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Eine EL-Reform soll Bund und Kantone bis 2022 finanziell stark entlasten

Mittwoch, 25.11.2015

Das System der Ergänzungsleistungen soll „optimiert“ werden. So soll der BVG-Vorbezug für Wohneigentum möglich bleiben, der Kapitalbezug für die selbständige Erwerbstätigkeit aber ausgeschlossen und bei Pensionierung eingeschränkt werden.

Das System der Ergänzungsleistungen (EL) muss reformiert werden. Die Reform konkretisiert die Richtungsentscheide, die der Bundesrat im Juni 2014 getroffen hat. Er hielt damals fest, dass das Leistungsniveau erhalten, die Verwendung von Eigenmitteln für die Altersvorsorge verbessert, Fehlanreize reduziert und die Durchführung vereinheitlich werden sollen. Inzwischen hat der Bundesrat den Entwurf für eine EL-Reform in die Vernehmlassung geschickt. Sie dauert bis zum 18. März 2016.

BVG-Vorbezug für Wohneigentum bleibt möglich

Der Bundesrat hat die verschiedenen Situationen geprüft, in welchen das Kapital aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge heute vorbezogen werden kann. Für den Erwerb von Wohneigentum soll ein Vorbezug nach wie vor möglich sein. Das Haus oder die Wohnung stelle einen Wert dar, der der Altersvorsorge erhalten bleibe, so das Argument.

Kapitalbezug für die selbständige Erwerbstätigkeit wird ausgeschlossen

Für die selbständige Erwerbstätigkeit will der Bundesrat den Vorbezug künftig ausschliessen, weil ein grosses Risiko bestehe, dass das Vorsorgekapital verlorengehe, beispielsweise nach einem Konkurs.

Kapitalbezug bei Pensionierung wird eingeschränkt

Für den Kapitalbezug bei der Pensionierung und für die selbständige Erwerbstätigkeit hingegen sieht der Bundesrat Einschränkungen vor, um das Sparkapital der obligatorischen beruflichen Vorsorge besser zu schützen. Guthaben aus der überobligatorischen Vorsorge sind davon indes nicht betroffen.

Heute müssen es die Pensionskassen ihren Versicherten im Rentenfall ermöglichen, mindestens einen Viertel des BVG-Guthabens in Kapitalform zu beziehen. Der Bundesrat will diese Verpflichtung aufheben und stellt für die Kapitalauszahlung bei der Pensionierung zwei Varianten zur Diskussion:

In Variante 1 würde der Bezug aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge ausgeschlossen, es wären also nur noch Rentenzahlungen erlaubt.

In Variante 2 könnte höchstens die Hälfte des Guthabens in Kapitalform bezogen werden. Mindestens die Hälfte des Guthabens muss in eine Rente umgewandelt werden.

Erhalt des Vorsorgeguthabens soll vor Notwendigkeit von EL-Leistungen schützen

Der Erhalt des Vorsorgeguthabens entspricht dem verfassungsmässigen Leistungsziel der beruflichen Vorsorge, wie der Bundesrat betont. Der Erhalt dieses Guthabens minimiere das Risiko, dass Versicherte wegen des Kapitalbezugs nur noch Anspruch auf eine geringe Rente hätten, und später auf Ergänzungsleistungen angewiesen seien, etwa bei Heimeintritt in fortgeschrittenem Alter.

Eigenes Vermögen soll stärker berücksichtigt werden

Die EL soll gezielt jenen Menschen zugutekommen, die ohne diese Unterstützung unter dem Existenzminimum leben würden. Deshalb will der Bundesrat ein noch vorhandenes Vermögen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigen. Dazu werden die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen gesenkt: für alleinstehende Personen von 37‘500 auf 30‘000 Franken und für Ehepaare von 60‘000 auf 50‘000 Franken. Die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften dagegen bleiben unverändert bei 112‘500, respektive 300‘000 Franken, wenn ein Teil des Ehepaares in einem Heim oder Spital lebt.

Unerwünschte Effekte sollen bei der EL-Berechnung reduziert werden

Bei der Festlegung des EL-Betrags besteht heute eine Ungleichbehandlung von Personen in ähnlichen finanziellen Verhältnissen. Dieser Schwelleneffekt und andere Fehlanreize werden mit der EL-Reform reduziert.

So wird etwa in den meisten Kantonen die EL von Personen, deren EL aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation sehr gering ist, automatisch auf einen Mindestbetrag angehoben. Dieser entspricht der durchschnittlichen Krankenversicherungsprämie der Prämienregion. Dadurch erreichen diese Personen im Vergleich zu den anderen EL-Beziehenden ein höheres verfügbares Einkommen.

Neu soll der Mindestbetrag einer Ergänzungsleistung nicht mehr höher sein als die höchste Prämienverbilligung, die für Nicht-EL-Beziehende angewendet wird. Der Mindestbetrag soll jedoch auch nicht weniger als 60% der Durchschnittsprämie betragen.

Personen, die Erwerbstätigkeit nicht voll ausschöpfen, erhalten weniger

Bei Personen, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht voll ausschöpfen, wird heute bei der EL-Berechnung ein hypothetisches Erwerbseinkommen berücksichtigt, aber nicht vollständig angerechnet. Neu sollen die hypothetischen Erwerbseinkommen voll berücksichtigt werden. Dies erhöht für diese Personen den Anreiz, ihre Erwerbsfähigkeit voll auszuschöpfen.

Neu sollen die effektiven Krankenversicherungsprämien angerechnet werden

Heute erhalten EL-Beziehende die Krankenversicherungsprämie in Form einer kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie angerechnet. Neu will der Bundesrat den Kantonen die Möglichkeit geben, von der Durchschnittsprämie abzuweichen und auf die effektive Krankenversicherungsprämie abzustellen. Damit können die Kantone verhindern, dass EL-Beziehenden ein zu hoher Betrag für ihre Prämie angerechnet wird.

EL sollen schweizweit einheitlich vollzogen werden

Um einen schweizweit einheitlichen Vollzug der EL sicherzustellen, sollen verschiedene gesetzliche Bestimmungen präzisiert werden. Diese betreffen unter anderem die Karenzfristen, die für ausländische Staatsangehörige gelten, bevor sie Anspruch auf EL haben, oder die Auswirkungen längerer Auslandaufenthalte auf den EL-Anspruch.

Leistungsniveau der EL soll insgesamt erhalten bleiben

Mit der vorliegenden Reform bleibe das Leistungsniveau der EL insgesamt erhalten, so der Bundesrat. Positiv werde sich für viele EL-Beziehende auswirken, dass die maximal anrechenbaren Mietzinse gezielt erhöht würden. Der Bundesrat hat am 17. Dezember 2014 eine Gesetzesrevision vorgeschlagen, die zurzeit in parlamentarischer Beratung ist. Die maximalen Beträge der Mietzinse wurden letztmals 2001 festgelegt. Seither sind die Mietzinse im Durchschnitt um etwa einen Fünftel gestiegen, in grossen Zentren und Städten sogar noch mehr.

EL-Reform soll sich finanziell positiv für Bund und Kantone auswirken

Für die EL geben Bund und Kantone heute rund 4,7 Milliarden Franken aus. Je nach Variante zur Beschränkung des Kapitalbezugs entlastet die EL-Reform die Ausgaben für Ergänzungsleistungen im Jahr 2022 um 171 bzw. 152 Millionen Franken. Davon entfallen 51 bzw. 45 Millionen auf den Bund und 120 bzw. 107 Millionen auf die Kantone.

Weiter führen die Anpassung der EL-Mindesthöhe und die Neuregelung der Krankenversicherungsprämien für die Kantone im Jahr 2022 zu einer Reduktion von 116 Millionen Franken im Prämienverbilligungssystem.

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