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Die Ständeratskommission hält an einem AHV-Rentenzuschlag von 70 Franken fest

Mittwoch, 09.11.2016

Die Beschlüsse, welche die Ständeratskommission zur Reform Altersvorsorge 2020 gefasst hat, sind gesetzt. Sie spricht sich jedoch gegen den Interventionsmechanismus, der zum Referenzalter 67 führen könnte, aus.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) hält an den wesentlichen Beschlüssen ihres Rates zur Sicherung des Rentenniveaus in der Reform Altersvorsorge 2020 fest. Den vom Nationalrat beschlossenen Interventionsmechanismus, der zum Referenzalter 67 führen könnte, lehnt sie einstimmig ab.

Ständeratskommission lehnt Modell des Nationalrats ab

Es geht dabei um die Frage, wie die Rentenverluste, die durch die Senkung des Mindestumwandlungssatzes in der zweiten Säule entstehen, ausgeglichen werden sollen. Die Kommission prüfte das Modell des Nationalrates, der die Verluste vollständig innerhalb der zweiten Säule kompensieren will. Sie verlangte von der Verwaltung dazu einen Bericht mit Berechnungen. Auch liess sie die Vertreter der Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie des Gewerbes und der Landwirte Stellung nehmen. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Vorteile des vom Ständerat beschlossenen Modells klar überwiegen würden, und beantrage mit 8 zu 5 Stimmen daran festzuhalten.

Zuschlag von 70 Franken auf der AHV-Rente ist sofort spürbar

Der Zuschlag von 70 Franken auf der AHV-Rente und die Erhöhung des Ehepaarplafonds von 150% auf 155% seien für alle Neurentnerinnen und Neurentner sofort positiv spürbar, argumentierte die Kommission. Das Modell des Ständerates sei zudem deutlich kostengünstiger als jenes des Nationalrates; gemäss dem Bericht um satte 24 Milliarden Franken in 13 Jahren.

Ständeratsmodell kommt günstiger

Zwei Minderheiten beantragen, auf den AHV-Rentenzuschlag von 70 Franken zu verzichten und die Leistungen stattdessen anderweitig zu verbessern. Die eine Minderheit schlägt für die Versicherten der zweiten Säule einen tieferen Koordinationsabzug kombiniert mit einer längeren Übergangszeit vor. Ergänzend dazu will die andere Minderheit Versicherten mit tiefen bis mittleren Einkommen, die schon früh erwerbstätig waren, die Frühpensionierung erleichtern. Zudem wurden weitere Modelle geprüft, aber verworfen.

Mit Stichentscheid des Präsidenten beantragte die Kommission, den Koordinationsabzug in der zweiten Säule anzupassen, um die Vorsorge von Personen mit Einkommen zwischen 21 150 und 55 000 Franken zu verbessern. Davon profitieren vor allem Frauen und Teilzeitbeschäftigte. Folgt der Ständerat diesem Antrag, betragen die Kosten der Ausgleichsmassnahmen im Jahr 2030 insgesamt 3,3 Milliarden Franken, verglichen mit 4,5 Milliarden Franken gemäss dem Nationalratsmodell.

Kommission lehnt automatische Erhöhung des Pensions-Referenzalters ab

Einstimmig beantragt die Kommission, auf den vom Nationalrat beschlossenen Interventionsmechanismus im heutigen Zeitpunkt zu verzichten. Dieser Mechanismus würde zu einer automatischen Erhöhung des Referenzalters auf 67 Jahre führen, sollte die AHV in eine finanzielle Schieflage geraten und die Sanierung auf dem politischen Wege nicht möglich sein.

Angesichts der längeren Lebenserwartung müsste die Diskussion über ein höheres Referenzalter in einer kommenden AHV-Revision zwar angegangen werden, so das Argument der Kommission. Im Hinblick auf die Volksabstimmung sei es politisch aber unklug, die aktuelle Reform mit einem allfälligen Referenzalter 67 zusätzlich zu belasten.

Die Kommission beantragte einstimmig, an der Lösung des Ständerates festzuhalten. Dieser beauftragt den Bundesrat, dem Parlament Stabilisierungsmassnahmen zu unterbreiten, wenn sich abzeichnet, dass der AHV-Ausgleichsfonds innerhalb der nächsten drei Jahre unter den Stand von 80% einer Jahresausgabe sinkt.

Mehrwertsteuer soll um 1 Prozentpunkt erhöht werden

Was die Finanzierung der AHV betrifft, bekräftigte die Kommission einstimmig, dass die Mehrwertsteuer um 1 Prozentpunkt (2018: 0.3 %; 2021: 0.3 % und 2025: 0.4 %) und somit auf total 8.7% erhöht werden soll. Die vom Nationalrat beschlossenen 0,6 Prozentpunkte reichten nicht aus, um die AHV bis ins Jahr 2030 im finanziellen Gleichgewicht zu halten. Auch beim Bundesbeitrag beantragt die Kommission einstimmig, diesen bei 19.55% der jährlichen Ausgaben zu belassen. Der Nationalrat wollte diesen auf 20.0% anheben, was die Bundeskasse mit 270 Millionen Franken zusätzlich belastet hätte.

Witwen-Rentenansprüche sollen nicht geschmälert werden

Einstimmig hält die Kommission auch daran fest, bei den Renten für Witwen, Witwer und Waisen gegenüber dem geltenden Recht nichts zu ändern. Die gesellschaftliche Entwicklung sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass insbesondere der Rentenanspruch der Witwen beschränkt werden könne, wurde in der Kommission argumentiert.

Der Nationalrat hatte den Rentenanspruch auf jene Witwen beschränkt, die zum Zeitpunkt der Verwitwung ein Kind unter 18 Jahren oder ein Kind in Ausbildung unter 25 Jahren haben oder ein pflegebedürftiges Kind betreuen. In der SGK-SR wurde weiter darauf hingewiesen, dass die Frauen mit der Erhöhung des Rentenalters auf 65 Jahre bereits einen grossen Beitrag an die Reform leisteten. Eine weitergehende Belastung der Frauen sei zurzeit nicht mehrheitsfähig.

Kinderrenten sollen bestehen bleiben

Mit 10 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen lehnte die Kommission den Beschluss des Nationalrates ab, keine neuen Kinderrenten für Altersrentner auszurichten. Bevor ein derartiger Eingriff in Rentenleistungen beschlossen werde, müssten die Einkommensverhältnisse der betroffenen Rentner genauer erforscht und ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt werden, war sich die Kommission einig. Eine Abschaffung der Kinderrenten für AHV-Rentner wäre zudem eine politische Hypothek für die Vorlage.

Bei anderen Differenzen beantragte die Kommission, dem Nationalrat zu folgen. Einigkeit zwischen den Räten zeichnet sich somit insbesondere bei der Altersvorsorge für Kulturschaffende und andere Arbeitnehmende mit häufig wechselnden und befristeten Anstellungen ab.

Es braucht eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil vom 18. Oktober 2016 bemängelt, dass in der Schweiz eine präzise und detaillierte gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten fehle. Die SGK-SR beschoss nun einstimmig, eine Kommissionsinitiative zu ergreifen, um dieses Manko rasch zu beheben. Im schnellsten Fall könnten die Räte die erforderliche Bestimmung in der Herbstsession 2017 verabschieden.

Die Kommission tagte am 24. /25. Oktober und 8. November 2016 in Bern unter dem Vorsitz von Konrad Graber (CVP, LU) und in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.

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