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UBS erwartet ab 2013 nachhaltig steigende Inflation

Mittwoch, 08.06.2011

Die Konsumentenpreise wurden trotz der enormen Geldmengenausweitung durch die Zentralbanken bisher kaum erhöht. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ab etwa 2013 rechnet die UBS mit einer erhöhten Preisinflation in den USA und damit weltweit.

Laut Bundesamt für Statistik (BFS) verharrte der Landesindex der Konsumentenpreise im Mai 2011 gegenüber dem Vormonat unverändert auf dem Stand von 100,8 Punkten (Dezember 2010=100). Die Teuerung innert Jahresfrist betrug 0,4%, gegenüber dem Vorjahresmonat lag sie bei 1,1%. Angesichts der enormen Geldmengenausweitung seit der grossen Wirtschaftskrise 2008/2009 erstaunt dieses Resultat. Denn nicht nur die Schweizerische Nationalbank, sondern die Zentralbanken aller grossen, entwickelten Volkswirtschaften haben im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise die Geldmengen stark ausgeweitet. Wie kann es also sein, dass die Geldmenge stark ansteigt, die Inflation gemessen am Konsumentenpreisindex (KPI) jedoch sinkt, bzw. kaum ansteigt? Dieser Frage ist die UBS in ihrem neuesten «UBS research focus» zum Thema Inflation nachgegangen.

Tatsächliche Inflation wird unvollständig abgebildet

Eine Erklärung liegt laut UBS darin, dass der KPI nur einen kleinen Teil des gesamten Preisniveaus in der Schweiz abbildet. Produzentenpreise, Preise für Rohstoffe und Immobilien oder Preise für Vermögenswerte wie Aktien und Anleihen sind nicht im Warenkorb enthalten. Diese seien jedoch in Folge der Geldmengeninflation teils massiv gestiegen, wie die UBS erklärt. Die Zentralbanken, die den KPI als Massstab für den Wertverlust der Währung verwendeten, liessen damit einen Grossteil der Preise ausser Acht. Konkret könne dies dazu führen, dass sie Preisblasen auf den Rohstoff-, Aktien und Immobilienmärkten bei ihrer Geldpolitik ignorierten, was mitunter verheerende Folgen für die Wirtschaft und die Finanzmärkte haben könne.

Übertragungsmechanismen für Preisinflation sind blockiert

Ein weiterer Grund sei, dass es zwischen Geldmengenausweitung und Preisinflation Übertragungsmechanismen gäbe, die derzeit nicht richtig funktionierten. Vor allem die Zins- und Kreditkanäle seien noch blockiert.

Der Zinskanal sei ein wichtiger Übertragungsmechanismus. Erhöhten die Zentralbanken die Geldmenge, würden die kurzfristigen Zinsen dadurch fallen. Sparen werde unattraktiver, was wiederum Investitionen und Konsum anrege. Die steigende Nachfrage treibe die Preise für Produktionsfaktoren wie Arbeit oder Rohstoffe in die Höhe und Unternehmen würden versuchen, höhere Preise für ihre Produkte durchzusetzen.

Auch der Kreditkanal sei wichtig. So reduziere die Geldmengenausweitung die Refinanzierungskosten der Geschäftsbanken, die diesen Vorteil zum Teil an ihre Kunden weitergeben würden. Es komme zu einer Schuldenausweitung, welche Konsum, Investitionen und letztlich Preiserhöhungen mit sich bringen könne.

Ein weiterer Übertragungsmechanismus sei der Wechselkurskanal. Durch die Ausweitung der Geldmenge und die damit einhergehende Reduktion der Zinsen würde sich die heimische Währung tendenziell abwerten. Dies verbillige heimische Güter gegenüber importierten Waren, woraus ein Nachfrageschub resultieren könne, der sich in höheren Preisen niederschlage.

Schliesslich sei da noch der Vermögenskanal. Die ersten Preise, die auf eine Geldmengenausweitung reagieren würden, seien oftmals die Preise für Vermögenswerte. Die Halter dieser Vermögenswerte fühlten sich durch den Preisanstieg reicher, was ebenfalls die Konjunktur beflügeln und ein weiteres Übergreifen der Geldmengeninflation auf die Preisinflation begünstigen könne.

Es gelte daher zu klären, ob und wann diese Übertragungskanäle wieder funktionierten und ob ein Anstieg der Preise auf breiter Front dann verhindert werden könne oder nicht.

Globalisierung führt zu tieferem Preisniveau

Um dass das Preisniveau ansteige, wenn die Geldmenge ausgeweitet würde, müsse die Menge der Dinge, die mit dem Geld gekauft werden könne, unverändert bleiben. Wachse die Menge der kaufbaren Dinge jedoch ebenfalls, gäbe es keinen Grund für eine Steigerung des Preisniveaus.

Eine mögliche Ursache für die Diskrepanz zwischen Geldmengenwachstum und Preisinflation seit Mitte der 1980er Jahre könne die starke Ausweitung der kaufbaren Menge an Gütern, Dienstleistungen und Vermögenswerten sein. Grund dafür sei die Globalisierung bzw. die Integration der grossen Volkswirtschaften, allen voran China, in die globale Arbeitsteilung. Die asiatischen Volkswirtschaften seien im allgemeinen Netto-Sparer. Sie produzierten also mehr Güter als sie konsumierten und würden somit netto zusätzliche Güter anbieten, was sich deflationär auf die Konsumgüterpreise auswirke.

Wichtiger noch als die direkten Effekte via billiger Importe seien womöglich auch die indirekten Effekte. Westliche Produzenten und Arbeitnehmende konkurrierten immer stärker mit asiatischen. Zunehmende Arbeitsteilung und Handel wirkten per se preissenkend; sie erlaubten Effizienzgewinne und somit Kosten- und Preisreduktionen. Der Machtverlust der Gewerkschaften sowie die steigende Konkurrenz von Tieflohnländern hätten die Gefahr von Lohn-Preis-Spiralen zudem verringert.

Wachstum der Finanzmärkte bindet Geldmengenausweitung

Ein weiterer Grund für den schwindenden Zusammenhang zwischen den Geldmengen und den Konsumentenpreisen sei das qualitative und quantitative Wachstum der Finanzmärkte. Der globale Kapitalstock habe in den vergangenen Jahrzehnten massiv zugenommen – dank technischer Innovationen und Finanzmarktliberalisierungen werde ein zunehmender Teil des wachsenden Kapitalstocks an den Finanzmärkten gehandelt. Dies habe möglicherweise einen Teil der Geldmengeninflation absorbiert und somit eine Übertragung in einen signifikanten Anstieg der Konsumentenpreise verhindert.

Andererseits habe die Entwicklung der Finanzmärkte den Unternehmen ermöglicht, sich anstelle von Bankkrediten direkt über den Kapitalmarkt zu finanzieren, was den Zusammenhang zwischen Geldmengen, Bankkrediten und der Wirtschaftsaktivität geschwächt habe. Aufgrund der Entwicklung neuer Anlage- und Zahlungsformen sei es zudem immer schwieriger geworden, die Geldmenge überhaupt zu definieren.

Erwartungen der Wirtschaftsakteure beeinflussen Preisniveau

Erwarteten die Wirtschaftsakteure eine positive Konjunkturentwicklung, seien sie eher bereit, Geld auszugeben, ihre Sparguthaben aufzulösen oder Kredite aufzunehmen, um damit Konsum und Investitionen zu finanzieren. In diesem Fall werde sich die Geldmengenausweitung recht schnell in höheren Preisen zeigen. Im umgekehrten Fall, wenn die Konjunkturerwartungen negativ seien, könnten Preiserhöhungen zunächst nicht durchgesetzt werden, obwohl es eine Ausweitung der Geldmenge gegeben habe. Bei hoher Arbeitslosigkeit und anhaltender Unterauslastung der Produktionskapazitäten seien die Wirtschaftsakteure weniger geneigt, Geld auszugeben. Das zusätzlich durch die Zentralbank bereitgestellte Geld werde gespart oder zur Rückzahlung bestehender Schulden verwendet. In einer solchen Situation, in der es zu Produktions- und Beschäftigungslücken komme, sei die Gefahr, dass eine Inflation der Geldmenge zu einem steigenden Preisniveau führe, sehr gering.

UBS erwartet hohe und volatile Preisinflation ab 2013

Globale Inflationstendenzen seien im Wesentlichen von Entwicklungen in den USA bestimmt, wie die UBS erklärt. Die USA seien nicht nur die grösste Volkswirtschaft der Welt, durch die direkte oder indirekte Dollarbindung verschiedener Währungen bestimme die US-Notenbank auch die Geldpolitik für einen grossen Teil der Weltwirtschaft. Daraus folgernd hält die UBS drei Inflationsszenarien für möglich: Deflation, Hyperinflation oder erhöhte und volatile Inflation.

Im UBS Hauptszenario kommen die Übertragungsmechanismen von der Geldpolitik auf die Preise in den USA doch noch in Gang. Die Kreditvergabe würde sich dadurch beschleunigen, die Wirtschaft würde nachhaltig wachsen und neue Arbeitsplätze generieren. Die Geldpolitik würde aber erst mit einiger Verspätung reagieren, was sich längerfristig in erhöhter Preisinflation bemerkbar mache. Erst mit der Schliessung der Produktionslücke würde die Preisinflation in den USA und global nachhaltig ansteigen. Die UBS schätzt, dass dies ab etwa 2013 der Fall sein könnte. Zudem rechnet sie damit, dass diese erhöhte Inflation mit grösserer Volatilität einhergehen wird.

Risiken für Deflation oder Hyperinflation bestehen

Die Gefahr eines Deflationsszenarios würde dann steigen, wenn sich der jüngste Anstieg der Aktien- und Rohstoffpreise oder auch der Immobilienpreisanstieg in China als nicht nachhaltig erweise und die Finanzmärkte in diesem oder im nächsten Jahr einen starken Rückschlag erlitten und die US-Wirtschaft immer noch lahme.

Sollten nach einem derartigen Rückschlag die Notenbanken ihre Programme zum Aufkauf von Staatsanleihen ausweiten und gleichzeitig der Goldpreis deutlich steigen, könne dies auf eine bevorstehende Hyperinflation hindeuten. Ein weiterer Verlust der Unabhängigkeit wichtiger Zentralbanken oder Anzeichen für eine Staatschuldenkrise in grossen Volkswirtschaften würden das Risiko einer Hyperinflation erhöhen.

Anleger sollten Risiken kennen

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hält die UBS eine anhaltende Deflation oder eine Hyperinflation aber für eher unwahrscheinlich. Dennoch sollten Anleger diese Risiken nicht völlig aus den Augen verlieren, wie die Bank anmerkt.

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