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Prellen Lebensversicherer versicherte Arbeitnehmende um Vorsorgegelder?

Montag, 05.10.2015

Die Gewerkschaft Travail.Suisse wirft den Lebensversicherern vor, in der beruflichen Vorsorge auf Kosten der Versicherten zu hohe Gewinne abzuschöpfen. Der Schweizerische Versicherungsverband findet diese Anschuldigung ungerechtfertigt.

Die zweite Säule bleibe für die Lebensversicherer ein hochinteressantes Geschäft: 2014 hätten sie mit der beruflichen Vorsorge 686 Millionen Franken Gewinn erwirtschaftet. Damit seien in den letzten 10 Jahren fast 5 Milliarden Franken aus dieser Sozialversicherung in die Taschen der Versicherungskonzerne und ihrer Aktionäre und Manager abgeflossen. Ein Grossteil davon ungerechtfertigt, behauptet Travail.Suisse. Das zeige die neuste Analyse des Dachverbands der Arbeitnehmenden. Leidtragende seien die versicherten Arbeitnehmenden, welche über ihren Arbeitgeber einer Sammelstiftung von einer Lebensversicherungsgesellschaft angeschlossen seien. Travail.Suisse analysiert die Gewinne, welche die Versicherungsindustrie aus der zweiten Säule abschöpft, seit Einführung der Mindestquoten-Regelung (Legal Quote). 

Zankapfel bleibt die Legal Quote

In der dem Parlament unterbreiteten Vorlage zur Reform der Altersvorsorge 2020 habe der Bundesrat vorgeschlagen, die Legal Quote von 90% auf 92% zu erhöhen. Dies würde bedeuten, dass mehr Geld bei den Versicherten bleibe und die Gewinne der Lebensversicherer etwas reduziert würden. Der stark mit der Versicherungsindustrie verflochtene Ständerat habe den Vorschlag in der Herbstsession jedoch abgelehnt. Travail.Suisse fordert nun, dass der Nationalrat diesen Entscheid korrigiert und dafür sorgt, dass nicht nur 92%, sondern mindestens 95% des Ertrags den Versicherten zukommen.

SVV sieht Vorwürfe von Travail.Suisse als ungerechtfertigt

Der Schweizerische Versicherungsverband kontert, dass die Gewerkschaft Travail.Suisse mit ihrer Anschuldigung das Bedürfnis zahlreicher KMU nach Versicherungsschutz ignoriere, ja selbst gefährde. Tatsächlich übernähmen die Lebensversicherer für kleine und mittlere Betriebe sämtliche Risiken der beruflichen Altersvorsorge. Um diese finanziellen Garantien gewährleisten zu können, müssten die Lebensversicherer einen angemessenen Gewinn erzielen.

Damit sie die Versicherungs- und Finanzmarktrisiken aber vollumfänglich und jederzeit decken könnten, benötigten die Lebensversicherer genug Eigenkapital. Ein Teil dieses Kapitals stamme von Aktionären. Diese übernähmen auftretende Verluste und würden im Gegenzug eine Dividende erhalten. Die Lebensversicherer zahlten mit ihrem Gewinnanteil diese Dividende, äufneten das gesetzlich vorgeschriebene Eigenkapital und beglichen ihre Steuern.

Eine Erhöhung der Legal Quote bedeutet weniger Risikokapital

Gemäss der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestquotenregelung würden die Versicherten mindestens 90% der massgebenden Erträge erhalten. Bei einer Erhöhung dieser Quote, wie Travail.Suisse fordere, werde es für die Lebensversicherer schwierig bis unmöglich, das für die gefragten Sicherheiten und Garantien notwendige Risikokapital noch bereitzustellen, warnt der SVV.

Die stetig wachsende Nachfrage zeige, dass der Schutz der Lebensversicherer dem Bedürfnis zahlreicher KMU entspreche, die Risiken der beruflichen Vorsorge nicht selber zu tragen. Rund 160‘000 Betriebe hätten sich dafür entschieden – das sei jeder zweite Arbeitgeber in der Schweiz. Die Lebensversicherer erfüllten damit eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe, wie der SVV betont.

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