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Das Schweizer Vorsorgesystem wird auch weiterhin belastet

Dienstag, 23.05.2017

Die Reformvorlage Altersvorsorge 2020 verbessert die Finanzierung der Renten zwar langfristig. Angesichts des demografischen Wandels reicht sie jedoch nicht aus. Sie geht zudem zu Lasten der Generationengerechtigkeit, besagt eine Studie.

Der demografische Alterungsprozess sorgt in der 1. Säule der Schweizer Altersvorsorge für eine grosse, implizite Finanzierungslücke. So stehen den Vermögensreserven der AHV ungedeckte Leistungsversprechen von rund 1000 Milliarden Franken gegenüber, was einer AHV-Finanzierungslücke von 173.4% des schweizerischen Bruttoinlandprodukts (BIP) entspricht. Bei Umsetzung der Abstimmungsvorlage Altersvorsorge 2020 würde die AHV Finanzierungslücke um rund ein Fünftel auf 135.1% des BIP sinken. Die Mehrwertsteuererhöhung um 0,6 Prozentpunkte trägt am meisten zur Sicherstellung der AHV-Finanzierung bei: Sie verringert die AHV-Finanzierungslücke um 28.5% des BIP. Die Harmonisierung des Referenzalters von Frauen und Männern sowie die Erhöhung des AHV-Beitragssatzes tragen mit 15.6% beziehungsweise 15.4% des BIP in ähnlichem Umfang zur Reduktion der Finanzierungslücke bei.

Das Rentenpaket beinhaltet mit der Flexibilisierung des Renteneintritts und der Erhöhung des Plafonds für Ehepaare aber auch Massnahmen, welche die Finanzierungslücke der AHV vergrössern. Die Erhöhung der Altersrenten um 70 Franken belastet die AHV-Finanzen besonders; sie lässt die Finanzierungslücke um 24.8% des BIP anwachsen. Dies geht aus der Analyse der Reformvorlage durch die Grossbank UBS bzw. dem UBS-Vorsorgeindex hervor.

In der 1. Säule geht die Nachhaltigkeit auf Kosten der Generationengerechtigkeit

«Es erscheint unausgewogen, dass hauptsächlich die jüngeren Generationen die Sanierungslast dieser Reform tragen, da sie über ihr gesamtes Erwerbsleben mit höheren Steuern und Abgaben belastet werden», sagt Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin bei der UBS.

Erstaunlich findet sie, dass die Jahrgänge, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, durchschnittlich sogar deutlich bessergestellt würden gegenüber der heutigen Gesetzgebung. Diese würden von der Anhebung der AHV-Renten für Neurentner um 70 Franken sofort profitierten, müssten die höheren Abgaben und Steuern aber über einen kürzeren Zeitraum entrichten als jüngere Generationen.

In der 2. Säule begrenzt der Besitzstandsschutz die stabilisierende Wirkung des tieferen Umwandlungssatzes

Mit der Reduktion des obligatorischen Mindestumwandlungssatzes verbessert die Abstimmungsvorlage gemäss Weisser auch die finanzielle Stabilität der 2. Säule. Bei Umsetzung der Reform würden die ungedeckten Leistungsverpflichtungen, sprich die Finanzierungslücken in den Pensionskassen, aller betrachteten Jahrgänge sinken.

 Der in der Reform vorgesehene Besitzstandsschutz sorge jedoch dafür, dass Männer über 45 Jahre durch den gesunkenen Mindestumwandlungssatz der Reform im Obligatorium nahezu nicht belastet würden. Aufgrund des Besitzstandsschutzes und der weiterhin zu hohen Umwandlungssätze könne die Reform die intransparente Querfinanzierung der 2. Säule durch die Erwerbstätigen zu Lasten ihrer eigenen zukünftigen Renten nur teilweise reduzieren.

Die Dynamik der Schweizer Vorsorge bleibt negativ

Der quartalsweise berechnete UBS-Vorsorgeindex Schweiz verharrte im vierten Quartal 2016 und im ersten Quartal 2017 im negativen Bereich. Der Index gibt an, wie es um die Gesundheit und Stabilität des Schweizer Vorsorgesystems steht.

Zur Verschlechterung trugen drei Entwicklungen bei: Erstens akzentuierte sich der demografische Wandel weiter; im Vergleich zum Vorjahresquartal dürften mehr Erwerbstätige das Rentenalter erreicht haben als junge Personen erstmals eine Arbeit aufnahmen. Zweitens drückten der verlangsamte Preisanstieg am Immobilienmarkt und sinkende Mieten zunehmend auf den Subindex der die wirtschaftliche Entwicklung abbildet. Drittens erwies sich die finale Abstimmungsvorlage Altersvorsorge 2020 als weniger ambitioniert als die im Vorfeld im Parlament diskutierten Entwürfe. Dagegen verbesserte sich die finanzielle Situation der 2. und 3. Säule, vor allem dank Kursgewinnen an den globalen Aktienmärkten.

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