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Die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen hat sich 2016 verbessert

Dienstag, 09.05.2017

Verbesserte Renditen und weiter sinkende technische Zinssätze haben Schweizer Vorsorgeeinrichtungen 2016 eine Verschnaufpause beschert. Der Anpassungsbedarf bleibt trotz stabiler Deckungsgrade jedoch unvermindert hoch.

Die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen waren im Jahr 2016 vergleichbaren Risiken wie 2015 ausgesetzt. Zentrales Thema war wiederum das für die nominalen Zinsversprechen zu tiefe Zinsniveau. Ende 2016 war dieses gegenüber dem Vorjahr praktisch unverändert (die 10-jährigen Bundesobligationenrenditen lagen bei -0.14%), die Aktienrenditen der meisten Länder entwickelten sich gleichzeitig positiv. Die durchschnittliche Netto-Vermögensrendite verbesserte sich auf 3.7% (gegenüber 0.8% im Vorjahr). Die ausgewiesenen Deckungsgrade blieben im Durchschnitt stabil (103.0%, gleich wie im Vorjahr), wozu wiederum vorsichtigere Bewertungen mit tieferen technischen Zinssätzen beigetragen haben. Die Anzahl der Vorsorgeeinrichtungen hat dennoch weiter abgenommen. Die Konzentration in der zweiten Säule setzt sich damit fort, wie die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) in ihrem fünften Tätigkeitsbericht festhält.

Netto-Vermögensrendite betrug durchschnittlich 3.7%

Die durchschnittlich erwirtschaftete Netto-Vermögensrendite aller Vorsorgeeinrichtungen betrug vergangenes Jahr 3.7% (gegenüber 0.8% im Vorjahr). Obwohl diese verbesserte Rendite bei den meisten Vorsorgeeinrichtungen sowohl über der Verzinsung im Berichtsjahr als auch über dem technischen Zinssatz liegen dürfte, sind die individuell ausgewiesenen Deckungsgrade im Durchschnitt mit 103.0% konstant geblieben. Erstmals waren die liquiden Mittel der Vorsorgeeinrichtungen über das gesamte Jahr mit Negativzinsen konfrontiert.

Wertschwankungsreserven liegen oftmals unterhalb ihrer Zielwerte

Per Ende 2016 wiesen 88% (Vorjahr: 87%) der privat- und öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie einen Deckungsgrad von mindestens 100% aus. Der entsprechende Anteil bei den wenigen noch verbleibenden öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie betrug per Ende 2016 lediglich 4% (Vorjahr: 14%). Die bestehenden Wertschwankungsreserven liegen bei sehr vielen Vorsorgeeinrichtungen aktuell weiterhin unterhalb ihrer Zielwerte. Viele Vorsorgeeinrichtungen sind folglich nur ungenügend gegen zukünftige Aktienmarkt- und andere Kapitalmarktverwerfungen gewappnet.

Trend zu tieferen technischen Zinssätzen setzt sich fort

Der Trend zu tieferen technischen Zinssätzen hat sich nach 2015 erwartungsgemäss auch 2016 fortgesetzt. Der durchschnittliche technische Zinssatz sank von 2.66% auf 2.43%. Aufgrund der sehr tiefen Obligationenrenditen ist zu erwarten, dass der Trend zu weiteren Senkungen beim technischen Zinssatz anhalten wird. Vorsorgeeinrichtungen mit relativ hohen technischen Zinssätzen, deren Deckungsgrad nur leicht über 100% liegt, müssen damit rechnen, dass eine notwendig werdende Senkung der technischen Zinssätze den entsprechenden Deckungsgrad unter die 100%-Marke und sie damit in den Sanierungsbereich fallen lässt.

Finanzierungslücke bleibt bestehen

Damit die zukünftigen Kosten der steigenden Lebenserwartung schon im heutigen Deckungsgrad berücksichtigt werden und dadurch die Sollrendite reduziert wird, verwenden immer mehr Vorsorgeeinrichtungen Generationentafeln anstelle von Periodentafeln. Auch im Jahr 2016 haben viele Vorsorgeeinrichtungen die technischen Zinssätze und erstmals in stärkerem Ausmass die zukünftigen Zinsversprechen (insbesondere die Umwandlungssätze von Beitragsprimatkassen) gesenkt. Dennoch bleiben die durchschnittlichen künftigen Zinsversprechen mit 2.97% signifikant höher als die mittelfristigen Renditeerwartungen und die heute durchschnittlich verwendeten technischen Zinssätze von 2.43%.

Weitere Anpassungen werden für viele Vorsorgeeinrichtungen unumgänglich

Auf der Verpflichtungsseite sind über die vergangenen Jahre grosse Anpassungen vor allem bezüglich des technischen Zinssatzes vorgenommen worden. Damit ist das System der beruflichen Vorsorge grundsätzlich sicherer geworden. Verharrt das Zinsniveau allerdings auf dem aktuellen tiefen Niveau, so werden für viele Vorsorgeeinrichtungen weitere Anpassungen unumgänglich.

Diese erfolgen in der Regel auf Kosten der aktiven Generation, da mit zukünftigen Vermögenserträgen nicht finanzierbare Renten im Nachhinein nicht mehr gekürzt werden können, sondern von Arbeitgebern und Versicherten nachfinanziert werden müssen. Positiv zu werten ist, dass bei einer Umsetzung der Reform «Altersvorsorge 2020» aufgrund der Senkung der Umwandlungssätze im BVG-Obligatorium von 6.8% auf 6.0% die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Entlastung insbesondere von BVG- und BVG-nahen Vorsorgeeinrichtungen geschaffen würden.

Konzentrationsprozess hin zu Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen geht weiter

Bei der Einführung des BVG-Obligatoriums 1985 beruhte die Grundkonzeption des BVG darauf, dass die Mehrheit der Arbeitgebenden ihren Arbeitnehmenden eine firmeneigene Pensionskassenlösung anbieten. Seither hat sich die Struktur stark verändert. Zum einen hat die Anzahl Kassen absolut abgenommen. Zum anderen findet eine Verschiebung von firmeneigenen Kassen zu grossen Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen statt, wo derzeit knapp 60% der aktiven Versicherten sind. 

Die Bindung und das Engagement des Arbeitgebers für eine firmeneigene Kasse sind in der Regel stärker als bei einem Anschluss an eine Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung. Hinzu kommt, dass Sammeleinrichtungen und auch Gemeinschaftsstiftungen untereinander im Wettbewerb stehen, was zu einem risikoreicheren Handeln verleiten kann.

Anforderungen an Governance und Finanzierungssicherheit steigen

Diesem Risiko ist mit erhöhten Anforderungen an die Governance und die Finanzierungssicherheit zu begegnen. Bei Sammelstiftungen sind zusätzlich Anforderungen an die Transparenz zu stellen. Die OAK BV plant, im Rahmen der Einführung allgemein gültiger, jährlich zu erhebender Risikokennzahlen für sämtliche Vorsorgeeinrichtungen zusätzlich spezifische Informationsanforderungen für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen aufzustellen.

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)

Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV ist eine unabhängige Behördenkommission. Sie wird vollständig über Abgaben und Gebühren finanziert. Für die Direktaufsicht der Vorsorgeeinrichtungen sind die insgesamt neun kantonalen / regionalen Aufsichtsbehörden am Sitz der jeweiligen Einrichtung zuständig. Deren Oberaufsicht durch die OAK BV erfolgt ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung und unabhängig von Weisungen des Parlamentes und des Bundesrates. Direkt von der OAK BV beaufsichtigt werden hingegen die Anlagestiftungen sowie der Sicherheitsfonds und die Auffangeinrichtung. Zudem ist die OAK BV Zulassungsbehörde für die Experten für berufliche Vorsorge und die Vermögensverwalter in der beruflichen Vorsorge.

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