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Altersvorsorge 2020: Auch die Arbeitgeber warnen vor einem Misslingen der Reform

Freitag, 19.08.2016

Valentin Vogt, Präsident des SAV

Die Sozialkommission des Nationalrats berät zurzeit die Reform der Altersvorsorge. Weicht sie von den Ständeratsbeschlüssen zur Kompensation eines reduzierten Umwandlungssatzes ab, bedeutet das den Rentenabbau. Die Wirtschaft will dies nicht.

Die vorberatende Kommission des Nationalrats will die Kosten der Altersvorsorge-Reform auf ein Mass reduzieren, das auch vor dem Volk Bestand haben kann. Zudem setzt sie mit der Stabilisierungsregel auf die langfristige Sicherung der AHV-Renten. «Dennoch verpasst auch sie es, die Reform angesichts der demografischen Herausforderungen klar auf die Erhaltung des gegenwärtigen Rentenniveaus auszurichten. Das Risiko eines Totalabsturzes ist damit nicht kleiner geworden», warnt der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV).

Reformansatz soll klar fokussiert werden

Die AHV schreibe bereits seit zwei Jahren rote Zahlen und die Finanzierungslücke werde sich ohne Massnahmen bis 2030 auf 7 Milliarden Franken pro Jahr erhöhen, mahnt der SAV. Die berufliche Vorsorge leide nebst der stark steigenden Zahl an Rentnerinnen und Rentnern (in den nächsten dreissig Jahren verdoppelt sich diese Zahl von heute 1,5 Millionen auf nahezu drei Millionen) zusätzlich unter der schwierigen Entwicklung der Finanzmärkte. Die Wirtschaft setzt sich deshalb für sichere Renten auf heutigem Niveau auch in Zukunft ein und fordert eine klar auf dieses Ziel fokussierte Reform, wie sie sagt.

Ausbau in der AHV soll wieder rückgängig gemacht werden

Nach den Beratungen in der zuständigen Kommission des Nationalrats würden in der Reform der Schweizerischen Altersvorsorge zwar wesentliche Verbesserungen erreicht. Der Renteneintritt soll zwischen 62 und 70 Jahren flexibilisiert, das Referenz-Rentenalter von Frau und Mann angeglichen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf ein gerade noch vertretbares Mass reduziert werden. Durch die Anbindung des Koordinationsabzugs an den Beschäftigungsgrad würde zudem die Situation der Teilzeitbeschäftigten in der zweiten Säule verbessert.

Der Ausbau in der AHV, wie vom Ständerat eingefügt, soll indes wieder rückgängig gemacht werden. Die dafür vorgesehenen zusätzlichen Lohnbeiträge wären schädlich für den Wissens- und Werkplatz Schweiz und gefährdeten die Arbeitsplatzsicherheit im Land, argumentieren die Arbeitgeber.

Reduzierter Umwandlungssatz soll kompensiert werden

Mit dem Abweichen von den Beschlüssen des Ständerats im Bereich der Massnahmen zur Kompensation des Mindestumwandlungssatzes im BVG droht nun aber ein Rentenabbau, warnt der SAV: «Die Wirtschaft trägt diesen Abbau nicht mit und warnt unmissverständlich vor einem Scheitern der Reform, wenn es dabei bleiben sollte».

Mit den Vorschlägen der Wirtschaft zur Kompensation des Mindestumwandlungssatzes innerhalb der beruflichen Vorsorge würde das heutige Rentenniveau für das BVG hinreichend garantiert, so der SAV. Die Wirtschaft sieht diese Rentensicherheit als Bedingung an, um für die Reform die Zustimmung des Volkes zu gewinnen.

SAV lehnt Zusatzkompensation der Übergangsgeneration jedoch ab

Sie lehnt den Kurswechsel der Kommission auf das dezentrale System zur Zusatzkompensation der Übergangsgeneration jedoch ab: «Das System überzeugt bei genauerer Betrachtung nicht. Dessen Anwendung würde zwar bedeuten, dass BVG-Minimalkassen den Mindestumwandlungssatz endlich senken könnten. Im Gegenzug erhielten sie aber die teure zusätzliche Auflage aufgebürdet, innerhalb ihres Versichertenkollektivs eine weitere Umverteilung von jüngeren zu älteren Versicherten vorzunehmen».

Eine solche Verpflichtung würde viele dieser Kassen und namentlich ihre dahinter stehenden Arbeitgeber aus KMU-Branchen finanziell überfordern, ist der SAV überzeugt. Neue Sanierungsfälle wären vorprogrammiert. «Wer dieses System fordert, riskiert die Ablehnung der Senkung des Mindestumwandlungssatzes durch breite Kreise der KMU-Wirtschaft – wie bereits 2010 anlässlich der letzten Abstimmung zur beruflichen Vorsorge», mahnt der Verband.

SAV will Leistungsausbau verhindern

Leider habe die Kommission nicht nur weitere Leistungsverschlechterungen, sondern auch neue Ausbauvorhaben aufgenommen, fährt der SAV fort: «Dieser Zickzackkurs lässt eine kohärente Ausrichtung auf das strategische Ziel der Bewältigung der demografischen Herausforderung unter gleichzeitiger Erhaltung des Leistungsniveaus für AHV und BVG vermissen».

Das komme auch in den Schlussabstimmungen der Kommission zum Ausdruck. So lehne die Wirtschaft unter Hinweis auf die Bedeutung der Mehrheitsfähigkeit der Vorlage im Parlament – und vor allem beim Volk – Eingriffe in die Höhe der Witwenrenten, der Kinderrenten von AHV und BVG sowie die zusätzlichen Belastungen für Selbständigerwerbende ebenso ab wie die Einführung eines «Frauenaufwertungsfaktors» bei der Berechnung der AHV-Renten. Damit würden völlig sachfremde Fragen unnötigerweise mit der AHV vermischt, was die Reform zusätzlich gefährde: «Selbst wenn einzelne der Massnahmen für einen Leistungsabbau aus sachlichen Gründen teilweise diskutabel wären, gehören sie nicht in diese Reform. Auch sie widersprechen dem Ziel, das gegenwärtige Rentenniveau zu erhalten und sich auf die Bewältigung der strategischen Herausforderungen zu fokussieren».

Dies sind die wichtigsten Reformmassnahmen von Arbeitgeberverband, Gewerbeverband und economiesuisse:

  • Referenzalter 65/65 in vier Schritten
  • Flexibilisierung Rentenbezug 62-70
  • Erhöhung MwSt zugunsten AHV um max. 0.6% (rechtlich gekoppelt mit mind. 65/65)
  • Mindestumwandlungssatz 6.0% mit Kompensation
  • Stabilisierungsregel AHV (schrittweise Anhebung Referenzalter um max. 24 Monate + moderate MwSt-Anpassung um 0.4%)

Über den SAV

Der Schweizerische Arbeitgeberverband ist seit 1908 die Stimme der Arbeitgeber in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit. Er vereint als Spitzenverband der Schweizer Wirtschaft rund 80 regionale und branchenspezifische Arbeitgeberorganisationen sowie einige Einzelunternehmen. Insgesamt vertritt er über 100’000 Klein-, Mittel- und Grossunternehmen mit knapp 2 Millionen Arbeitnehmenden aus allen Wirtschaftssektoren. Der SAV setzt sich für eine starke Wirtschaft und den Wohlstand der Schweiz ein. Geführt wird der Verband von Direktor Roland A. Müller, präsidiert von Valentin Vogt.

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