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Zweidrittel der Schweizer können sich den Traum vom Eigenheim nicht erfüllen

Dienstag, 11.10.2016

Für einen Grossteil der Schweizer ist der Erwerb von Wohneigentum unmöglich. Grund ist die Tragbarkeit, die nicht gegeben ist, selbst wenn genügend Eigenkapital vorhanden wäre. Finanzdienstleister fordern nun einen tieferen kalkulatorischen Zins.

Ein Einfamilienhaus in der Schweiz kostet heute gemäss den Kundendaten des Finanzdienstleisters MoneyPark durchschnittlich 1.16 Millionen Franken. Stockwerkeigentum gibt es für durchschnittlich 890‘000 Franken. Die Kunden verfügen im Schnitt über Vermögen von 480‘000 Franken, die Gelder aus der 2.und 3. Säule mit eingerechnet. Das benötigte Eigenkapital (20%) für den Erwerb von Immobilien ist somit vorhanden. Dennoch schafft es ein Schweizer mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von 10‘052 Franken häufig nicht, die Tragbarkeitsrichtlinie zu erfüllen. Danach dürfen die laufenden Kosten, inkl. Kalkulatorischem Zins von 5%, nicht mehr als einen Drittel des Haushaltseinkommens ausmachen.

Um sich Wohneigentum zu leisten, muss ein Haushalt bei einer Belehnung von 80% mindestens über 158'000 Franken Einkommen verfügen. Wird mehr Eigenkapital aufgewendet, etwa 480‘000 Franken, reduziert sich das erforderliche Mindesteinkommen auf 102‘000 Franken. Ein Durchschnittsschweizer kann sich eine Eigentumswohnung also nur mit einem Vermögen von mindestens 380‘000 Franken leisten, wie MoneyPark berechnet hat.

Fehlende Tragbarkeit verhindert Immobilienerwerb

Die häufigste Begründung, wenn Kreditgesuche als „nicht finanzierbar“ abgelehnt werden, ist die fehlende Tragbarkeit, wie MoneyPark weiss. Wird die Tragbarkeit im Alter hinzugerechnet, kommt es zur Ablehnung von fast jedem zweiten Kreditgesuch. Fehlendes Eigenkapital ist hingegen nur in 10% aller Fälle der Grund für die Ablehnung.

50% bis 80% der Schweizer Haushalte sind vom Immobilienkauf ausgeschlossen

Laut MoneyPark lässt sich anhand der kumulierten Verteilungsfunktion von Brutto-Haushaltseinkommen abschätzen, wie viele Haushalte wegen regulatorischer Vorgaben zur Tragbarkeit von einem Immobilienkauf ausgeschlossen sind. Abhängig vom Eigenkapitaleinsatz sind es zwischen 50% und 80%. Damit werde der Mittelstand systematisch vom Eigentumserwerb ausgeschlossen, kritisiert Stefan Heitmann, CEO von MoneyPark und ergänzt: «Gerade für junge Durchschnittsfamilien bleibt somit nur die deutlich teurere Variante: mieten».

Der kalkulatorische Zins entspricht kaum noch dem langfristigen Durchschnitt

Der kalkulatorische Zins soll sicherstellen, dass die Haushalte die laufenden Kosten auch bei einem Zinsanstieg noch bedienen können. Er orientiert sich daher am langfristigen Durchschnitt. Zu den laufenden Kosten gehören neben Unterhalts- und Nebenkosten auch die obligatorische Amortisation, die normalerweise mit 1% der Hypothekarsumme veranschlagt wird, sowie die Hypothekarzinsen, bei einem kalkulatorischen Zins von 5%. «Betrachtet man die historische Entwicklung der variablen Zinsen, liegt deren Schnitt bei 4.5% – in den letzten 20 Jahren sogar nur bei knapp 3.5%. Der kalkulatorische Zins von 5% ist somit eindeutig zu hoch angesetzt», kritisiert Heitmann.

Tragbarkeit verschlechtert sich bei höheren Zinsen nicht unbedingt

Im Schnitt variiert das Zinsniveau der variablen Hypothek um gerade -0.08 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr, sagt MoneyPark. Würden nur die Ausschläge nach oben betrachtet, betrage die Veränderung zum Vorjahr im Schnitt 0.62 Prozentpunkte. Selbst während der Immobilienkrise der 1990er Jahre habe es im Schweizer Markt keine Zinssprünge über 1.55 Prozentpunkte gegeben. Auch mit einem kalkulatorischen Zins von 3% bis 3.5% sei somit genügend Puffer vorhanden, um solche Zinsanstiege zu verkraften. Zudem entwickelten sich Löhne, Preise und Hypothekarzinsen über die Zeit gleich. Das bedeute, dass ein Zinsanstieg sich auch auf das Lohnniveau auswirke, so dass sich die Tragbarkeit auch bei höheren Zinsen nicht unbedingt verschlechtere.

Langfristig abgeschlossene Festhypotheken wirken stabilisierend

Als weiteren stabilisierenden Faktor sieht Heitmann die meist langfristig abgeschlossenen Festhypotheken, die vor einem Zinsanstieg schützen würden. Insgesamt zeige sich der Immobilienmarkt in einer Konsolidierungsphase mit stabiler Preisentwicklung – weshalb weder mit plötzlichen Preiseinbrüchen noch mit einer Überhitzung des Marktes zu rechnen sei, was die künstlich hohen Tragbarkeitshürden nicht rechtfertige. Eine fortlaufende Einschätzung zur Situation des Immobilienmarktes gibt quartalsweise der Real Estate Risk Index.

MoneyPark propagiert einen kalkulatorischen Zins von 3%

Bei einem kalkulatorischen Zins von 3% wäre Wohneigentum auch für die Mittelschicht wieder erschwinglich, propagiert Heitmann. «Bei einem kalkulatorischen Zinssatz von 3% würde der Traum der eigenen vier Wände auch für die Mittelschicht, mit einem Haushaltseinkommen ab knapp 80‘000 bzw. 110‘000 Franken, je nach Eigenkapitaleinsatz, wieder finanzierbar», so sein Fazit.

«Alternativ wäre auch ein dynamisches Zinsband analog des Libors denkbar», erklärt Heitmann weiter. Die oberen und unteren Grenzen des Zinsbandes würden dabei durch die tatsächliche Standardabweichung rund um den langjährigen Durchschnitt einer 10-jährigen Festhypothek berechnet. Der langjährige Durchschnitt diene dabei als untere Grenze des Zinsbandes, die Abweichung nach oben definiere die obere Grenze des Zinsbandes. Konkret entstünde dadurch ein Zinsband zwischen 2.8% und 3.6%.

Über MoneyPark

MoneyPark ist eine technologiebasierte Beratungsplattform für Finanzprodukte und spezialisiert auf die Vermittlung von Hypotheken und Vorsorgeprodukten sowie auf Vermögensverwaltung.

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