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Negativzinsen stellen Pensionskassen vor grosse Herausforderungen

Mittwoch, 20.05.2015

Schweizer Pensionskassen erzielten 2014 dank einem starken Aktienjahr erfreuliche Renditen und eine befriedigende bis gute Finanzierungssituation. Das gegenwärtige Negativzinsumfeld ist für die Kassen jedoch eine grosse Herausforderung.

Ein starkes Aktienjahr 2014 bescherte den schweizerischen Pensionskassen 2014 erfreuliche Renditen und eine befriedigende bis gute Finanzierungssituation. Die durchschnittliche Netto-Vermögensrendite lag bei 6.8% (gegenüber 6.2% im Vorjahr). Rund 90% der erzielten Anlagerenditen lagen zwischen 5% und 9.9%. Ausschlaggebend für die Renditesteigerung war das starke Aktienjahr, mit 12% Kursgewinnen bei Schweizer Aktien und über 25% bei US-Aktien in Schweizer Franken. Hinzu kamen Kursgewinne bei Obligationen, insbesondere US-Bonds. Dank dieser Entwicklung erhöhten sich auch die durchschnittlichen Deckungsgrade der Pensionskassen; jene von privatrechtlichen Kassen erreichten Ende 2014 vermögensgewichtet 113.6% (Vorjahr 110.3%), jene von öffentlich-rechtlichen Kassen mit Vollkapitalisierung, ohne Staatsgarantie, 103.5% (Vorjahr 100.7%). Für die privatrechtlichen Kassen liegt der Wert damit nahe an der angegebenen Zielgrösse von 116%. Die Kassen mit Teilkapitalisierung wiesen Deckungsgrade von 83.6% aus (Vorjahr 74.6 Prozent). Dies zeigt die Swisscanto-Umfrage «Schweizer Pensionskassen 2015» bei 437 Vorsorgeeinrichtungen.

Pensionskassen leiden unter den Auswirkungen der Negativzinsen

Eine grosse Herausforderung stellt für die Kassen jedoch das gegenwärtige Negativzinsumfeld dar. Sie sind von der Einführung der Negativzinsen als Massnahme der aktuellen Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) stark betroffen. Diese hatte am 15. Januar 2015 entschieden, die Euro-Untergrenze von 1.20 Franken aufzuheben und das Zielband für den Dreimonats-Libor weiter in den negativen Bereich auf -1.25% bis -0.25% zu verschieben. Sie senkte zugleich den Zins für Guthaben auf den Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag übersteigen, um 0.5 Prozentpunkte auf -0.75%.

Die Forderung der Pensionskassen, für sie Ausnahmeregelungen zu treffen, hat die SNB bisher abgelehnt. Je nachdem, in welchem Umfang die Banken die Negativzinsen weiter geben, sind die Pensionskassen davon unterschiedlich stark betroffen. Die Zürcher Kantonalbank etwa sieht bei langjährigen und stabilen Kundenbeziehungen von einer Erhebung der Negativzinsen bis zu einem gewissen Freibetrag ab.

Die Zinsprognosen deuten gegenwärtig jedoch darauf hin, dass die kurzfristigen Sätze innert Jahresfrist im negativen Bereich verharren werden. Dies gilt auch für die 10-jährigen Bundesobligationen. Der Schweizer Franken dürfte angesichts der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin zur Stärke tendieren, so dass auf längere Sicht mit Negativzinsen zu rechnen ist. Trifft dies ein und wird die SNB die Negativzinsen weiter verschärfen, werden die Finanzinstitute nicht darum herumkommen, die Pensionskassen stärker zu belasten.

Tiefe Zinsen zwingen die Kassen höhere Risiken einzugehen

Um die Zielrendite zu erreichen, müssen die Kassen zusehends höhere Risiken eingehen. Die Differenz zwischen der risikolosen Rendite mit 10-jährigen Bundesobligationen und der Zielrendite hat sich seit 2007 von 1,8 auf 3,5 Prozentpunkte ausgeweitet. Wegen gesetzlicher Vorschriften und dem Risikomanagement der Vorsorgeeinrichtungen kommen risikobehaftete Anlagen nur bedingt in Frage. In der aktuellen Zinssituation wollen deshalb nur 22% der Umfrageteilnehmer Verschiebungen im Anlageportefeuille vornehmen. Die Entwicklung der Asset Allocation im Jahr 2014 lässt zudem erkennen, dass die Kassen auf breiter Front ein Rebalancing vornehmen und die Aktienbestände limitieren.

Investitionen in ausländische Anlagen haben zugenommen

Mit ihrer Geldpolitik will die SNB die Marktteilnehmer angesichts des starken Schweizer Frankens ausserdem dazu bewegen, vermehrt Investitionen in ausländische Anlagen zu tätigen. Dies, obwohl der „Homebias“ Schweiz seit 2004 bereits deutlich abgenommen hat. Die Kassen haben diesem Wunsch insbesondere seit 2007 Folge geleistet; sie haben die Anlagen im Ausland seither im Durchschnitt um über 30% erhöht. Aufgrund der Anlagerestriktionen gemäss BVV2 sowie aus Risikoüberlegungen heraus wird es jedoch zusehends schwieriger für die Kassen, weiter in risikobehaftete ausländische Anlagen zu investieren. Ausserdem erfolgen die Rentenzahlungen in Schweizer Franken.

Hinzu kommt, dass wer mehr im Ausland investiert, die zusätzlichen Fremdwährungsrisiken aus Risikoüberlegungen heraus absichern wird. Gemäss Erhebungen der Zürcher Kantonalbank sichert ein Grossteil der Pensionskassen zwischen 70% und 95% ihrer Währungsrisiken ab. Die Kosten für diese Absicherung haben sich seit der Einführung von Negativzinsen teilweise mehr als verdoppelt.

Kassen senken technische Zinsen und Sollrenditen markant

Den Vorsorgeeinrichtungen ist es gelungen, die durch die Finanzkrise 2008 entstandenen Einbussen am Kapitalmarkt weitgehend auszugleichen und nahezu den Deckungsgrad von 2007 zu erreichen. Dies ist bemerkenswert, weil die technischen Zinsen im gleichen Zeitraum markant gesenkt wurden. Die privaten Kassen verringerten den Satz im Mittel von 3.5% auf 2.8%; die öffentlichen von 3.7% auf 2.9%. Das hat eine um rund 30% tiefere Sollrendite zur Folge, die zur Beibehaltung des jeweiligen Deckungsgrads notwendig ist. Die Vorsorgeeinrichtungen haben damit im derzeitigen Niedrigzinsumfeld viel zur Sicherung der künftigen Leistungen vorgekehrt. Die Senkung der technischen Zinsen seit 2007 hat die Kassen rund 18 Milliarden Franken gekostet.

Knapp zwei Drittel der öffentlichen Kassen weisen laut Umfrage einen technischen Zinssatz von 3% auf, 17% liegen darüber. Bei den privaten sind es lediglich 38% mit einem Satz von 3%. Rund 13% arbeiten mit höheren Sätzen. Aktuell liegt der Referenzzinssatz gemäss Kammer der Pensionskassenexperten bei 3%, eine Senkung ist allerdings absehbar.

Umwandlungssätze bewegen sich bereits nahe Zielvorgabe von Altersvorsorge 2020

Die Reduktion des technischen Zinssatzes ist Hauptgrund für die Senkung des Umwandlungssatzes. Dieser ist seit der Umfrage im Jahr 2002 von durchschnittlich 7.1% auf 6.2% zurückgegangen. Damit liegt er schon heute nahezu bei den 6%, die der Bundesrat im Rahmen des Projekts „Altersvorsorge 2020“ als Mindestgrösse vorsieht. Die jüngsten Entscheide grosser Pensionskassen, den Umwandlungssatz weiter zu reduzieren, lassen erahnen, dass der Trend anhalten wird. Die Umfrageteilnehmer erachten einen Mindestumwandlungssatz von 5.7% für die „Altersvorsorge 2020“ als angemessen.

Kostenlage der Kassen ist befriedigend

Die in der Umfrage ermittelten Gesamtkosten für Administration und Vermögensverwaltung pro Destinatär weisen einen Medianwert von 1060 Franken auf, mit Höchstwerten von 1150 Franken für kleine Kassen von weniger als 250 Destinatären und rund 750 Franken für die grossen Einrichtungen bei 10 000 und mehr Versicherten, die von Skaleneffekten profitieren. Die Vermögensverwaltung schlägt mit durchschnittlich 0.54% der verwalteten Vermögen zu Buche.

Zur Umfrage

An der aktuellen Umfrage haben 437 Pensionskassen (Vorjahr 370) teilgenommen. Deren Vermögen beträgt 560 Milliarden Franken (Vorjahr 506 Milliarden Franken). Die teilnehmenden Kassen umfassen insgesamt 3 Millionen Versicherte, davon rund 2,2 Millionen Aktive und 800 000 Rentenbezüger. Die Umfrage deckt damit rund zwei Drittel der schweizerischen Vorsorgeeinrichtungen ab. Sie liefert für viele Bereiche der zweiten Säule wertvolle Zeitreihen zu wichtigen Kenngrössen, die die aktuelle Lage der beruflichen Vorsorge in der Schweiz illustrieren. Die Swisscanto befindet sich zu 100% im Besitz der Zürcher Kantonalbank.

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