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BGer: Schweizer Arbeitgeber dürfen Grenzgänger in Euro bezahlen

Dienstag, 15.01.2019

Schweizer Arbeitgeber haben Grenzgänger im Zuge der ‘Frankenkrise’ teilweise in Euro entlöhnt. Das sei Diskriminierung, klagten zwei Grenzgänger. Das Bundesgericht hat ihre Klagen jetzt abgewiesen, da sie dem vertraglich zugestimmt hatten.

Der starke Franken hat Unternehmen in der Schweiz nach der Euro-Krise arg belastet. Zwischen Mai 2010 und August 2011 stieg der Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro um über 30%. Insbesondere den Export-orientierten Unternehmen bereitete die Überbewertung des Frankens Sorge, da sich ihre Waren dadurch verteuerten. Sie suchten nach Möglichkeiten, die finanziellen Einbussen zu begrenzen.

Diese Praxis sei vom Schweizerischen Obligationenrecht her durchaus möglich, meint der Verband Angestellte Schweiz dazu. Sie diskriminiere allerdings die Grenzgänger, weil diese das Währungsrisiko somit selber tragen müssten.

Wird der Franken stärker, bekommen Grenzgänger weniger Lohn

Dies wiederum verletze den Grundsatz des Arbeitsrechts, dass der Arbeitgeber das Risiko des Wechselkurses tragen müsse. Ebenso verletzt werde der Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit», nämlich dann, wenn sich der Wechselkurs zwischen Euro und Franken ändere. Werde der Franken stärker, bekämen die Grenzgänger in Euro weniger Lohn, so der Verband.

Problematisch sei in diesem Zusammenhang auch, dass so in Euro entlöhnte Angestellte zunehmend billiger würden. Die Arbeitgeber wären damit versucht, auch die Löhne in Franken zu senken oder vermehrt Grenzgänger einzustellen. Beides könne auf dem Schweizer Arbeitsmarkt nicht erwünscht sein, erklärt der Verband.

Bundesgericht weist Klagen als rechtsmissbräuchlich ab

So oder ähnlich sahen das wohl auch zwei Arbeitnehmer aus Deutschland und Frankreich, die in der Schweiz ihrer Arbeit nachgingen. In beiden Fällen willigten die Arbeitnehmer jedoch in eine Vertragsänderung ein. So hatte die deutsche Grenzgängerin 2011 eine Änderungskündigung ihres Arbeitgebers unterschrieben, die vorsah, dass sie den Lohn statt wie bislang in Franken, fortan in Euro erhalte. Nach ihrer Kündigung drei Jahre später machte die Frau eine Diskriminierung geltend. Sie habe – in Schweizer Franken gerechnet – weniger Lohn erhalten als ihre in der Schweiz wohnhaften Arbeitskollegen, so ihr Argument.

Das Bundesgericht klassierte die Klagen jetzt als rechtsmissbräuchlich und wies sie ab. Wie das Bundesgericht entgegen den kantonalen Vorinstanzen festhielt, dürften Schweizer Arbeitgeber angestellte Grenzgänger durchaus in Euro bezahlen, sofern diese damit einverstanden seien. Es führte zudem aus, dass diese Massnahme in beiden Fällen getroffen worden sei, um Arbeitsplätze zu retten. Die Angestellten hätten das gewusst. 

Ob die Bezahlung von Löhnen an Grenzgänger in Euro grundsätzlich gegen das Freizügigkeitsabkommen verstösst, liessen die Richter allerdings offen.

Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» wurde verletzt

Der Verband Angestellte Schweiz hatte allerdings erwartet, dass sich das Bundesgericht in die eine oder andere Richtung entscheide. Dies sei nun aber leider nicht der Fall gewesen. Stattdessen habe das Bundesrichter die ausserordentlichen Umstände der Finanzkrise betont.

So bleibe die Frage weiter offen, ob und zu welchem Kurs Löhne in Euro ausbezahlt werden könnten. Das Bundesgericht habe somit die Chance verpasst, den Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» hochzuhalten. Es habe den Arbeitnehmer vor der Wahl gelassen, entweder eine Diskriminierung zu akzeptieren oder die Stelle zu verlieren. Das sei eine schlechte Nachricht, nicht nur für Grenzgänger, sondern für alle Angestellten, so der Verband.

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