitnehmende), Gastronomie (39’100 Stellen bzw. 57’600 Arbeitnehmende) und Beherbergung (25’100 Stellen bzw. 28’900 Arbeitnehmende). Auf diese drei Wirtschaftszweige entfallen 16.9%, 11.9% und 7.6% aller Tieflohnstellen in der Wirtschaft.

Bezogen auf die Gesamtzahl der Arbeitsstellen innerhalb des Wirtschaftszweigs liegen die Tieflohnanteile in diesen Branchen weit über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 10,2%: 25,7% im Detailhandel, 50,5% in der Gastronomie und 47,7% in der Beherbergung. Den mit 59,1% höchsten Anteil an Tieflohnstellen verzeichnet die Branche «Sonstige persönliche Dienstleistungen», zu denen Frisörgeschäfte oder die chemische Reinigung gehören. 

Kleine Unternehmen haben mehr Tieflohnstellen

Nahezu die Hälfte der Tieflohnstellen (46.4%) sind in kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten zu finden, 23.3% entfallen auf mittlere Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten und 30.3% auf grosse Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten.

Der Anteil der Tieflohnstellen in einem Unternehmen hängt stark mit seiner Grösse zusammen. Generell gilt: Je grösser ein Unternehmen ist, desto kleiner ist der Tieflohnstellenanteil. 2016 lag dieser Anteil zwischen 5.8% in Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten und 22.3% in kleinen Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten.

Grossregionen verzeichnen auch mehr Tieflohnstellen

Die Verteilung der Tieflohnstellen nach Grossregion widerspiegelt im Grossen und Ganzen die Verteilung des gesamten Arbeitsplatzangebots. Eine Ausnahme bildet das Tessin, wo das Lohnniveau im Jahr 2016 14.4% unter dem Schweizer Medianlohn lag. Die Region stellt 4.1% aller Arbeitsplätze in der Schweiz, verzeichnet aber 9.9% aller Tieflohnstellen. Ein Vergleich der Tieflohnstellenanteile in den Grossregionen verdeutlicht diese Situation: In sechs Grossregionen bewegt er sich zwischen 7.8% (Nordwestschweiz) und 12.0% (Ostschweiz), im Tessin erreicht er 24.7%.

Tieflohn-Anteil ist für Arbeitnehmende mit unternehmensinterner Ausbildung oder Maturität überdurchschnittlich hoch

Drei Viertel der Arbeitnehmenden mit einem Tieflohn haben keine abgeschlossene Berufsbildung (175’800) oder verfügen über eine abgeschlossene Berufslehre (177’600). Während sich der Anteil der Tieflohnbeziehenden bei den Personen mit einer abgeschlossenen Berufslehre m EFZ auf 10.4% beläuft, und damit unter dem Schweizer Durchschnitt von 12.0% liegt, erreicht er bei den Personen ohne Berufsbildung mit 37.2% einen deutlich höheren Wert. 

Auch bei den Arbeitnehmenden mit einer unternehmensinternen Ausbildung (24.3%) oder einer Maturität (14.8%) sind die Anteile der Personen mit Tieflohn überdurchschnittlich hoch. Unterdurchschnittliche Anteile Tieflohnbeziehende zeigen sich hingegen bei den Arbeitnehmenden mit einem Lehrpatent (4.3%) sowie bei jenen mit einem Abschluss auf Tertiärstufe: 2.9% universitäre Hochschule (UNI, ETH), 2.1% höhere Berufsausbildung und Fachschule und 1.6% pädagogische Hochschule (PH).

Der Tieflohn-Anteil sinkt mit zunehmendem Alter

Der Anteil Arbeitnehmende mit Tieflohn hängt zudem stark vom Alter ab. Tendenziell sinkt der Anteil Tieflohnbezügerinnen und -bezüger pro Altersgruppe mit zunehmendem Alter, nimmt aber bei den über 64/65-Jährigen wieder zu: Über die Hälfte (54.2%) der Personen unter 20 Jahren bezieht einen Tieflohn. Bei den 20- bis 29-Jährigen beziehen 22.1% einen Tieflohn, bei den 30- bis 39-Jährigen 10.8% und bei den 40- bis 49-Jährigen 9.7%. In der Altersklasse 50 bis 64/65 Jahre ist der Anteil mit 8.1% am geringsten, steigt allerdings bei den über 64/65-Jährigen wieder auf 15.0% an. 

Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden mit einem Tieflohn arbeitet Vollzeit

Fast die Hälfte (45.6% oder 215’900 Personen) der Arbeitnehmenden mit einem Tieflohn arbeitet Vollzeit, d. h. mindestens 90%. Von den restlichen 54.4% arbeiten 159’300 Personen weniger als 50% und 98’500 Personen zwischen 50% und 89%. Mit sinkendem Beschäftigungsgrad steigt der Anteil Arbeitnehmende mit einem Tieflohn. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern verringert sich tendenziell mit sinkendem Beschäftigungsgrad und kehrt sich bei Beschäftigungsgraden zwischen 25% und 49% sogar um.

Vor Allem Ausländer arbeiten in Tieflohnstellen

2016 wurde mehr als die Hälfte (53.8%) der Tieflohnstellen von Ausländerinnen und Ausländern (insgesamt 232’700) besetzt, obwohl Personen ausländischer Nationalität nur einen Drittel (32.9%) aller angebotenen Stellen der Schweizer Wirtschaft innehatten.

Die anderen Tieflohnstellen verteilten sich auf 241’000 Schweizerinnen und Schweizer. Bei den Arbeitnehmenden mit einem Schweizer Pass ist der Anteil Personen mit einem Tieflohn folglich weniger als halb so hoch (8.9%) wie bei ausländischen Arbeitskräften (19.1%).

Über die Studie

Die Daten für diese Analyse stammen aus der schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE), die alle zwei Jahre im Oktober bei den Unternehmen durchgeführt wird. Im Jahr 2016 wurden die Daten von rund 37’000 privaten und öffentlichen Unternehmen bzw. Verwaltungen mit rund 1,7 Millionen Löhnen erhoben und ausgewertet.

Die LSE bietet einen repräsentativen Überblick über die Lohnsituation der in Industrie und Dienstleistungssektor tätigen Arbeitskräfte für die Ebene der gesamten Schweiz und der Grossregionen.

Twitterdel.icio.usgoogle.comLinkaARENAlive.comMister Wong
Copyright © 2011-2024 vorsorgeexperten.ch. Alle Rechte vorbehalten.