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Kundenforderungen auf Retrozessionen könnten Gewinne der Banken schmälern

Dienstag, 22.01.2013

Banken müssen ihre Kunden umgehend über einbehaltene Verkaufskommissionen für Finanzprodukte informieren und diese an sie ausbezahlen. Das fordert die FINMA, die sich auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichts vom vergangenen Oktober stützt.

Vertriebsentschädigungen und Bestandespflegekommissionen, welche Banken in ihrer Funktion als Vermögensverwalter erhalten, gehören dem Kunden. Dieses Urteil hat das Bundesgericht am 30. Oktober 2012 gefällt. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA verlangt von den Banken nun, dass sie «aufsichtsrechtlich angemessene Vorkehrungen» treffen sollen. Dies obwohl die FINMA als Aufsichtsbehörde nicht für die Beurteilung und Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zwischen Beaufsichtigten und ihren Kunden zuständig ist, wie in ihrer Mitteilung 41 (2012) vom 26. November 2012 nachzulesen ist.

Banken müssen laut Spekulationen Milliarden zurückzahlen

Hintergrund dieser Anweisung könnten jedoch mögliche Kundenforderungen und entsprechende Rückstellungen der Banken sein. Dies wiederum würde die Gewinne der Banken schmälern und hätte somit einen negativen Einfluss auf die Entwicklung von deren Eigenkapital.

Wie die «SonntagsZeitung» in ihrer Ausgabe vom 20. Januar 2013 spekuliert, lagerte per Ende Oktober 2012 1 Billion Schweizer Franken von Privatkunden in den Wertschriftendepots von Schweizer Banken. Würde man davon ausgehen, dass die Hälfte davon in Anlagefonds angelegt sei und den Banken Retrozessionen von 0,5% zugeflossen seien, ergäben sich daraus jährlich 2,5 Milliarden Franken. Über zehn Jahre (anerkannte Verjährungsfrist) kämen so 25 Milliarden Franken zusammen.

Kunden können Ansprüche zivilrechtlich durchsetzen

Das Urteil des Bundesgerichts betreffe nach heutigem Kenntnisstand viele Bankkunden, wie die FINMA in ihrer Mitteilung schreibt. Ebenso werde dieses Urteil Auswirkungen auf zahlreiche Banken haben, die im Zusammenhang mit ihrer Vermögensverwaltungstätigkeit für Kunden Rückvergütungen von Dritten (oder konzernintern) entgegengenommen hätten.

Dies folge daraus, dass der Vermögensverwaltungsvertrag zwischen der Bank und dem Kunden – gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung – als Auftrag (Art. 394 ff. OR) qualifiziere. Allfällige Ansprüche auf Herausgabe von Bestandespflegekommisionen müssten daher auf dem zivilrechtlichen Weg geltend gemacht und gegebenenfalls durchgesetzt werden.

Banken müssen Gerichtsentscheid umgehend Rechnung tragen

Die FINMA verlangt von den Banken nun, dass sie entsprechende Vorkehrungen treffen.

  • So sei dem Entscheid des Bundesgerichts im Rahmen der laufenden Geschäftstätigkeit umgehend Rechnung zu tragen.
  • Um die notwendige Transparenz herzustellen, hätten die Banken alle potenziell betroffenen Kunden zu kontaktieren und sie über den Entscheid in Kenntnis zu setzen.
  • Im Rahmen der Kontaktaufnahme hätten die Banken diese Kunden darüber zu informieren, an welche Stelle sie sich innerhalb der Bank für weitere Auskünfte wenden könnten.
  • Auf Anfrage seien die Kunden sodann über den Umfang der erhaltenen Rückvergütungen zu informieren.

FINMA will Massnahmen der Banken prüfen

Die FINMA will die durch die Banken ergriffenen und geplanten Massnahmen im Rahmen der ordentlichen Aufsicht prüfen und überwachen, wie sie weiter schreibt. Zudem überprüfe sie das FINMA-Rundschreiben 2009/1 (Eckwerte zur Vermögensverwaltung) auf allenfalls notwendige Anpassungen hin.

Nicht alle Banken sind gleich stark betroffen

Wie eine Umfrage der SonntagsZeitung bei 17 Banken laut eigenen Angaben ergeben habe, sei ausser der Zürcher Privatbank Globalance und der Migros Bank kein Institut bereit, Retrozessionen automatisch an die Kunden zurückzuzahlen. Globalance aber leite die „Kickbacks“ halbjährlich an die Kunden weiter.

Um sich vor Rückzahlungen zu schützen, würden die Banken die Bestimmungen zudem einseitig zu ihren Gunsten auslegen. Das schafft Rechtsunsicherheit.

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