Die Zeit des billigen Geldes könnte auch im Euroraum bald vorbei sein
Die EZB scheint über eine Straffung ihrer sehr lockeren Geldpolitik nachzudenken. Dies beinhaltet nicht zwingend eine Zinsanhebung. Es könnte aber eine Reduzierung der Anleihenkäufe bedeuten. Der Euro sprang auf ein 10-Monats-Hoch.
Die Tage der extrem lockeren Geldpolitik in der Eurozone sind offenbar gezählt. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi deutete in einer Rede gestern an, dass die EZB bald den Einstieg in den Ausstieg wagen könnte.
Andeutung heisst nicht zwingend, die Leitzinsen würden angehoben
Draghis Worte, wonach die EZB über eine "Normalisierung" der Geldpolitik nachdenkt, muss allerdings noch keine Zinserhöhung bedeuteten, wie Analysten der Credit Suisse betonen. Die Finanzmärkte legten Draghis Rede jedoch als tendenziell «hawkish» aus.
EZB könnte Anreize reduzieren
Der wichtigste Grund für diese Einschätzung war gemäss den CS-Analysten eine mögliche Rechtfertigung Draghis für eine allfällige künftige Reduzierung der EZB-Anreize: «Wenn die Erholung anhält, dann wird eine unveränderte Geldpolitik akkommodierender, und die Zentralbank kann die Erholung begleiten, indem sie die Parameter ihrer geldpolitischen Instrumente anpasst – nicht, um die geldpolitische Ausrichtung zu straffen, sondern um sie weitgehend unverändert zu halten.»
Obschon die Analysten dies als ersten "verbalen Schritt" zu einer Normalisierung der Geldpolitik werten, weisen sie auch auf Draghis übliche Vorbehalte hin, wonach sich die Dynamik der Daten noch ausreichend verbessern müsse und es starke Gründe gebe, um bei der Anpassung der Geldpolitik in Zeiten globaler Unsicherheit umsichtig vorzugehen.
Inflation könnten sich bald wieder in Richtung EZB-Ziele bewegen
Hinsichtlich des Inflationsausblicks, der Hauptthema von Draghis Rede war, merkte Draghi wohl an, dass sich die Inflation in der Eurozone bald wieder in Richtung der Inflationsziele der EZB bewegen könnte. Faktoren, welche die Inflation drückten, seien vor allem vorübergehend, und würden von der Zentralbank meist ausser Acht gelassen.
EZB dürfte Anleihenkäufe 2018 nach und nach reduzieren
Die CS-Analysten gehen nach wie vor davon aus, dass die EZB ihre Anleihenkäufe im Jahr 2018 nach und nach reduziert, was offiziell bei der Sitzung im September 2017 angekündigt werden könnte.
Finanzmärkte reagierten auf Draghis Äusserungen
Das billige Geld der Notenbanken hat die Preise von Aktien und Immobilien in den vergangenen Monaten zu immer neuen Rekorden getrieben. In dieser Situation genügt bereits eine leise Andeutung eines möglichen Endes der Geldschwemme, um an den Finanzmärkten heftige Reaktionen auszulösen. So sprang der Euro gegenüber dem Dollar und auch dem Schweizer Franken auf den höchsten Stand seit zehn Monaten. Die Aktienmärkte hingegen gaben teilweise nach.
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