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Steht der Schweizer Immobilienmarkt am Wendepunkt?

Mittwoch, 09.04.2014

Der Marktwert von Schweizer Wohnliegenschaften erreichte 2013 ein neues Rekordniveau. Nach dieser Wertentwicklung steigt nun aber die Zahl der Gemeinden, wo die Preise wieder sinken. Experten geben dazu Prognosen ab.

Der Wert von Wohnliegenschaften in der Schweiz hat in den letzten 10 Jahren (2003 bis 2013) um 45% zugenommen. Anders ausgedrückt: Der Wert des gesamten Wohneigentumbestands aus dem Jahr 2003 (ohne Neubautätigkeit) ist bis Ende 2013 um über 680 Milliarden Franken angewachsen. Insgesamt liegt der geschätzte Marktwert aller Wohnliegenschaften bei 2.4 Billionen (Tausend Milliarden) Franken, wie der Frühlingsaugabe des «Immo-Monitoring 2014» von Wüest & Partner zu entnehmen ist. Entsprechend wichtig scheint für Mieter, Immobilienbesitzer, Investoren und die Baubranche die Frage, wie sich die Wohneigentumspreise bzw. der Immobilienmarkt weiterentwickeln werden.

Wüest & Partner hält dazu fest, dass der Schweizer Immobilienmarkt derzeit mit einer Vielzahl rechtlicher Neuerungen konfrontiert sei. Nach der Zweitwohnungsinitiative seien Schlag auf Schlag neue Regeln für den Hypothekarmarkt gefolgt, die Revision des Raumplanungsgesetzes und vor zwei Monaten die angenommene Initiative «Gegen Masseneinwanderung». Die Immobilienexperten gehen davon aus, dass die Häufigkeit rechtlicher Vorstösse künftig noch zunehmen wird. Marktteilnehmer hätten sich daher immer wieder mit neuen Ausgangslagen auseinanderzusetzen. Auch wenn die tatsächlichen Auswirkungen oft erst Jahre später zu spüren seien, würden die Veränderungen nicht selten zu einer schnellen Verunsicherung (des Marktes) führen.

Mietpreisanstieg soll sich 2014 abschwächen

Mietzinsanpassungen nach unten in bestehenden Mietverhältnissen scheinen den Immobilienexperten für 2014 kaum mehr wahrscheinlich. Anfang 2014 hatten zahlreiche Mieter von einer erneuten Reduktion der Mieten aufgrund der Senkung des Referenzzinssatzes auf 2% im letzten September profitiert. Die zur Erst- oder Wiedervermietung ausgeschriebenen Mietwohnungen haben sich aber verteuert. 2013 erhöhten sich die Angebotsmieten im Schnitt um 3.2%, was dem langjährigen Mittelwert entspricht. Am stärksten sind die Mieten in der Westschweiz und in Zürich angestiegen. Im Kanton Genf sanken die Mieten dagegen leicht, bleiben aber insgesamt auf einem hohen Niveau.

Dennoch gehen die Immobilienexperten für 2014 von einem insgesamt schwächeren Mietpreisanstieg bei den angebotenen Wohnungen aus (geschätzte +1.4%). Als Grund nennen sie die forcierte Bautätigkeit, wodurch viele zusätzliche neue Objekte auf den Markt gelangen würden.

Preisanstiege bei Wohneigentum verlieren an Dynamik

Aufgrund des bereits erreichten Preisniveaus bei Wohneigentum, das die Nachfrage dämpfe, ebenso wie der intensiven Neubautätigkeit, sind weitere Preisanstiege, wie sie in den vergangenen Jahren registriert wurden, nach Ansicht von Wüest & Partner unwahrscheinlich.

Bei Eigentumswohnungen rechnen die Immobilienexperten noch mit einem Preisanstieg von 0.8% und bei Einfamilienhäusern mit einem Anstieg von 1.8%. Da das Bauland für Einfamilienhäuser zunehmend knapp werde, nehme die Zahlungsbereitschaft für dieses Segment allerding weiter zu.

Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» hat Folgen

Durch die Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» kehrt die Schweiz voraussichtlich zu einer Kontingentierung der Zuwanderung zurück, die langfristige Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben wird.

Bei den Mietwohnungen etwa schätzen die Immobilienexperten, dass die Nachfrage umso stärker ist, je grösser der Anteil an Kurzaufenthaltsbewilligungen bei den ausgegebenen Bewilligungen ausfällt. Der Mieterwechsel würde damit zunehmen. Sollten die Familien von zugewanderten Arbeitskräften erst nach einer gewissen Zeit folgen dürfen, werden kleinere Wohnungen künftig noch stärker nachgefragt.

Bei Mietwohnungen gewinnt Zentralität an Bedeutung

Eine reduzierte Nachfrage nach Mietwohnungen insgesamt wird sich nach Ansicht der Experten künftig aber stärker als in der Vergangenheit auf Grosszentren und deren innere Agglomerationen konzentrieren. Sollte das generelle Mietpreisniveau sinken, würde sich die Sogwirkung dieser Wohnungsmärkte auf die Marktteilnehmer, die aus dem Ausland zuwandern, verstärken. Die Attraktivität der urbanen Mietwohnungsmärkte würde durch das neue Arbeitsmarkregime aus Investorensicht eher zunehmen, so die Experten. Insbesondere Mietwohnungen, die im preisgünstigen Segment angesiedelt seien, würden davon profitieren.

Gehobenes Wohneigentum in urbanen Grossräumen ist weniger attraktiv

Die Menge der ausländischen Käufer von Wohneigentum mit Wohnsitz in der Schweiz hat sich etwa im Kanton Zürich zwischen 2007 und 2012 von 10% auf 20% erhöht. Im Preissegment ab einer Million Franken waren ausländische Nachfrager sogar leicht überproportional präsent, obwohl der Währungseffekt seit Beginn der starken Bewertung des Schweizer Frankens 2010 die Kaufkraft der Nachfrager aus dem Euro-Raum geschwächt hat, wie die Immobilienexperten ausführen. Dennoch erwarten sie, dass das Zuwanderungssystem die Nachfrage nach Wohneigentum künftig beeinflussen wird.

Würden bei der Kontingentsvergabe eher wertschöpfungsschwache Branchen bevorzugt, werde die Nachfrage nach Wohneigentum in preisgünstigen Segmenten, etwa in eher ländlichen Gebieten, steigen. Die zusätzliche Nachfrage nach gehobenem und luxuriösem Wohneigentum in den urbanen Grossräumen werde sich gleichzeitig reduzieren. Würden hingegen die wertschöpfungsstarken Branchen zum Zuge kommen, trete ein umgekehrter Mechanismus ein, so die Experten.

Bei Büroflächen hat der Sinkflug eingesetzt

Seit 2003 sind im Segment der Geschäftsnutzungen laut Wüest & Partner rund 10 Millionen Quadratmeter Bruttogeschossflächen entstanden. Die Mehrheit dieser neu entstandenen Flächen entfiel zwar auf selbst genutzte Betriebsliegenschaften und war für die direkte Vermietung nicht relevant. Dennoch stieg das vermietungsrelevante Flächenangebot laufend an. Die kurzfristigen Mietpreisperspektiven sind laut Experten daher nur wenig attraktiv.

Um das Angebot an Geschäftsflächen in Gebieten mit hohen Mietpreisniveaus zu absorbieren, würde es eine Zunahme an wertschöpfungsstarken Unternehmen brauchen. Da sich die Beschäftigungszahlen in den wertschöpfungsstarken Branchen aber unterdurchschnittlich entwickeln, ist der Kreis der infragekommenden Flächennachfrager kurz- bis mittelfristig limitiert.

Wüest & Partner erwartet im Büroflächenmarkt 2014 daher Mietpreisabnahmen von 2.6%, mit einem noch stärkeren Rückgang in der Genferseeregion. Bei den Verkaufsflächen rechnen die Experten mit nur minimen Aufwärtstendenzen von 0.3%. An wenig vorteilhaften Lagen sei zudem von wachsenden Leerständen auszugehen.

Bauvolumen steigt noch leicht an

Gemäss Einschätzung von Wüest & Partner wird das Bauvolumen im Schweizer Baumarkt bis Ende 2014 gegenüber dem Vorjahr noch um 0.9 Milliarden Franken ansteigen. Dies vor allem dank eines wettermässig milden Winters sowie einer hohen Anzahl an bereits erteilten Baubewilligungen im Segment der Mehrfamilienhäuser. Auch im Segment des übrigen Hochbaus sei aufgrund von Investitionen in Infrastrukturprojekte mit einem Anstieg zu rechnen. Dieses Marktvolumen dürfte bis Ende 2014 in den Bereich von 6 Milliarden Franken vorstossen. Bei den Büro- und Verkaufsflächen zeichne sich dagegen ein leichter Rückgang ab.

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