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Droht auch für Schweizer eine Aufweichung des Bankkundengeheimnisses?

Montag, 24.09.2012

Der Bundesrat will Verfahren und Straftatbestände im Steuerstrafrecht vereinheitlichen. Die kantonalen Steuerbehörden sollen ausserdem Zugang zu Bankdaten erhalten. Schweizerische Interessenverbände fürchten um das Bankkundengeheimnis.

Der Bundesrat will die Rechtssicherheit durch eine Vereinheitlichung der Straftatbestände und der Verfahren im Steuerstrafrecht stärken, wie die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) bekannt gab. So soll ein Sachverhalt für sämtliche davon betroffenen Steuern strafrechtlich künftig gleich verfolgt und beurteilt werden. In Hinterziehungsverfahren sollen die kantonalen Steuerbehörden ausserdem Zugang zu Bankdaten erhalten. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage gemeinsam mit den Kantonen bis im Frühling 2013 auszuarbeiten.

Straftatbestände und Verfahren sollen für alle Steuerarten vereinheitlicht werden

Das Steuerstrafrecht ist Bestandteil des geltenden Steuerrechts und enthält Instrumente, um Steuerdelikte zu ahnden und damit die Steuergerechtigkeit zu gewährleisten. Im geltenden Recht werden die Strafbestimmungen und die Verfahren jedoch je nach Steuerart unterschiedlich festgelegt. Wenn ein Sachverhalt mehrere Steuerarten betrifft, löst er mehrere Verfahren aus und kann unterschiedlich beurteilt werden.

Mit der Revision des Steuerstrafrechts sollen diese Schwächen des geltenden Rechts beseitigt sowie ein einheitlicheres Verfahren, einheitlichere Straftatbestände und klarere Zuständigkeiten geschaffen werden. Indem ein Sachverhalt für alle Steuerarten nach gleichen Massstäben erhoben werden kann, erhöht sich laut ESTV die Rechtssicherheit.

Einheitliches Verfahren für Steuerhinterziehung und Steuerbetrug

Im Steuerstrafrecht soll ein gleichartiges Verfahrensrecht zur Anwendung kommen. Bei den indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgaben) ist das bereits heute der Fall. Bei den direkten Steuern (Einkommens- und Gewinnsteuern von Bund, Kantonen und Gemeinden) gelten mit Ausnahme der Ermittlungsverfahren im Falle schwerer Steuerwiderhandlungen dagegen die Bestimmungen des ordentlichen Veranlagungsverfahrens (bei Hinterziehung) bzw. die Regeln des Strafprozessrechts (bei Steuerbetrug).

Die Vereinheitlichung der Verfahren sieht ausserdem vor, dass in Hinterziehungsverfahren auch die kantonalen Steuerbehörden Zugang zu Bankdaten erhalten.

Straftatbestände sollen inhaltlich gleichartig gestaltet werden

Auch der Inhalt soll vereinheitlicht werden. Angestrebt werden einheitliche Regeln für die direkte Bundessteuer, die Mehrwertsteuer, die Verrechnungssteuer, die Stempelabgaben sowie via Steuerharmonisierungsgesetz (STHG) auch für die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden.

«Schwere der Tat» soll für alle Steuerarten vergleichbar werden

Die Vereinheitlichung der Straftatbestände soll es ermöglichen, eine Widerhandlung für alle Steuerarten vergleichbar nach der Schwere der Tat zu beurteilen.

Zuständigkeiten bleiben gleich – aber mit gegenseitiger Meldepflicht

Die bisherige Zuständigkeit betreffend die direkten und die indirekten Steuern soll von der Revision unberührt bleiben. Dabei soll durch gegenseitige Meldepflichten gewährleistet werden, dass keine Überbestrafung resultiert.

Verjährungsfristen sollen angepasst werden

Die Vernehmlassungsvorlage soll auch verschiedene Einzelpunkte berücksichtigen. So etwa die Anpassung der Verjährungsfristen im Verwaltungsstrafrecht sowie im Verrechnungssteuer-, Stempelabgaben- und Mehrwertsteuergesetz. Mit den Anpassungen soll die Ahndung von Steuerdelikten erleichtert werden.

Entsprechende Anpassungen der Verjährungsfristen im Bundesgesetz für die direkte Bundessteuer (DBG) und im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (STHG) an die Bestimmungen des Strafgesetzbuches sind bereits Gegenstand einer Botschaft, die der Bundesrat am 2. März 2012 verabschiedet hat.

Privatsphäre und Bankkundengeheimnis wahren

Wie der Verband der Schweizer Unternehmen economiesuisse verlauten liess, trage der Bundesrat mit diesem Revisionsvorhaben dem Umstand Rechnung, dass die heutige Rechtslage in gewissen Fällen zu unbefriedigenden Resultaten führen könne. Der Bundesrat wolle deshalb Verbesserungsvorschläge erarbeiten lassen, die er interessierten Kreisen anschliessend zur Vernehmlassung unterbreite.

Zentrale Richtschnur bei dieser Prüfung werde jedoch die Gewährleistung des Schutzes der Privatsphäre und damit des Bankkundengeheimnisses sein. Dieser Schutz sei in der Schweiz letztlich Ausdruck des besonderen Verhältnisses des Staats zu seinen Bürgerinnen und Bürgern. Dieser Teil des Erfolgsmodells Schweiz habe sich bewährt. Economiesuisse erwartet daher, dass diesem Umstand bei der Ausarbeitung der Vernehmlassungsvorlage gebührend Rechnung getragen werde.

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