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«Vier von zehn Versicherten wissen nicht, dass eine Umwandlungssatz-Senkung künftigen Pensionierten zukommt»

Dienstag, 25.08.2015

Obwohl sich die Probleme der beruflichen Vorsorge zunehmend abzeichnen, ist das Interesse für das Thema Vorsorge immer noch gering. Jene Versicherten die sich für das Thema interessieren, unterstützen die Altersvorsorgereform grundsätzlich.

Die steigende Lebenserwartung, das anhaltend tiefe Zinsniveau auf den Finanzmärkten sowie zu hohe Umwandlungssätze stellen viele Pensionskassen vor grosse Herausforderungen. Die Alterung der Bevölkerung beeinflusst in Zukunft die Mittel und die Anlagestruktur der zweiten Säule; eine Reform ist notwendig.

Knapp ein Drittel interessiert sich nicht für die berufliche Vorsorge

Trotz der sich in Zukunft verschärfenden Probleme der beruflichen Vorsorge bzw. der zweiten Säule herrscht in der Bevölkerung – wie schon in den Vorjahren – immer noch nur ein geringes Interesse für das Thema Vorsorge. So gaben 27% der Befragten an, sich grundsätzlich nicht für das Thema zu interessieren. Unter den aktiv Versicherten im Alter von 18 bis 24 Jahren sind es gar 46%. Das Interesse nimmt mit steigendem Alter zu, nach der Pensionierung jedoch ab.

Als Hauptgründe für das mangelnde Interesse werden Bequemlichkeit, ein junges Alter oder das Rentenalter angegeben, sowie der Umstand, dass sich Ehepartner oder Arbeitgeber darum kümmerten. Trotz mangelndem Interesse schätzen sich die Befragten bei Wissensfragen über die berufliche Vorsorge als mehrheitlich gut bis sehr gut informiert (Experten) ein. Nur ein Fünftel gibt an, nicht gut oder überhaupt nicht informiert zu sein (Laien). Dieser Wert liegt unter dem Niveau von 2014, aber im Rahmen der Jahre 2011 bis 2013. Dies zeigen die Ergebnisse der seit 2011 zum fünften Mal erhobenen Studie «Pensionskassenwissen der Schweizer Bevölkerung», welche AXA Investment Managers in Zusammenarbeit mit dem Gfs-Zürich erstellt hat.

Die Rentenreform findet in der Bevölkerung grundsätzlich Zuspruch

Grundsätzlich sind die Befragten mit dem System der Altersvorsorge zufrieden. Die Mehrheit der Befragten findet allerdings, eine Vorsorgereform sei nötig, damit auch künftige Generationen von den Leistungen der zweiten Säule profitieren können, wie Werner Rutsch, Head Institutional Business bei AXA Investment Managers Schweiz, erklärt. «Somit kommt die Botschaft zur Reform Altersvorsorge 2020, die im letzten November ans Parlament überwiesen wurde, genau rechtzeitig», sagt Rutsch. Rund 63% der befragten Personen befürworten denn auch die Reform. Rund Dreiviertel der Befragten unterstützen zudem ein gleiches Pensionsalter für Mann und Frau. Mit der in der Reform vorgesehenen Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8% auf 6% zeigen sich immerhin 57% der Befragten einverstanden, sofern die Renten dank beitragsseitiger Kompensationsmassnahmen gleich hoch bleiben.

Ein Drittel würde Alternativen zur 2. Säule vorziehen

Bei der Beurteilung des heutigen Pensionskassensystems geben viele aktiv Versicherte an, dass sie sich mehr Flexibilität in der Gestaltung des Aufbaus ihres Vorsorgevermögens wünschten. Rund 28% der Berufstätigen möchten sogar lieber auf eine andere Art und Weise für ihr Alter vorsorgen als mit den obligatorischen Einzahlungen in die Pensionskasse. Unter den Pensionierten hätte ein Drittel der Befragten eine Alternative vorgezogen.

Gingen die Befragten heute in Pension, würden 52% die Auszahlung ihres Alterskapitals in Form einer monatlichen Rente wählen, 36% würden sich für einen Mix von Rente und Kapitalbezug entscheiden und jeder Zehnte liesse sich sein ganzes Geld direkt auszahlen.

Das Wissensniveau vieler Versicherter ist tief

Der in der Studie ermittelte Wissensindex zeigt gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme. Vier von fünf Fragen wurden schlechter beantwortet als im Jahr 2014, nur eine besser. Am besten Bescheid wissen die Versicherten über die Verwendung von Pensionsvermögen für den Erwerb von selbst bewohntem Wohneigentum und darüber, was bei einem Stellenwechsel mit dem Pensionskassenguthaben passiert. 84% (Vorjahr: 88%) der Befragten gaben richtig an, dass Pensionskassengeld für den Kauf von Wohneigentum verwendet werden kann. 83% (85%) wussten, dass bei einem Stellenwechsel im Normalfall das ganze Vermögen auf die neue Pensionskasse übertragen wird. Und immerhin 67% (64%) der Versicherten ist bekannt, dass sie das Vorsorgevermögen bei Erreichen des Pensionsalters nicht nur als Rente, sondern auch in Form von Kapital beziehen können.

Zwischen den Geschlechtern gibt es eine zusätzliche Wissenskluft

Die Frage zum provisorischen Alterskapital wurde hingegen deutlich schlechter beantwortet: Dass das auf dem Versicherungsausweis provisorisch ausgewiesene Altersguthaben dem Versicherten bei Pensionierung auf jeden Fall zustehe, haben nur 32% (33%) korrekterweise als falsch bezeichnet.

Bei der Nennung des Pensionierungsalters gibt es ebenfalls Wissenslücken. 9% der Männer und 39% der Frauen konnten das gesetzliche Rentenalter für ihr Geschlecht nicht korrekt angeben. Die hohe Fehlerquote bei den Frauen dürfte darauf zurückzuführen sein, dass ihr Rentenalter in den letzten vierzehn Jahren zwei Mal erhöht wurde.

Die in Bezug auf das Wissen zu Themen der Altersvorsorge festgestellte Kluft zwischen Männern und Frauen gilt auch für die anderen Fragen. Doch nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer haben dieses Jahr die im Rahmen der Studie untersuchten Fragen schlechter beantwortet als im Vorjahr. «Letztes Jahr war das Thema Altersvorsorge in den Medien sehr präsent, da Bundesrat Alain Berset für seine ‹Reform Altersvorsorge 2020› viel Aufklärungsarbeit leistete. Für das vergleichsweise hohe Wissensniveau im Jahr 2014 könnte also ein ‹Berset-Effekt› verantwortlich gewesen sein», erläutert Rutsch.

Für Vorsorgeeinrichtungen steht weitere Aufklärungsarbeit an

Das heutige Pensionskassensystem wird allgemein als positiv beurteilt. Auch wird das Drei-Säulen-System nicht in Frage gestellt. «Die Bevölkerung erkennt, dass eine stabile Altersvorsorge ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Schweiz ist», sagt Thomas Gerber, Leiter Leben der AXA Winterthur.

Die Umfrage zeigt allerdings auch, dass für Vorsorgeeinrichtungen noch einiges an Aufklärungsarbeit ansteht: Erst ein Drittel der Befragten ist damit einverstanden, dass die systemfremde Umverteilung in der 2. Säule gestoppt werden muss. Zudem glauben nach wie vor vier von zehn Personen, dass die Senkung des Umwandlungssatzes der Gewinnsteigerung der Versicherer dient, und nicht den zukünftigen Pensionierten zukommt. «Wir nehmen dieses Resultat sehr ernst. Wir müssen einfach und transparent darlegen, dass die Senkung des Umwandlungssatzes nicht uns, sondern der Generationenfairness dient», kommentiert Gerber.

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