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Die KOF dämpft die Wirtschaftsaussichten und rechnet für 2016 mit 1% Wachstum

Donnerstag, 16.06.2016

Gemäss den KOF-Ökonomen wächst die Schweizer Wirtschaft 2016 um 1%. Als Hauptgrund nennen sie die schwache Weltkonjunktur. 2017 soll sich das Wirtschaftswachstum aber auf 1.9% beschleunigen – ohne Brexit.

Die globale Konjunkturdynamik verlief im ersten Quartal 2016 weiterhin schleppend und uneinheitlich. In der Europäischen Union (EU) expandierte die Produktion stärker als in den Quartalen zuvor, gestützt von einer soliden Binnennachfrage. Auch in Indien nahm die Wachstumsdynamik deutlich zu. In den USA sorgten hingegen ein dürftig verlaufender Aussenhandel und ein Abbau der hohen Lagerbestände für eine Fortsetzung der konjunkturellen Schwäche. In China setzte sich das verlangsamte Wachstums im Zuge des strukturellen Wandels hin zu einem konsum-getriebenen und dienstleistungsbasierten Wachstum fort. Sowohl Brasilien als auch Russland stecken noch immer in einer hartnäckigen Rezession, die in beiden Ländern vorwiegend auf hausgemachte Faktoren wie politische Unsicherheit und eine geringe wirtschaftliche Diversifikation zurückzuführen sind.

Globale Konjunkturdynamik dürfte 2017 zulegen

Eine breiter abgestützte konjunkturelle Dynamik in den entwickelten Volkswirtschaften und eine graduelle Erholung in den Schwellenländern dürfte im Verlauf des nächsten Jahres wieder für eine stärkere globale Konjunkturdynamik sorgen. Erste Anzeichen hierfür sind der Anstieg des Ölpreises auf 50 US-Dollar und der Anstieg der Preise für Landwirtschaftsgüter und Industriemetalle.

Schweizer Wirtschaftsleistung steigt nur gering an

Die europäische Konjunktur verlief zum Jahresanfang zwar etwas besser als prognostiziert, aber ohne sich in den bislang bekannten schweizerischen Produktionsdaten stark bemerkbar zu machen. Die Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung in der EU haben sich im weiteren Prognosezeitraum ausserdem verschlechtert. Dies hat zur Folge, dass die Entwicklung in der Schweiz im nächsten Jahr ebenfalls geringfügig schwächer ausfällt als die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im März angenommen hatte (1.9% anstatt 2% BIP-Wachstum). Für das laufende Jahr rechnet die KOF mit einem Anstieg der Schweizer Wirtschaftsleistung von 1%.

Exportwirtschaft muss Produktionskosten an Weltmarktpreise anpassen

Die exportorientierten Wirtschaftszweige stehen nach wie vor unter Druck, die Produktionskosten mit den Weltmarktpreisen in Einklang zu bringen. Einige Branchen wie die Pharma- und die Medizinaltechnik-Industrie verfügen dabei über einen grösseren Spielraum zur Preissetzung und sind weniger betroffen. Die Exporte wachsen dieses Jahr laut KOF insgesamt um 3.5% und 2017 um 2.7%. Da die Importe aber gleichzeitig stärker zunehmen (2016: 4.9%, 2017: 3.2%), sinkt der Aussenbeitrag am BIP leicht.

Privatkonsum stützt Wirtschaft – Investitionsneigung ist gedämpft

Der private Konsum wirkt weiterhin konjunkturstützend: Er steigt dieses Jahr um 1.6% und nächstes Jahr um 1.4%. Die momentan schleppende Nachfrageentwicklung und vor allem die anhaltenden wirtschaftspolitischen Unsicherheiten im In- und Ausland dämpfen die Investitionsneigung. Stützend für die Investitionsentwicklung insgesamt wirken einzelne grössere Bauprojekte sowie Investitionen in Transportkapazitäten für den Personenverkehr. Für die gesamten Anlageinvestitionen (Bau- und Ausrüstungsinvestitionen) rechnet die KOF mit einem Wachstum von 1.4% in diesem und lediglich 0.3% im nächsten Jahr.

Euro-Franken-Wechselkurs dürfte sich bei 1.10 bewegen

Der Wechselkurs gegenüber dem Euro hat sich auf einem Wert um 1.10 eingependelt. Die KOF geht davon aus, dass sich der Wechselkurs auch in den kommenden Monaten um diesen Wert bewegen wird.

Erdölpreis hat sich stabilisiert

Seit dem Tiefpunkt im Januar hat sich der Rohölpreis sukzessive auf fast das Doppelte erhöht. Da es in der Schweiz nahezu keine energieintensive Produktion gibt, werden die Produktionskosten nicht stark beeinflusst. Die Branche, die in der Schweiz am meisten vom Erdöl abhängt, dürfte die der Ölhändler sein, die ein Teil des Transithandels bzw. Grosshandels ist. Die Ölhändler werden allerdings von steigenden Preisen eher profitieren. 

Durch die höheren Preise von Energie aus fossilen Brenn- und Treibstoffen sollten zudem die Konsumentenpreise nicht mehr ganz so stark im Abwärtssog sein. Die inländische Preisentwicklung bleibt jedoch noch einige Zeit negativ (2016: -0.2%), im kommenden Jahr steigen die Preise dann wieder (0.3%).

Zinssätze dürften vorerst tief bleiben

Angesichts der weiterhin äusserst expansiven Geldpolitik im Euroraum dürften die Zinssätze in der Schweiz weiterhin tief bleiben. Die negativen Kurzfristzinsen werden bei weiterhin stabilem Wechselkurs auf dem heutigen Niveau verharren. Auch die länger- und mittelfristigen Zinsen für Staatsanleihen werden sich nur allmählich erhöhen bzw. wieder positiv werden.

Arbeitsmarkt hat sich noch nicht normalisiert

Der Druck zur Kostensenkung mittels einer höheren Produktivität ist und bleibt stark und ist eine Bürde für die Arbeitsmarktentwicklung. Die Arbeitslosigkeit ist seit der Frankenaufwertung im vergangenen Jahr zwar angestiegen, aber in kleinerem Ausmass als erwartet. In den letzten Monaten ist der Anstieg der bei den regionalen Arbeitsvermittlungsämtern (RAV) registrierten Arbeitslosenzahl fast zum Erliegen gekommen. Gemäss Definition des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) wird die Arbeitslosenquote bei 3.5% in diesem und 3.6% im nächsten Jahr liegen. Die KOF rechnet mit einer international vergleichbaren Arbeitslosenquote gemäss Inter-national Labour Organization (ILO) von 4.8% sowohl im laufenden wie im kommenden Jahr.

Brexit ist ein unkalkulierbares Risiko

Ein schwer abschätzbares Risiko für die Prognose der KOF ist die bevorstehende «Brexit»-Abstimmung. Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wäre mit vielen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten verbunden und könnte kurzfristig zu Verwerfungen an den Finanzmärkten führen. Dies stellt ein Abwärtsrisiko dar.

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