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Ein „Grexit“ scheint vorderhand vom Tisch

Freitag, 17.07.2015

Das griechische Parlament hat das von der Troika erzwungene Sparpaket verabschiedet. Die Eurogruppe hat Hilfen für Griechenland in Höhe von 86 Milliarden zugestimmt, ebenso wie der Gewährung eines Brückenkredits von 7 Milliarden.

Die Eurogruppe hat Griechenland Mitte Juli 2015 ein Positionspapier vorgelegt, in dem sie detailliert darlegte, welche Bedingungen Griechenland erfüllen müsse, damit ein neues Finanzhilfeprogramm in Milliardenhöhe aufgelegt werde. Zum einen forderte die Eurogruppe, dass das griechische Parlament bis Mittwoch, 15. Juli eine Reihe wichtiger Massnahmen verabschieden solle; dazu zählten die Ausweitung der Mehrwertsteuerbasis, die Verabschiedung eines Gesetzes zur Sicherung automatischer fiskalischer Anpassungen, erste Massnahmen für die Reform des Rentensystems, die Gewährung der gesetzlichen Unabhängigkeit für das griechische Statistikamt, eine Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Beschleunigung von Rechtsverfahren sowie die Verabschiedung eines Gesetzes für die Abwicklung von Banken.

Ein zweites Massnahmenpaket solle im Zuge eines neuen Finanzhilfeprogramms umgesetzt werden. Diese Massnahmen würden in eine sogenannte Absichtserklärung mit den Gläubigern aufgenommen. Zu diesen Massnahmen zählen Reformen der Arbeits-, Produkt- und Energiemärkte, weitere Pensionsreformen sowie beschleunigte Privatisierungen (etwa gewisser Flug- und Seehäfen). Schliesslich wurde in diesem Papier auch gefordert, dass die griechische Regierung der Europäischen Union erlaube, die Umsetzung eingehend zu kontrollieren.

Gläubiger wollen weitere Hilfsgelder bis zu 86 Milliarden Euro sprechen

Im Gegenzug zur Erfüllung dieser Bedingungen versprach das Positionspapier Griechenland eine neuerliche mehrjährige Unterstützung. Die für eine 3-Jahres-Periode benötigte Gesamtsumme wurde in dem Papier auf 82-86 Milliarden Euro geschätzt. Zwischen 10 und 25 Milliarden Euro dieses Geldes soll für die Rekapitalisierung von Banken verwendet werden. Das Papier bestätigte auch den unmittelbaren Finanzierungsbedarf der griechischen Regierung. Diese müsste am 20. Juli eine Rückzahlung an die Europäische Zentralbank (EZB) leisten. Das Positionspapier verwies zwar auf die Tatsache, dass die Schulden für Griechenland nicht tragfähig sein könnten; ein Schuldenschnitt lehne die Troika jedoch ab.

Gemäss Beobachtern will sich der IWF jedoch nicht an der ersten Tranche des geplanten dritten Hilfspakets für Griechenland beteiligen. Hintergrund dürften die ausstehenden Zahlungen aus dem zweiten Hilfsprogramm sein. Stattdessen will der IWF seine weitere Beteiligung von einem erfolgreichen Abschluss der ersten Programmüberprüfung im Herbst 2015 und von der Bestätigung der Schuldentragfähigkeit abhängig machen.

Athen hat den Bedingungen zugestimmt

In Athen stimmten am vergangenen Mittwoch schliesslich 229 der 300 Abgeordneten dem Entwurf zu. Mit «Nein» stimmten unter anderem 32 Mitglieder der regierenden Syriza-Partei von Ministerpräsident Alexis Tsipras, sowie der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis. Trotz der parteiinternen Opposition erwarten Analysten etwa der Credit Suisse, dass die aktuelle Regierung die nächsten Monate im Amt bleiben wird. Der griechische Innenminister Nikos Voutsis kündigte am Donnerstag jedoch an, dass bereits im Herbst vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden sollten.

Weg für eine Brückenfinanzierung in Griechenland ist frei

Die Euro-Finanzminister stimmten am Donnerstag einem neuen Griechenland-Hilfsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren im Grundsatz zu. Um die Verhandlungen mit Athen aufnehmen zu können, müssen jedoch auch die nationalen Parlamente der Euro-Mitgliedstaaten dem Hilfsprogramm zustimmen. Frankreich und Deutschland haben dies inzwischen getan. Damit ist der Weg für eine Brückenfinanzierung in Griechenland frei, so die Analysten der Credit Suisse. Diese erfolgt durch die Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) oder den Europäischen Stabilitätsmechanismus, damit Griechenland Rückzahlungen an die EZB und den Internationalen Währungsfonds leisten kann. Die Verhandlungen über ein dreijähriges Hilfsprogramm werden in Kürze beginnen. Laut den Analysten sollten diese innert eines Monats abgeschlossen sein.

EZB hat Notfallkredite für griechische Banken um 900 Millionen Euro aufgestockt

Am vergangenen Donnerstag kam auch der EZB-Rat zu einer regulären Sitzung zusammen. Er beschloss, den Leitzins unverändert beizubehalten. Bei der auf die Sitzung folgenden Pressekonferenz erklärte EZB-Präsident Mario Draghi, dass die Notfallkredite (Emergency Liquidity Assistance, ELA) für griechische Banken für eine Woche um 900 Millionen Euro aufgestockt worden seien. Er erklärte zudem, dass die EZB auf Grundlage der Annahme handle, dass Griechenland in der Eurozone verbleibe. Auch sei eine Art der Schuldenerleichterung für Griechenland notwendig. Die Regierung in Athen teilte daraufhin mit, dass die griechischen Banken am kommenden Montag wieder öffnen und die bestehenden Einschränkungen beim Abheben von Bargeld und dem Kapitalverkehr schrittweise gelockert würden.

Draghis Erklärungen wirkten sich positiv auf den europäischen Markt aus, wie die Analysten der Credit Suisse weiter schreiben; sie liessen den DAX und den CAC zu dieser Zeit um rund 2% ansteigen. Die EZB hat überdies begonnen, im Rahmen ihres quantitativen Lockerungsprogramms zypriotische Anleihen zu kaufen. Griechische Instrumente sind für solche Ankäufe immer noch nicht qualifiziert. Alle europäischen Märkte schlossen im positiven Bereich.

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