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Hypothekenvergabe wird durch Banken strenger reglementiert

Freitag, 01.06.2012

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht genehmigt die neuen Mindestanforderungen für Hypothekarfinanzierungen, welche die Bankiervereinigung vorgelegt hat. Die neuen Richtlinien treten am 1. Juli 2012 in Kraft.

Banken die Hypotheken vergeben wollen, müssen künftig strengere Vorgaben einhalten. Dazu gehören etwa Vorgaben zur Mindesthöhe der Eigenmittel von Kreditnehmern sowie Vorgaben, welche eine Pflicht zur Amortisation vorschreiben. Die neue Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) tritt am 1. Juli 2012 in Kraft und wurde von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA als aufsichtsrechtlicher Mindeststandard anerkannt. Die Anerkennung erfolgte im Rahmen der vom Bundesrat präsentierten Massnahmen zur Umsetzung von Basel III und der Too-big-to-fail-Vorlage. Damit sollen die Risiken im Hypothekarmarkt gesenkt werden, was die FINMA ausdrücklich begrüsst, wie sie in einer Mitteilung schreibt.

Viele Banken haben Kreditvergabekriterien aufgeweicht

Die FINMA weist seit langem auf die Risiken hin, die durch das starke Hypothekarwachstum im Bereich der Wohnliegenschaften aufgebaut wurden. Dabei zeichne sich kaum eine Abschwächung der grossen Nachfrage nach Hypothekarfinanzierungen ab, was nicht zuletzt auf das tiefe Zinsniveau zurückzuführen sei, wie sie weiter schreibt. Auch würden viele Banken die eigenen Kreditvergabekriterien hinsichtlich Tragbarkeit für den Kreditnehmer und Belehnungshöhe der Objekte zunehmend ausreizen und durch Ausnahmen aufweichen. Dies habe sie im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit und während Direktprüfungen feststellten müssen.

Dadurch würde ein neues Segment von Kreditnehmern entstehen, für die der Erwerb einer Wohnliegenschaft unter anderen Marktbedingungen nicht möglich sei. Insbesondere wenn die Zinsen steigen würden, bestehe die Gefahr, dass solche Kreditnehmer ihre Kredite nicht mehr tragen könnten. Dies könne letztlich zu Kreditausfällen bei den Banken und zu sinkenden Immobilienpreisen führen. Das Platzen einer Immobilienblase könne äusserst gefährliche Auswirkungen auf die Finanzstabilität eines Landes haben, warnt die FINMA.

Pensionsguthaben allein qualifizieren nicht mehr für einen Kredit

Um die Stabilität im Finanzsektor nicht zu gefährden, hatte die FINMA für die Banken Regulierungsmassnahmen gefordert. Die SBVg-Richtlinien enthalten solche Massnahmen. Sie legen zum einen grundlegende Anforderungen an die notwendigen Mindesteigenmittel von Kreditnehmern fest. Demnach müssen Kreditnehmer künftig mindestens 10% des Belehnungswertes der Liegenschaft aus Eigenmitteln beibringen, die nicht aus einer Verpfändung oder einem Vorbezug von Guthaben der zweiten Säule stammen. Ein kreditfinanzierter Kauf einer Liegenschaft, in dem ein Kreditnehmer die Eigenmittel ausschliesslich durch Pensionskassengelder beibringt, erfüllt die Mindeststandards also nicht. Die neue Richtlinie verlangt von den Kreditnehmern eine solidere finanzielle Basis. Im Gegenzug verringere sich damit für sie aber das Risiko, das Vorsorgekapital und damit die eigene Rente zu gefährden, wie die FINMA anmerkt.

Auf Amortisation kann nicht mehr verzichtet werden

Zum anderen beinhalten die SBVg-Richtlinien klare Vorgaben zur Amortisation, die es im Rahmen der Tragbarkeitsanalysen zu berücksichtigen gilt. So muss die Hypothekarschuld neu in jedem Fall innerhalb von maximal 20 Jahren auf zwei Drittel des Belehnungswertes amortisiert werden. Ein Amortisationsverzicht in Erwartung steigender Liegenschaftspreise erfüllt die Mindeststandards demnach nicht. Mit den Amortisationsvorschriften werde die Kreditbelastung zwingend und stetig reduziert, was sich positiv auf die langfristige Tragbarkeit auswirke, ist die FINMA überzeugt.

Auch wenn die Amortisationspflicht direkte Auswirkungen auf die Tragbarkeitsberechnungen habe, so bestünden in diesem zentralen Bereich der Finanzierung von Wohneigentum aber weiterhin keine verbindlichen Mindeststandards, wie die FINMA erklärt. Eine realistische Einschätzung der mittelfristigen finanziellen Situation sei aber in jedem Fall auch im Interesse der Kreditnehmer. Damit bleibe die Liegenschaft für sie auch in Zeiten höherer Zinsen oder tieferer Einkommen finanzierbar.

Verletzung der Mindeststandards erfordert mehr Eigenmittel

Werden die neuen Mindeststandards bei Hypothekarkrediten, die nach dem 1. Juli neu abgeschlossen werden, verletzt, müssen die Banken ein Mehrfaches an Eigenmitteln zur Unterlegung solcher Hypotheken bereitstellen, wie die FINMA erklärt. Dies sei in der revidierten Eigenmittelverordnung vom Bundesrat so verankert worden.

Zu hohe Kreditfinanzierung erfordert höhere Eigenmittelunterlegung

In der Eigenmittelverordnung wurden aber noch zusätzliche Instrumente zur Senkung der Hypothekarrisiken festgeschrieben: Finanzieren Banken über 80% des Belehnungswertes mit Hypothekarkrediten, hat dies ebenfalls eine höhere Eigenmittelunterlegung zur Folge. Diese Massnahme tritt per 1. Januar 2013 in Kraft. Der Bundesrat kann von den Banken ab 1. Juli 2012 zudem Kapitalpuffer fordern, die für gewisse Sektoren, etwa für den Hypothekarbereich, gezielt temporär aktiviert werden können, wie die FINMA ausführt.

FINMA erachtet Massnahmen als positiv

Mit dem Massnahmenpaket für den Hypothekarbereich des Bundesrats und der in diesem Rahmen erlassenen verbindlichen SBVg-Richtlinien seien Schritte eingeleitet worden, welche den steigenden Risiken im Hypothekarmarkt entgegenwirkten, ist die FINMA überzeugt. Sie begrüsse daher diese Massnahmen und hoffe auf eine rasche Inkraftsetzung.

Mittelfristig würden die Massnahmen zu einer Qualitätsverbesserung der Hypothekarkreditportfolios der Banken oder aber zu risikoorientierten und erhöhten Eigenmittelanforderungen führen. Auf bestehende Kreditverträge habe die Richtlinie hingegen keine unmittelbaren Auswirkungen.

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