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Ökonomen reduzieren Wachstumsprognosen für die Schweiz erheblich

Dienstag, 09.09.2014

Die Schweizer Wirtschaft soll 2014 nur 1.4% und 2015 etwa 1.6% wachsen. Der „Super-Zyklus“, bestehend aus tiefen Zinsen, hohen Zuwanderungsraten, dem Immobilienpreisboom und einer starken Binnenwirtschaft läuft aus.

Unter dem Motto «Der Super-Zyklus läuft aus» haben Ökonomen der Credit Suisse ihre Wachstumsprognosen für die Schweizer Wirtschaft vorgestellt. Demnach soll das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) in diesem Jahr noch um 1.4% (bisher estimierte 2.0%) und im nächsten Jahr 1.6% (bisher 1.8%) wachsen. Der „Super-Zyklus“, bestehend aus tiefen Zinsen, einem Immobilienpreisboom und hohen Zuwanderungsraten, läuft somit aus und die Binnenwirtschaft verliert an Dynamik, wie die Ökonomen erklären. Die Erholung der Schweizer Exportwirtschaft fällt zudem zu verhalten aus, als dass sie den Schwungverlust der Binnenwirtschaft hinreichend kompensieren könnte. Die Teuerung bleibt weiterhin sehr verhalten, weshalb die Schweizerische Nationalbank unverändert an der Untergrenze für den EUR/CHF-Wechselkurs und an ihrer Nullzinspolitik festhalten wird.

Beschäftigungswachstum wird spürbar abnehmen

Bremstendenzen sind laut Ökonomen der Credit Suisse bereits im laufenden Jahr bei zwei wichtigen Treibern auszumachen: Zum einen hat sich das Preiswachstum von Wohneigentum – nicht zuletzt wegen den diversen Dämpfungsmassnahmen – bereits abgeschwächt. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Abkühlungstendenz auch im kommenden Jahr anhalten wird. Zum anderen hat die Zuwanderung den Höhepunkt überschritten, wie sie annehmen. Nach einer geringfügig tieferen Nettozuwanderung 2014 werde die Zuwanderung im kommenden Jahr aufgrund des geringeren Beschäftigungswachstums spürbar abnehmen.

Zinsen bleiben tief

Die Zinsen bei nahezu null als Treiber des Super-Zyklus sollen zwar auch im kommenden Jahr so tief bleiben, wie die Ökonomen weiter erklären. Sie hätten aber an Wirkungskraft eingebüsst. Da die Europäische Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung von Deflationsrisiken in ihrer Geldpolitik einen expansiveren Kurs einnehmen müsse, werde die Schweizerische Nationalbank (SNB) an ihrer Nullzinspolitik festhalten, um die Untergrenze für den EUR/CHF-Wechselkurs von 1.20 zu bewahren. Angesichts der tiefen Inflation in der Schweiz (die Ökonomen rechnen mit 0.1% 2014 und 0.5% 2015) und der konjunkturellen Risiken gebe es deshalb für die SNB keinen Grund, den geldpolitischen Kurs zu ändern.

Konsumwachstum rund halb so hoch wie 2013

Das Konsumwachstum soll im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren, in denen die Wachstumsraten deutlich über 2.0% lagen, markant an Schwung einbüssen. Die Ökonomen der Credit Suisse gehen für das laufende Jahr von einem Wachstum von 1.2% und für 2015 von 1.0% aus. Sie führen die Verlangsamung des Konsumwachstums auf verschiedene Faktoren zurück: So lasse sich eine Sättigung bei dauerhaften Konsumgütern feststellen. Weiter kämen aufgrund des Rückgangs der Zuwanderung weniger neue Konsumenten hinzu. Die Zeit der wechselkursbedingten Preisnachlässe sei zudem vorbei und die Verzerrungen durch die Umstellung in der Spitalfinanzierung, welche das Wachstum des Gesundheitskonsums vor allem 2013 überzeichnet hätten, würden wegfallen.

Investitionsdynamik – auch im Bau – lässt nach

Auch die Investitionsdynamik fällt gemäss den Ökonomen für 2014 und 2015 geringer als bisher aus. Die Prognosen der Ausrüstungsinvestitionen belaufen sich auf 1.0% für 2014 bzw. auf 2.0% für 2015. Dies sei unter anderem auch auf die nur verhaltene Exportnachfrage zurückzuführen.

Die Bauinvestitionen sollen sich wiederum angesichts der allgemeinen Beruhigung der Baunachfrage und der geringeren Kapazitätsausweitung im Bauhauptgewerbe von 3.5% in diesem auf 1.0% im kommenden Jahr abschwächen.

10% der Schweizer Unternehmen tätigen Investitionen vermehrt im Ausland

Zu einem Teil ist die schwache Investitionsneigung die Folge der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative, wie die Ökonomen erklären. Gemäss der von procure.ch, dem Fachverband für Einkauf und Supply Management, in Zusammenarbeit mit der Credit Suisse durchgeführten Einkaufsmanager-Umfrage beabsichtigten 10% der Schweizer Unternehmen wegen der Veränderung der Rahmenbedingungen ihre Investitionen vermehrt im Ausland zu tätigen. Die grosse Mehrheit der Unternehmen habe hingegen keine Anpassungen in der Investitionsplanung vorgenommen. Dreiviertel der Firmen gingen in ihrer Planung bisher davon aus, dass eine Lösung mit der Europäischen Union (EU) gefunden werde und dass die bilateralen Verträge somit auch nach dem 9. Februar 2017 noch in Kraft sein würden.

Exportsektor kommt nicht richtig auf Touren

Die Erholung der Schweizer Exportwirtschaft dürfte angesichts des nur sehr schleppenden Aufschwungs in der Eurozone und dem trüben Investitionsklima zu verhalten ausfallen, als dass sie den Schwungverlust der Binnenwirtschaft hinreichend kompensieren könnte, halten die Ökonomen weiter fest. Sie prognostizieren ein Exportwachstum von 5.0% für 2015, nach 3.0% 2014.

Mehr als die Hälfte der Schweizer Warenexporterlöse werden in der EU erzielt. Alleine das deutsche Bundesland Baden-Württemberg importiert mehr Schweizer Waren als China und Hongkong zusammen. Dies sei nur eines der Beispiele, welches verdeutliche, wie eng die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU sei.

Ohne Zuwanderung sinkt die Erwerbsbevölkerung der Schweiz bereits ab 2017

Eine Analyse zur globalen demografischen Entwicklung zeigt zudem, dass in zahlreichen Ländern – nicht zuletzt in China, aber auch in Ländern wie Deutschland – ein „japanisches Szenario“ von abnehmender Bevölkerung droht.

Auch in der Schweiz soll laut Simulation der Ökonomen der Credit Suisse die Wachstumsdynamik ohne Einwanderung langfristig gefährdet sein. Unter der Annahme einer gleichbleibenden Erwerbsbeteiligung und ohne Zuwanderung würde die Erwerbsbevölkerung hierzulande bereits ab 2017 zu sinken beginnen.

Eine erhöhte Mobilisierung des Arbeitskräftepotentials von Frauen und älteren Arbeitnehmern würde den Abwärtstrend lediglich um rund fünf Jahre hinauszögern, sind die Ökonomen überzeugt. Das Wirtschaftswachstum in der Schweiz würde sich weiter spürbar verringern und bereits in etwas mehr als zehn Jahren könne daraus eine wirtschaftliche Stagnation resultieren.

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