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Pensionskassen reduzieren Anlagequoten in Immobilien

Freitag, 25.01.2013

Immobilienanlagen sind ein vermeintlich sicherer Wert und haben in den letzten Jahren gute Renditen erzielt. Sie bergen aber auch Risiken. Gegen diese scheinen Pensionskassen gut gerüstet. Sie sind zudem dabei, die Anlagequoten zu reduzieren.

Anlagestiftungen investierten die Gelder der Pensionskassen verstärkt in Immobilien, soll eine Umfrage des Magazins «Schweizer Versicherung» bei den Anlagestiftungen Credit Suisse, Helvetia, IST, Swiss Life, Swisscanto und Zurich laut eigenen Angaben ergeben haben. Dabei mache sich bei den Immobilien Schweiz ein immer deutlicherer Anlagenotstand bemerkbar. Da der Markt für inländische Direktanlagen nicht liquide sei und die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteige, seien viele Gefässe für neue Anlagen faktisch geschlossen.

Kleinster Teil des Immobilienbestandes befindet sich in Immobiliengefässen

Der Marktwert der Schweizer Immobilien belief sich im 2. Quartal 2012 gemäss Wüest & Partner (2013/1) auf rund 2.60 Billionen Franken (Tausend Milliarden). Im 4. Quartal 2010 waren es noch rund 2.31 Billionen Franken, wie Christian Germann in seiner «Masterthesis zur Erlangung des Master of Advanced Studies in Real Estate» an der Universität Zürich vom August 2011 vorrechnet.

Vom gesamten Immobilienbestand der Schweiz sei nur ein kleiner Teil in indirekten Anlagen verfügbar, wie Germann schreibt. Letztlich seien nur etwa 3,5% der Schweizer Immobilien in einheimischen Immobiliengefässen verbrieft. Zu solchen Gefässen zählen Immobilienfonds, Immobiliengesellschaften sowie Anlagestiftungen. Und von den 26 bei der Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen (KGAST) beteiligten Anlagestiftungen böten nur deren 15 auf Immobilien spezialisierte Produkte an.

Anlagestiftungen unterliegen strengen Anlagevorschriften

Doch was genau sind Anlagestiftungen? Es sind Stiftungen nach Schweizer Recht, die Vorsorgegelder von Schweizer Vorsorgeeinrichtungen verwalten. Dabei handelt es sich um eine besondere Kategorie der kollektiven Anlageform.

Anlagestiftungen unterstehen der Aufsicht des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). Dieses stellt besondere Anforderungen an die Anlagestiftungen, um die Anleger zu schützen.

Zum einen bildet das Stiftungsrecht die gesetzliche Grundlage einer Anlagestiftung. Es wurde auf den 1. Januar 2006 revidiert und ist Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB). In Bezug auf die Ausgestaltung der Organisationsstruktur findet auch das Gesellschaftsrecht Anwendung.

Zum anderen wurden Anlagestiftungen von der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge erfasst. Die neue Verordnung über die Anlagestiftungen (ASV), welche per 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, regelt den zugelassenen Anlegerkreis, die Äufnung und Verwendung des Vermögens, dessen Anlage (vgl. insbesondere Art. 27), die Buchführung, Rechnungslegung und Revision, die Rechte der Anleger sowie organisatorische Aspekte. Beaufsichtigt werden die Anlagestiftungen von der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV.

Somit gelten für Anlagestiftungen bei Investitionen von Vorsorgegeldern die gleichen Anlagevorschriften wie für Vorsorgeeinrichtungen. Diese sind in der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) festgelegt. Für die einzelnen Anlagekategorien gelten folgende Beschränkungen:

  • max. 50% des Gesamtvermögens dürfen Anlagen in Aktien sein
  • max. 50% dürfen Schweizer Pfandbriefe und Grundpfandtitel sein
  • max. 30% dürfen Anlagen in Immobilien sein, wovon max. ein Drittel im Ausland
  • max. 15% dürfen Alternative Anlagen sein und
  • max. 30% Anlagen in Fremdwährungen ohne Währungssicherung.

Für die einzelnen Anlageformen kommen zudem Einschränkungen in Bezug auf die Qualität der Anlagen zur Anwendung.

Eine besondere Form der Anlagestiftungen sind Immobilienanlagestiftungen. Sie investieren die ihr anvertrauten Gelder ausschliesslich in Immobilien.

Transaktionsmarkt ist ausgetrocknet

Tatsächlich haben Immobilienanlagestiftungen schon vor Jahren Mühe gehabt, geeignete Anlageobjekte zu finden, wie Germann in seiner Analyse aufzeigt. So sei zu beobachten gewesen, dass viele Anlagegruppen aufgrund des ausgetrockneten Transaktionsmarkts nur über Sacheinlagen für Anleger zugänglich seien. Seien Kapitalerhöhungen durchgeführt worden, habe das oft in einer massiven Überzeichnung resultiert. Zudem hätten kleine und mittlere Pensionskassen vermehrt mit direktem Immobilienbesitz den Anschluss an eine Anlagestiftung gesucht, um Managementkosten zu reduzieren und die Immobilienanlagen breit zu diversifizieren.

Immobilien-Direktanlagen machen grössten Teil des Bestandes aus

Den weitaus grössten Teil machen Direktanlagen in Immobilien aus. Die grösste Anlegergruppe bei Direktanlagen bilden Privatpersonen, juristische Personen sowie die öffentliche Hand, so Germann. Weitere Anleger seien Wohnbaugenossenschaften sowie ausländische Anleger und Anlagevehikel.

Schweizer Pensionskassen hielten Ende 2009 rund 89.2 Milliarden Franken in Schweizer Immobilienanlagen. Das entsprach damals 14,9% der Bilanzsumme von 599 Milliarden Franken. Davon waren gemäss Germann 32.4 Milliarden Franken (36,3%) indirekt und 56.8 Milliarden Franken (50,7%) direkt investiert. Bei den Versicherungen belief sich das Volumen von direkt gehaltenen Immobilien per Ende 2009 übrigens auf rund 37 Milliarden Franken oder 6,4% der gesamten Aktiven von 576 Milliarden Franken, wie Germann die Finanzmarktaufsicht FINMA zitiert.

Pensionskassen halten 20,7% Immobilienanlagen – Tendenz sinkend

Bei den Pensionskassen hat sich der Anteil an Immobilienanlagen bis vor Kurzem deutlich erhöht. Betrug er laut Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index im 4. Quartal 2008 noch 18,1%, so liegt er heute gemäss derselben Quelle bei 20,7%. Verglichen mit einer Immobilienanlagenquote von 21,4% im 3. Quartal 2011 ist er jedoch gesunken. Zur Messung sei anzumerken, dass der CS Pensionskassen Index laut eigenen Angabe auf „realen Pensionskassendaten“ basiert, und nicht auf synthetisch konstruierten Indizes.

Neben der Sicherheit, die reale Werte wie Immobilien bieten, was gerade im Nachgang zur Finanz- und Euro-Krise hoch geschätzt wird, waren es insbesondere auch die Renditen, die viele Anleger wohl dazu bewogen haben, ihre Immobilienanlagen aufzustocken. Diese betrugen gemäss UBS Pensionskassen-Barometer 2010 durchschnittlich 5,12%. Im ersten Halbjahr 2011 sackten sie gemäss derselben Quelle allerdings auf durchschnittlich 2,06% ab, erholten sich 2012 aber wieder auf durchschnittlich 6,19%. Im Vergleich dazu haben Aktien Schweiz 2012 mit durchschnittlich 17,56% und Aktien Ausland mit 13,49% rentiert.

Anleger haben Angst, mit Immobilien in Zukunft Geld zu verlieren

Die hohe Marktbewertung von Schweizer Immobilien bereitet vielen Institutionellen Anlegern inzwischen aber Sorgen. Auf das gegenwärtige Verhalten von Pensionskassen sowie die Gefahr, damit in Zukunft Geld zu verlieren angesprochen, nennt Claudio Saputelli, Head Global Real Estate & Swiss Regional Research bei UBS mehrere Faktoren, warum diese Gefahr klein sei.

Er verweist erstens auf die maximale Anlagequote, die eine „Überexposition“ verhindere. Zweitens seien diese Anlagen breit diversifiziert. Drittens würden Pensionskassen nicht in unrentable Werte einsteigen, woraus sich viertens die Frage nach der Bewertung von Immobilien ergebe. So könnten Pensionskassen ihre Anlagepolitik sehr rasch ändern, sollte die Rentabilität zu Gunsten anderer Anlageklassen, etwa derjenigen von Aktien, zu stark abnehmen. Der Druck auf die Immobilienpreise erhöhe sich gegenwärtig und könne noch mehr steigen. Tatsächlich würden viele Pensionskassen jetzt gerne Immobilien verkaufen. Gründe, auf die Saputelli nicht näher eingehen wollte, würden dies teilweise aber verhindern.

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