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Privatbanken in der Schweiz müssen weiterhin um ihr Geschäft bangen

Freitag, 07.07.2017

Der Nettoneugeldzufluss im Schweizer Private Banking befand sich 2016 auf einem 'all time low'. Die durchschnittliche Bruttomarge ist weiter geschrumpft. Ohne aktive Gegenmassnahmen verheissen Experten sehr vielen Banken den Untergang.

Experten schlagen Alarm – sie sehen im Schweizer Private Banking eine klare Entwicklungstendenz in Richtung beider Pole. Demnach befinden sich nur noch sehr grosse Privatbanken bzw. Universalbanken sowie sehr kleine Privatbanken auf Erfolgskurs. Letztere glänzten 2016 mit einer überdurchschnittlichen Anlageperformance. Mittelgrosse Privatbanken dagegen unterliegen einem Negativtrend, der grosse Herausforderungen birgt.

So sind die Assets under Management (AuM) 2016 im Vergleich zum Vorjahr zwar um rund 60% gewachsen; dies aber vor allem wegen der positiven Entwicklung der Märkte, und weniger wegen der Nettoneugeld-Performance der Banken, welche sich mit rund 32 Milliarden Franken auf einem Allzeittief befand und 60% unter dem vorjährigen Nettoneugeldzufluss lag.

Nur kleine Privatbanken waren fähig, eine sehr gute Bruttomarge weiter zu steigern

Auch die durchschnittliche Bruttomarge ist weiter geschrumpft. Nur sehr kleine Privatbanken waren fähig, ihre bereits sehr gute Bruttomarge weiter zu steigern. Positiv vermerken die Experten allerdings, dass es den Schweizer Privatbanken über die letzten Jahre gelungen sei, den Asset-Abfluss aus dem steuerlichen Regularisierungsprozess zu kompensieren.

Ohne aktive «Gestaltungsmassnahmen» sei der zukünftige Erfolg für jeden Marktteilnehmer jedoch in Frage gestellt, besagt die aktuelle Roland Berger Studie «Success in private banking - Scale or niche?» für Schweizer und Liechtensteiner Privatbanken.

Nur die Gruppe der Universalbanken konnte den operativen Ertrag erhöhen

Die klaren Gewinner der aktuellen Entwicklung sind gemäss Studie die grossen Privatbanken (AuM > 100 Mrd. CHF) sowie viele der kleinen und kleinsten Privatbanken (AuM < 25 Mrd. CHF bzw. < AuM 10 Mrd. CHF). So hatten sehr kleine Privatbanken im Durchschnitt eine Bruttomarge, die 22 Basispunkte über dem Gesamtdurchschnitt des Samples liegt.

Die beiden Schweizer Grossbanken konnten demgegenüber mehr als 42 Milliarden Franken Nettoneugeld akquirieren. Zeitgleich war die Gruppe der Universalbanken die einzige, welche den operativen Ertrag im Vergleich zum Vorjahr erhöhen konnte. Dieser Trend hat sich auch 2016 verstärkt.

Mittelgrosse Privatbanken sind in der Mittel "gefangen"

Die erfolgreichsten Banken befinden sich an den Polen: Universalbanken/grosse Privatbanken und sehr kleine Privatbanken. Dies zeigt sich auch in Kennzahlen wie dem Nettoneugeld-Wachstum sowie der Profitabilität. Das Problem der mittelgrossen Privatbanken hingegen, in der Mitte "gefangen" zu sein, hat sich weiter verstärkt, wenngleich es Ausnahmen gibt, wie Robert Buess, Partner und Private Banking-Spezialist bei Roland Berger in Zürich, erklärt.

Langfristige Stabilität erfordert immer grössere Anstrengungen

Die Privatbanken scheinen es über die letzten sechs Jahre jedoch geschafft zu haben, ihren Gewinn auf stabilem Niveau zu halten. Dies erfordere allerdings immer grössere Anstrengungen, wie Sven Kuonen, Private Banking-Experte bei Roland Berger, erläutert. Ohne laufende Verbesserungen und Anstrengungen sei eine Position als Winner heute nicht lange haltbar, fügt Kuonen an.

Positionierungen an den Polen versprechen den höchsten Erfolg

Ohne aktive, bewusste Neugestaltung des Geschäfts- und Operating-Models ist zukünftiger Erfolg nur schwer möglich, sagen die Experten. Laut Studie ergeben sich für Privatbanken drei strategische Stossrichtungen, welche hohes Potenzial für eine erfolgreiche Zukunft hätten: Erstens «Selektives Wachstum und Konsolidierung auf hohem Niveau», zweitens «Fokussierung und Rentabilisierung» sowie drittens «Volle Kraft voraus – mit starkem globalem Wachstum».

Die Beschreitung des dritten Weges sei auf jeden Fall der anspruchsvollste Weg, je nach Ausgangslage der Bank, da er mit vielen Gefahren verbunden sei. «Die Analyse zeigt den deutlich höheren Erfolg von Positionierungen an den Polen – entweder als Nischenplayer oder aber durch Erzielung "wahrer Skaleneffekte", das heisst gezielte Ausschöpfung von Grösseneffekten in den wichtigsten Kernmärkten», erklärt Robert Buess.

Konzentrationsprozess wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen

Keine anderen Länder der Welt verfügten über eine derart hohe Anzahl von Privatbanken wie die Schweiz und Liechtenstein, so die Studie weiter. Gleichzeitig sei die Branche sehr heterogen und zunehmend hoch konzentriert. Über 80, zum Teil renommierte Namen sind allein in den letzten zehn Jahren vom Markt verschwunden. Laut den Roland Berger-Experten wird sich dieser Konzentrationsprozess auch in den nächsten Jahren fortsetzen, wenngleich in etwas anderer Form als in den letzten Jahren. Mittlerweile beschäftigt die Branche rund 10% weniger Mitarbeiter als vor sechs Jahren. Fast alle Banken haben ihre Gesamtkosten reduziert – dies allerdings primär bei den Sachkosten.

Über die Roland Berger Studie

Die aktuelle Roland Berger-Studie basiert auf einer umfassenden quantitativen Analyse der knapp 60 grössten Privatbanken in der Schweiz und in Liechtenstein, einerseits aktuelle Entwicklungen der letzten 12 Monate als andererseits auch im 6-Jahres-Zeitraum zwischen 2011 bis 2016.

Roland Berger wurde 1967 gegründet und beschäftigt rund 2’400 Mitarbeitende in 34 Ländern. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine unabhängige Partnerschaft im Eigentum von rund 220 Partnern.

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