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Die Alterung der Gesellschaft wirkt sich auch auf die Steuereinnahmen aus

Samstag, 04.03.2017

Die Pensionierung der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge verursacht steigende Renten- und Gesundheitsausgaben. Sie wirkt sich aber auch auf staatliche Einnahmen aus, wie eine Studie belegt.

Fast täglich wird auf die steigenden Ausgaben der Altersvorsorge und des Gesundheitswesens infolge der Pensionierung der Babyboomer hingewiesen. Die offiziellen Projektionen sind tatsächlich nicht rosig, sagt Jérôme Cosandey von Avenir Suisse. Die Ausgaben der öffentlichen Hand für die soziale Sicherheit würden von 17% des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Jahr 2013 auf 21% im Jahr 2045 klettern. Der Bund beteilige sich zu 19.55% an den AHV-Ausgaben. Ergänzungsleistungen würden ganz mit Steuermitteln des Bundes und der Kantone finanziert. Im Spitalbereich trage der Staat mindestens 55% der Ausgaben, den Rest bezahlten die Krankenkassen. Die Alterung der Gesellschaft stelle für die öffentliche Hand somit eine substanzielle finanzielle Herausforderung dar, rechnet Cosandey anhand einer neuen Studie des Kantons Schaffhausen vor.

Pensionierung stellt für die Einnahmen einen Wendepunkt dar

Er wirft die Frage nach den Einnahmen auf und danach, wie sich etwa die Einkommens- und Vermögenssteuern in einer alternden Gesellschaft veränderten. In der Aktivzeit steige das Einkommen mit dem Alter. Wenn sich also die geburtenstarken Jahrgänge entlang der Alterspyramide hochschraubten, bedeute dies tendenziell mehr Personen mit höheren Einkommen und somit mehr Einkommensteuern für die öffentliche Hand.

Mit der Pensionierung werde jedoch ein Wendepunkt erreicht. Die Rente sei in der Regel tiefer als der letzte Lohn. Die Einkommenssteuern könnten sich mit der Pensionierung der Babyboomer also reduzieren.

Alternde Gesellschaft führt zu mehr Vermögenssteuern

Das Einkommen in der Aktivzeit werde jedoch nicht ganz für den Konsum und staatliche Ausgaben benötigt, meint Cosandey, weshalb der Bürger im Durchschnitt sparen könne. Steige das Einkommen schneller als die Ausgaben, nehme das Sparen mit dem Alter sogar zu. Verstärkt durch den Zinseszinseffekt sei das Vermögen älterer Personen im Durchschnitt grösser als dasjenige jüngerer. Eine alternde Gesellschaft führe somit zu mehr Vermögenssteuern. Cosandey räumt allerdings ein, dass die Bedeutung der Vermögenssteuer schweizweit etwa zehn Mal kleiner sei als jene der Einkommensteuer.

Mehr Wirtschaftswachstum brachte mehr Steuereinnahmen hervor

Die Entwicklung des Steuersubstrats werde jedoch durch weitere Effekte überlagert, wie Cosandey weiter ausführt. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum von etwa 2.4% in den letzten 20 Jahren habe Tausende neuer Steuerzahler hervorgebracht, die ihren Beitrag zu den öffentlichen Finanzen leisteten.

In einer Studie im Auftrag des Kantons Schaffhausen sei versucht worden, den Effekt der Alterung auf die künftige Entwicklung der kommunalen und kantonalen Steuern zu ermitteln. Die Studienautoren hätten aufgrund offizieller Szenarien das Bevölkerungswachstum (inkl. Immigration) bis 2040 und die damit verbundene Entwicklung der Steuereinnahmen ermittelt. Dabei hätten sie angenommen, dass die durchschnittlichen Steuern pro Einwohner einer Alterskategorie in den nächsten 25 Jahren konstant blieben. Um den Demografieeffekt zu isolieren, sei einerseits die Alterung der Gesellschaft mitberücksichtigt worden, andererseits sei angenommen worden, die Bevölkerung wachse zahlenmässig gleich, ihre Altersstruktur bleibe jedoch konstant. Die Differenz der Steuereinnahmen zwischen beiden Varianten sei, vereinfacht gesagt, dem Demografie-Effekt zuzuschreiben.

Steuereinnahmen steigen bis zur Pensionierung der Babyboomer, dann sinken sie

Dabei falle auf, dass die Einkommenssteuern im Kanton Schaffhausen bis zum Ende der Pensionierung der Babyboomer etwa im Jahr 2025 stiegen. Danach würden sie aber rasch sinken. Dieser Effekt werde mit der Zunahme der Vermögenssteuern in den ersten 10 Jahren überkompensiert; danach würden die Gesamteinnahmen aber sinken.

Gemäss Modell bleibe der Alterungseffekt für die Finanzen des Kantons Schaffhausens und dessen Gemeinden bis 2040 insgesamt positiv, auch wenn er ab 2025 stetig abnehme. 

Verfügbares Einkommen der Bevölkerung verringert sich mit dem Alter

Die Autoren räumten aber ein, dass die Annahme, dass die Steuern pro Person einer Alterskategorie konstant blieben, eher optimistisch sei. Die Mehrausgaben für die AHV und die berufliche Vorsorge sowie für die Erbringung von Gesundheitsleistungen würden zu höheren Lohn- und Steuerabgaben führen. Dadurch werde das verfügbare Einkommen der Bevölkerung verringert, was sich negativ auf den Konsum (also das Wachstum) sowie auf die Sparquote (weniger Vermögenssteuern) auswirken werde. Die dargestellten Mehreinnahmen entwickelten sich somit in der Tendenz positiv, seien jedoch nicht gesichert.

Effekt der Alterung auf die Mehrwertsteuer wurde nicht untersucht

Dieses vereinfachte Modell berücksichtige nur die Einkommens- und Vermögenssteuern. Der Kanton und seine Gemeinden verfügten jedoch über weitere Einnahmequellen, zum Beispiel Unternehmenssteuern oder Handänderungsgebühren. Auch der Effekt der Alterung auf die Mehrwertsteuer, die vom Bund erhoben werde, sei hier nicht untersucht worden. Werde der Konsum im Alter steigen? Wie würde sich der Warenkorb der Bürger und somit die Zusammensetzung von Produkten angesichts tieferer oder höherer Mehrwertsteuersätze verändern? Die Liste offener Fragen sei lang, sagt Cosandey.

Die Studie im Auftrag des Kantons Schaffhausen liefere jedoch einen interessanten Beitrag zum besseren Verständnis des demografischen Einflusses auf die Staatsfinanzierung. Sie erlaube es auch, die finanzielle Zukunft einer alternden Gesellschaft positiv zu beurteilen, selbst wenn diese ersten Resultate mit Vorsicht zu geniessen seien.

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