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«Wir stehen voll und ganz hinter der 2. Säule»

Dienstag, 18.11.2014

Verglichen mit den Banken geht es dem Versicherungssektor gut, so der Baloise-Chef. Er selbst rechnet mit einem sehr guten Geschäftsjahr. Dennoch: Soll sich der private Sektor in der 2. Säule engagieren, muss er Kapital angemessen verzinsen können.

Mit dem Zusammenschluss der Helvetia und der Nationale Suisse entsteht ein neuer Gigant am Versicherungsmarkt, der nach der Axa Winterthur und der Swiss Life die Nummer drei der Schweiz werden will. Martin Strobel, Konzernchef der Baloise, gibt sich davon wenig beeindruckt. Seiner Meinung nach war der Schweizer Markt schon vorher sehr kompetitiv und konzentriert. Als vorgängige Aktionärin der Nationale Suisse war die Baloise zwar auch Akteurin im Übernahmekampf. Letztlich war ihr der Preis für die Nationale Suisse aber zu hoch, da sich die Übernahme für die Baloise offenbar nicht gerechnet hätte. Strobel ist indes überzeugt, dass sich der Markt nicht fundamental verschieben wird, wie er in einem Interview gegenüber der «Handelszeitung» (13. November 2014) erklärt.

«Der Versicherungssektor ist kerngesund»

Auf die Frage nach Veränderungen im Versicherungsmarkt zieht Strobel einen Vergleich zu den Banken. Verglichen mit den Banken hätten die Versicherer das langweiligere und konservativere Geschäftsmodell. So hätten sie auch nicht mit exotischen Finanzprodukten experimentiert.

«Der automatische Informationsaustausch die beste aller Welten»

Mit Versicherungsmänteln, den sogenannten Wrapper-Produkten, aber schon, wie die Handelszeitung weiss. Diese sind in Zusammenhang mit Schwarzgeld in die Schlagzeilen geraten und beschäftigen heute auch die US-Justiz. Strobel wehrt dies ab; die Frage sei letztlich, ob die Vermögen, welche in die vermögensgebundenen Versicherungen flossen, deklariert worden seien oder nicht. Die Baloise verfolge da seit vielen Jahren eine sehr konservative Strategie. Deshalb sei für sie der automatische Informationsaustausch die beste aller Welten. Dazu würden alle Vermögen, die in den vermögensgebundenen Lebensversicherungen seien, an die Steuerämter deklariert. Durch diese neue Transparenz würden diese Versicherungen aus den Schlagzeilen verschwinden.

«Mit Bundesbern findet eine Diskussion auf Augenhöhe statt»

Auf das Verhältnis zwischen den Versicherern und Bundesbern angesprochen, kommt Strobel auf die Reform der Altersvorsorge 2020 zu sprechen. Es sei den Parlamentariern klar, dass die Menschen länger leben würden und das Auswirkungen auf die Renten habe. Man diskutiere, ob die Finanzierbarkeit des Vorsorgesystems sichergestellt sei. Dabei würden die Politiker realisieren, dass der Mindestzins eine ökonomische Grösse sei und eben keine politische. Zudem schätze es Bern, dass die Versicherer im Gegensatz zu den Banken nicht in den Schlagzeilen seien. Es finde eine Diskussion auf Augenhöhe statt.

«Rentensenkungen ohne Kompensationsmassnahmen sind nicht durchzubringen»

Mit den Stimmberechtigten ist dies jedoch noch nicht gelungen, wie die Handelszeitung kontert. Denn auch die Versicherer engagieren sich für eine Senkung des Umwandlungssatzes. 2010 lehnte das Stimmvolk die Senkung des Umwandlungssatzes allerdings deutlich ab. Laut Strobel war dies aber kein Votum gegen die Assekuranz, sondern tangierte die Frage, wie die Renten in Zukunft finanziert werden sollten. Die Versicherer unterstützten daher den gesamtheitlichen Ansatz des Reformpakets von Bundesrat Alain Berset, da sie gelernt hätten, dass eine Rentensenkung ohne Kompensationsmassnahmen nicht durchzubringen sei.

«Die Legal Quote ist knapp ausreichend»

Die Gewerkschaft Travaillesuisse ist überzeugt, dass es gar keine Rentensenkung brauche, da die Privatversicherer in den letzten Jahren 1,2 Milliarden Franken an Überschüssen erwirtschaftet hätten, die den Versicherten zustünden, wie die Handelszeitung argumentiert. Diese Zahl sei aus der Erfolgsrechnung der Versicherer und damit aus dem Zusammenhang herausgelöst worden, wie Strobel kontert. Sie spiegle die Ertragssituation in keiner Art und Weise wider. Dazu greift Strobel auf das Beispiel der Vollversicherung für KMU zurück und unterstreicht die Sicherheit, welche die Versicherer zu jedem Zeitpunkt garantierten. Damit das gehe, würden sie ihr eigenes Kapital investieren. Die Legal Quote, mit der sie maximal 10% der im Pensionskassengeschäft erwirtschafteten Überschüsse für sich zurückbehalten dürften, sei dazu knapp ausreichend. Weil sich Vollversicherungen vor diesem Hintergrund nicht mehr lohnen würden, böten Mitbewerber wie die Generali oder die Zurich diese nicht mehr an. Eine Anhebung der Legal Quote auf 92% oder 94% (welche den Versicherten ausbezahlt werden müssten), wäre für die Versicherer eine harte Nuss, wie Strobel äussert.

«Wir müssen das eingesetzte Kapital verzinsen können»

Aus der beruflichen Vorsorge will sich die Baloise jedoch nicht verabschieden, wie Strobel versichert. Sie stünden voll und ganz hinter der 2. Säule und wollten dieses Geschäft betreiben. Wenn sich der private Sektor jedoch weiterhin in der 2. Säule engagieren solle, dann müsse er sein eingesetztes Kapital auch verzinsen können. Mit der heutigen Regelung der Legal Quote von 90% zu 10% sei das Geschäft knapp auskömmlich. Eine Verschärfung wäre schmerzvoll. Ausserdem wollten sie mit ihrem Geschäft und dem Kapital, das ihnen die Aktionäre zur Verfügung stellten, auch Geld verdienen. Sie hätten aber klare politische Rahmenbedingungen, zu denen die Legal Quote zähle. Letztlich habe auch die Ablehnung der Einheitskrankenkasse gezeigt, dass die Bevölkerung einen funktionierenden Wettbewerb wünsche.

«2014 wird ein sehr gutes Jahr für die Baloise»

Tatsächlich geht es der Baloise wirtschaftlich – trotz anspruchsvollem Zinsumfeld – sehr gut. Sie hat im ersten Halbjahr ein starkes Wachstum gezeigt und auch im zweiten Halbjahr zeichnet sich laut Strobel ein gutes Wachstum bei gleichzeitig starker operativer Ertragskraft ab. So könne er bestätigen, dass 2014 ein sehr gutes Jahr für die Baloise werde.

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