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«Ein geringeres Vermögenswachstum wird zum neuen Normalfall»

Dienstag, 22.11.2016

Das weltweite Vermögen wächst 2016 nur begrenzt. Der seit 2013 bestehende Trend setzt sich somit fort. Vor der Finanzkrise von 2008 waren zweistellige Wachstumsraten erzielt worden; solche sind nun nicht mehr zu erwarten, sagen Experten.

Das weltweite Gesamtvermögen ist 2016 um 3,5 Billionen bzw. um 1.4% auf 256 Billionen US-Dollar angestiegen, wie die neueste Ausgabe des Global Wealth Report des Credit Suisse Research Institute (CSRI) zeigt. Dieser Anstieg deckt sich mit der Zunahme der erwachsenen Weltbevölkerung. Das Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem blieb mit 52’800 Dollar gegenüber dem Vorjahr unverändert. Aber auch mittelfristig rechnen die Experten lediglich mit einer moderaten Wachstumsbeschleunigung.

Schweiz ist weiterhin unangefochtener globaler Spitzenreiter

Die Schweiz behauptet auch 2016 ihre Position an der Spitze der globalen Rankings, mit einem Durchschnittsvermögen pro Erwachsenem von 561'900 Dollar. Auf dem zweiten Platz folgt – mit grossem Abstand – Australien.

Der Rückgang des Vermögens pro Erwachsenem um 27’000 Dollar gegenüber 2015 brachte den Schweizer Spitzenplatz allerdings nicht in Gefahr. Seit dem Jahr 2000 ist das Vermögen pro Erwachsenem in der Schweiz um 142 % gestiegen. Ein Grossteil dieser Zunahme steht jedoch mit der Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem US-Dollar in der Zeit von 2001 bis 2013 in Zusammenhang. In Schweizer Franken gemessen erhöhte sich das Vermögen der Privathaushalte in der Schweiz zwischen 2000 und 2016 um 44%, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 2.3% entspricht.

Ein grosser Teil der Schweizer Bevölkerung gehört in der globalen Vermögensverteilung zur Weltspitze: Auf die Schweiz entfallen 2.3% der obersten 1% aller Vermögensbesitzer – eine bemerkenswerte Zahl für ein Land, in dem nur 0.1% der Weltbevölkerung lebt. Fast zwei Drittel der Schweizer Erwachsenen verfügen über ein Vermögen von über 100'000 Dollar und 12% sind US-Dollar-Millionäre.

Brexit-Votum schmälert Vermögen

Grossbritannien hat 2016 erhebliche Vermögenseinbussen erlitten: Durch das Brexit-Votum, das zu einem starken Verfall der Wechselkurse und des Aktienmarktes führte, verloren private Haushalte rund 1,5 Billionen Dollar.

«Bei den Brexit-Folgen denkt man meistens an das BIP, aber auch die Folgen für das Vermögen der Privathaushalte muss man im Auge behalten», wie Michael O’Sullivan, Chief Investment Officer der Division International Wealth Management bei der Credit Suisse erklärt. Seit der Brexit-Abstimmung ist das Vermögen der britischen Haushalte um 1,5 Billionen Dollar gesunken. Das Vermögen pro Erwachsenem ist seit Ende Juni bereits um 33’000 auf 289’000 Dollar gefallen. Tatsächlich sind in US-Dollar gemessen 406’000 Menschen in Grossbritannien keine Millionäre mehr.

Japan legt zu, Verteilung des Vermögenswachstums in China wird ungleicher

Der Global Wealth Report verdeutlicht auch die Auswirkungen unterschiedlicher nachteiliger Wechselkursentwicklungen. Durch sie nahm das Vermögen in allen Regionen ausser Asien-Pazifik ab. Den höchsten Vermögenszuwachs in einem einzelnen Land verzeichnete Japan, mit einem Gesamtanstieg um 3,9 Billionen Dollar, gefolgt von den USA, mit einem Plus von 1,7 Billionen Dollar.

«Die Folgen der Rezession von 2008–2009 werden das Wachstum weiterhin stark belasten. Immer mehr deutet auf eine langfristige Stagnation hin. Die Entstehung einer multipolaren Welt, die von den Folgen des Brexit-Votums in Grossbritannien und von der US-Präsidentschaftswahl bestätigt wird, dürfte diesen Trend noch verschärfen», ist Loris Centola, globaler Leiter Research in der Division International Wealth Management, überzeugt. Dies könne dazu führen, dass ein geringeres Vermögenswachstum zum neuen Normalfall wird.

Entwicklungsländer dürften höhere Zuwächse als die Industrieländer verzeichnen

Dennoch – die Experten der Credit Suisse rechnen damit, dass das weltweite Gesamtvermögen bis 2021 auf 334 Billionen Dollar ansteigen wird. Dabei dürften die Entwicklungsländer höhere Zuwächse verzeichnen als die Industrieländer. Auf sie wird während der nächsten fünf Jahre nur knapp ein Drittel des Wachstums entfallen. Zurzeit vereinen sie rund 18% des weltweiten Vermögens der Privathaushalte auf sich, im Jahr 2000 waren es nur 12%. China dürfte mehr als die Hälfte zum prognostizierten Wachstum in den Schwellenländern beitragen, und aus Indien werden mehr als 7% kommen.

Es gibt immer mehr Superreiche – auch in den Schwellenländern

Die Zahl der Millionäre erhöhte sich weltweit um 155%, während die Zahl der Superreichen bzw. der UHNWIs um 216% stieg, womit sie die bei Weitem wachstumsstärkste Gruppe unter den Vermögensbesitzern sind.

Die weltweit 12,4 Millionen Millionäre im Jahr 2000 waren stark (96%) in Ländern mit hohem Einkommen konzentriert. Seither sind 20 Millionen «neue Millionäre» hinzugekommen, von denen rund 2,6 Millionen bzw. 13% aus Schwellenländern kommen.

In diesem Jahrhundert hat sich kein anderes Segment der Vermögenspyramide so stark entwickelt wie das Millionärs- und das UHNWI-Segment.

Die Zahl der Millionäre wird bis 2021 voraussichtlich 45,1 Millionen erreichen, während die Zahl der UHNWIs von 141’000 auf 208’000 steigen könnte.

Mittleres Segment der Vermögenden hat auch wirtschaftliche Macht

Diskussionen über den Vermögensbesitz beschäftigen sich vor allem mit dem obersten Segment. Für die Credit Suisse sind jedoch auch die Basis und die mittleren Segmente der Vermögenden interessant.

Ein Grund ist die schiere Grösse der Zahlen innerhalb dieser Teile der Vermögenspyramide und ihre politische Macht. Ihr Gesamtvermögen von 35 Billionen Dollar bietet mach Ansicht der CS-Experten zudem beträchtliche wirtschaftliche Möglichkeiten, die oft übersehen werden. Durch Angebote, die den Bedürfnissen dieser Vermögensbesitzer Rechnung tragen, können in der Konsumgüter- und der Finanzindustrie neue Trends entstehen.

Eine vollständige Vermögenspyramide erfasst die gegensätzlichen Verhältnisse der Menschen mit einem Nettovermögen von 1 Million oder mehr an der Spitze und derjenigen, die sich in der Vermögenshierarchie weiter unten befinden.
China, Korea und Indonesien sind Beispiele für Länder, in denen ein schneller Aufstieg in der Vermögenspyramide möglich ist.

Indien macht bisher keine solchen Fortschritte, hat aber das Potenzial, von seinem niedrigen Niveau aus künftig rasch zu wachsen.

Geschätzte 9% der Erwachsenen weltweit sind Nettoschuldner

Das diesjährige Schwerpunktthema ist die Basis der Vermögenspyramide. Über diese Gruppe ist relativ wenig bekannt, einerseits weil die Daten unvollständig sind, andererseits aber auch weil es bei Diskussionen über das Vermögen meist vor allem um die Spitze der Pyramide geht.

In der unteren Hälfte der globalen Vermögensverteilung finden sich vorwiegend Erwachsene aus Indien, Afrika und Teilen der Region Asien-Pazifik. Doch seit 20 Jahren nimmt auch das Vorkommen von geringen Vermögen in Ländern mit hohem Einkommen zu. Geschätzte 9% der Erwachsenen weltweit sind Nettoschuldner – eine besorgniserregende Zahl angesichts der Tatsache, dass die Zinsen so tief sind wie selten in den letzten Jahren.

Dem obersten Perzentil der Vermögensbesitzer gehören 50.8% des weltweiten Haushaltsvermögens

Der Global Wealth Report geht davon aus, dass dem obersten Perzentil der Vermögensbesitzer jetzt 50.8% des weltweiten Haushaltsvermögens gehören. Dies liegt über dem Niveau des Jahres 2000.

Veränderungen der Vermögensungleichheit vollziehen sich so langsam, dass die Gründe für diese Trends schwer auszumachen sind. Der Wert der Finanzanlagen – insbesondere der Wertschriften von Unternehmen – dürfte jedoch eine wichtige Rolle spielen, denn vermögendere Menschen halten einen überproportionalen Anteil ihres Vermögens in Form von Finanzanlagen.

Die künftigen Folgen dieser Korrelation sind von besonders grosser Tragweite. Wenn die Aktienkurse in den kommenden Jahren nicht so schnell steigen und der Anteil des Finanzvermögens sich stabilisiert oder sogar sinkt, könnte die Zunahme der Vermögensungleichheit, zu der es in den letzten Jahren gekommen ist, zum Stillstand kommen und sich möglicherweise sogar umkehren.

Über den Global Wealth Report

Die siebte Ausgabe des Global Wealth Report belgt, dass trotz der Bedeutung des weltweiten Vermögens der Privathaushalte für die Konjunktur die Daten über dessen Höhe und Verteilung erstaunlich unvollständig sind. Diese Lücke schliesst der Bericht mit einer Datenbank, die sowohl publizierte Informationen als auch – wo keine Daten vorliegen – bestmögliche Schätzungen enthält.

Der Global Wealth Report beruht auf Daten zum Vermögen von 4,8 Milliarden Erwachsenen aus über 200 Ländern – von den Milliardären an der Spitze bis zum mittleren und unteren Teil der Vermögenspyramide, welche andere Studien oft nicht berücksichtigen. Die robuste, über viele Jahre etablierte Methodik bietet transparente Informationen zu den Quellen, die dem Global Wealth Report zugrunde liegen, und deren Qualität.

Über das Credit Suisse Research Institute

Das Credit Suisse Research Institute ist der hauseigene Thinktank der Credit Suisse. Das Institut wurde nach der Finanzkrise 2008 eingerichtet, um langfristige wirtschaftliche Entwicklungen zu untersuchen, die nicht nur im Bereich Finanzdienstleistungen sondern auch darüber hinaus weltweite Auswirkungen haben könnten.

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