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Die weltweiten Unternehmensinsolvenzen dürften 2022 um einen Drittel zunehmen

Montag, 18.10.2021

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen dürfte im kommenden Jahr trotz robuster Wachstumsraten der Weltwirtschaft um 33% steigen. Grund ist das Ende staatlicher Stützungsmassnahmen und dem in Teilen künstlichen Erhalt von Unternehmen.

In diesem Jahr dürfte die Zahl der Insolvenzen aufgrund der erweiterten fiskalischen Unterstützung in vielen Märkten, sowie auch teilweise bedingt durch die Fortsetzung der Insolvenzrechtsänderungen, niedrig bleiben oder gar einen leichten Rückgang um 1% gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Der Kreditversicherer Atradius erwartet aber, dass die Insolvenzen 2022 in den meisten Märkten deutlich zunehmen werden; er rechnet mit einem starken Anstieg um 33%.

«Damit kehren wir zur Normalität bei den Insolvenzen zurück, verstärkt noch durch einen bestimmten Anteil an Unternehmen, die 2020 vor der Insolvenz gerettet wurden», sagt Mathias Freudenreich. Teilweise trage auch eine langsamere wirtschaftliche Erholung zu höheren Insolvenzen bei.

Drei Faktoren sollen die Insolvenzen nach oben treiben

Drei Faktoren werden die Zahl der Insolvenzen im kommenden Jahr nach Einschätzung von Atradius im Wesentlichen nach oben treiben: Erstens gebe es eine verzögerte Wirkung von Insolvenzen, die unter normalen Umständen – ohne ein Fiskalpaket und ohne Insolvenzmoratorien – schon 2020 eingetreten wären.

Zweitens verursache das Auslaufen der fiskalischen Unterstützungen nach und nach einen Anstieg der Insolvenzen. Dies dürfte grundsätzlich zu einem «normalen» Niveau zurückführen, ähnlich wie in der Zeit vor der Pandemie.

Der dritte Faktor ist der Effekt der wirtschaftlichen Entwicklung. Aus historischen Zusammenhängen sei bekannt, dass Insolvenzen in expansiven Konjunkturzyklen im Allgemeinen abnehmen, und zunehmen, wenn sich das Wachstum verlangsamt oder sogar zurückgeht.

Insolvenzen dürften im asiatisch-pazifischen Raum am stärksten ansteigen

Auf regionaler Ebene erwartet Atradius in diesem Jahr einen Anstieg der Insolvenzen in Europa, während der Trend in Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum weiterhin rückläufig sein werde. In Nordamerika seien die Insolvenzen aufgrund der starken fiskalischen Unterstützung durch die USA und einer robusten Wirtschaftserholung immer noch sehr gering. Auch im asiatisch-pazifischen Raum werde die fiskalische Unterstützung relativ lange aufrechterhalten. «2022 werden die Insolvenzen in allen drei Regionen zunehmen, wobei der höchste Anstieg im asiatisch-pazifischen Raum erwartet wird, und etwas geringere Zunahmen in Europa und Nordamerika zu sehen sein werden», so Mathias Freudenreich. Während der Anstieg im asiatisch-pazifischen Raum 2021 von einer niedrigen Basis ausgehe, würde der Anstieg in Nordamerika durch das relativ starke US-Wachstum begrenzt. In Europa dürften die Insolvenzen im zweiten Jahr in Folge zunehmen.

Insolvenzniveau dürfte verglichen zum Vor-Pandemie-Niveau erhöht sein

Betrachtet man die Prognosen für 2021 und 2022 auf Länderebene, ist erkennbar, dass bis 2022 das Insolvenzniveau im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau erhöht sein wird. Die Kombination aus verzögerten Insolvenzen ab 2020, der Rückkehr der Insolvenzen auf ein normales Niveau beim Auslaufen der fiskalischen Unterstützung, sowie der Auswirkung des BIP-Wachstums auf die Insolvenzen, führen in den meisten beobachteten Märkten zu einem Insolvenzanstieg. Diese dürften in Italien (plus 34%), im Vereinigten Königreich (plus 33%) und in Australien (plus 33%) am höchsten sein. In Australien dürfte der Anstieg aufgrund des Auslaufens der fiskalischen Unterstützung gegen Ende 2021 hauptsächlich im kommenden Jahr erfolgen. Für die Vereinigten Staaten erwartet Atradius für 2022 ein um 6% höheres Insolvenzniveau als 2019.

Europäische Länder zeigen teilweise eine rückläufige Insolvenzentwicklung

Dagegen wiesen einige Länder bis 2022 eine vergleichsweise stabile Insolvenzentwicklung auf. Beispiele dafür seien Deutschland (plus 2%) und in geringerem Masse auch Schweden (plus 3%) sowie Japan (plus 4%). In diesen Märkten normalisiere sich das Insolvenzniveau trotz der Pandemie mehr oder weniger.

Brasilien (minus 35%), Südkorea (minus 15%) und Irland (minus 10%) dürften der Prognose zufolge die einzigen Märkte sein, deren Insolvenzen 2022 verglichen zu 2019 tiefer ausfallen werden. In Irland sind die Insolvenzen im Jahr 2020 nicht so stark zurückgegangen, daher ist der Basiseffekt geringer. Darüber hinaus wird die fiskalische Unterstützung bis zum vierten Quartal 2021 fortgesetzt, während die Stärke der wirtschaftlichen Erholung auch Insolvenzen reduziert. In Südkorea ist die lange Ausweitung der fiskalischen Unterstützung auch der Grund für die für 2022 erwarteten noch geringen Insolvenzen. In Brasilien ist die wirtschaftliche Erholung ausreichend stark, um die Insolvenzen in den kommenden zwei Jahren auf dem aktuell niedrigen Niveau zu halten.

Zahl der Insolvenzen sollte sich nach 2022 stabilisieren

Nach 2022 geht Atradius davon aus, dass die Insolvenzen wieder zurückgehen oder konstant bleiben. Denn die Insolvenzquoten werden sich weitgehend normalisiert haben und sogenannte «Zombiefirmen», die ohne Unterstützung nicht überleben können, sind bereits bankrott. «Es ist klar, dass das Auslaufen der fiskalischen Unterstützung einige Unternehmen kurzfristig vor Herausforderungen stellen könnte, da sie wieder in einem Umfeld ohne nennenswerte staatliche Unterstützung agieren müssen», führt Freudenreich weiter aus. Einige Firmen seien besonders anfällig, da sie höhere Schulden aufgenommen hätten, um die Corona-Pandemie zu überstehen.

Über Atradius

Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen, Bürgschaften, Inkassodienstleistungen und Wirtschaftsinformationen. Er ist in mehr als 50 Ländern präsent. Atradius ist Mitglied der Grupo Catalana Occidente (GCO.MC), einer der grössten Versicherer in Spanien, und einer der grössten Kreditversicherer der Welt.

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