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Die Schweizer Wirtschaft erholt sich 2016 und 2017 nur langsam

Freitag, 18.03.2016

Die Schweizer Wirtschaft ist 2015 nur um 0.9% gewachsen. Hauptgrund für das schwache Wachstum ist die Frankenstärke. Die Expertengruppe des Bundes korrigiert ihre Wachstumsprognosen auch für 2016 und 2017 nach unten.

Die Schweizer Wirtschaft weist für 2015 ein Wachstum von lediglich 0.9% aus. Massgeblich gebremst wurde die Konjunktur durch die Frankenstärke, mit heterogenen Auswirkungen auf die verschiedenen Branchen, schreibt die Expertengruppe des Bundes in ihrer Frühjahrsprognose. Das Seco geht aber davon aus, dass die konjunkturdämpfenden Wechselkurseffekte im Verlauf von 2016 und 2017 sukzessive nachlassen werden.

Demgegenüber habe die internationale Konjunktur in den letzten Quartalen an Schwung verloren und es würden sich derzeit keine Anzeichen einer deutlichen Beschleunigung des weltweiten Wachstums zeigen. Vor diesem Hintergrund erwartet die Expertengruppe für dieses und nächstes Jahr eine graduelle Konjunkturverbesserung in der Schweiz. Sie veranschlagt das Wirtschaftswachstum für 2016 mit 1.4% (Prognose vom Dezember 2015: 1.5%) und für 2017 mit 1.8% (Prognose vom Dezember 2015: 1.9%). Angesichts der langsamen Konjunkturerholung rechnet das Seco für 2016 mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenquote auf 3.6%, die erst 2017 wieder leicht zu sinken beginne (auf 3.5%).

Internationale Konjunktur hat an Fahrt verloren

Die globale Wirtschaft ist derzeit von einer Verlangsamung des Handels und der Investitionen, einem Rückgang des Ölpreises und einer erhöhten Nervosität auf den Finanzmärkten geprägt. Die Industrieländer dürften ihren langsamen Aufschwung laut Seco zwar fortsetzen. Für zahlreiche Schwellenländer haben die Risiken allerdings deutlich zugenommen.

Euroraum erfährt eine moderate Konjunkturerholung

Im Euroraum setzte sich die moderate Konjunkturerholung mit einem Wirtschaftswachstum von 0.3% im 4. Quartal 2015 fort; dies mit einer heterogenen Entwicklung je nach Mitgliedsland. Während Deutschland und Frankreich einen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0.3% verzeichneten, lagen Italien und Österreich darunter. Spanien hingegen wuchs im Vergleich zum Euroraum überdurchschnittlich (0.8% im 4. Quartal 2015). Die (saisonbereinigte) Arbeitslosenquote im Euroraum lag im Januar 2016 bei 10.3% (ggü. 11.3% im Januar 2015), worin sich die allmähliche Verbesserung der Arbeitsmarktlage spiegelt. Die Arbeitslosigkeit in Spanien, Portugal und Irland ist im Jahresvergleich zwar stark gesunken. In Österreich und Finnland hat sie aber spürbar zugenommen.

Die Stimmungsindikatoren für den Euroraum im Industrie- und im Dienstleistungssektor haben sich seit Anfang 2016 leicht verschlechtert. Sie liegen mehrheitlich aber über dem historischen Durchschnitt. Insgesamt dürfte sich die Wirtschaftserholung im Euroraum 2016 und 2017 fortsetzen, wenn auch in gemässigtem Tempo.

Wirtschaftliche Erholung in den USA hat an Schwung verloren

Für Japan und die USA hat die Expertengruppe ihre Wachstumserwartungen gegenüber Dezember 2015 nach unten korrigiert. In Japan dürfte das Wachstum sowohl 2016 als auch 2017 weiterhin verhalten bleiben (unter 1%).

Aber auch die wirtschaftliche Erholung in den USA, die eine wichtige Stütze der Weltkonjunktur ist, hat seit dem 4. Quartal 2015 an Schwung verloren. Die Experten führen das insbesondere auf den bescheidenen Beitrag des Privatkonsums zum BIP und den Exportrückgang zurück. Die Aufwertung des US-Dollars und die tieferen Ölpreise dürften die Exporte und die Investitionen ihrer Meinung nach auch künftig belasten. Zudem hätten sich die Umfragewerte bei den Unternehmen im Februar leicht verschlechtert, darunter auch der Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe. Die Expertengruppe rechnet für 2016 nun mit einem Wirtschaftswachstum von 2.3% und für 2017 mit 2.6%. Die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt präsentiert sich (Arbeitslosenquote von 4.9% im Februar 2016 ggü. 5.5% im Februar 2015) relativ günstig.

Schwellenländer leiden unter dem Rückgang der Rohstoffpreise

Zahlreiche Schwellenländer wie Russland und Brasilien dürften auch weiterhin unter dem Rückgang der Rohstoffpreise leiden. Besonders stark von dieser Entwicklung betroffen sind die Ölpreise, die Anfang 2016 aufgrund des Überangebots und der Dollaraufwertung erneut gefallen sind. China wiederum setzt seinen allmählichen Übergang hin zu einer immer stärker auf die Binnennachfrage und die Dienstleistungen ausgerichteten Wirtschaft fort. Hinsichtlich der Finanzstabilität besteht in vielen Schwellenländern nach wie vor ein erhebliches Risiko, da diese von der Dollaraufwertung, der langsamen Normalisierung der US-Zinssätze und der Volatilität an den Finanzmärkten besonders stark betroffen sind.

Schweizer Wirtschaft erfährt keine rasche und kräftige Wachstumsbelebung

Die starke Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro hat die Schweizer Wirtschaft 2015 hart getroffen. Der Schock belastete die verschiedenen Branchen allerdings sehr unterschiedlich, sowohl in Bezug auf die volumenmässige Entwicklung der Wertschöpfung als auch hinsichtlich der Preis- und Beschäftigungsentwicklung. Das reale BIP der Schweiz legte im 4. Quartal 2015 um 0.4% zu und verzeichnete über das gesamte Jahr betrachtet eine moderate Zunahme von 0.9% (provisorisches Jahresergebnis).

Die konjunkturdämpfenden Wechselkurseffekte dürften im Verlauf von 2016 und 2017 sukzessive nachlassen, womit sich die wechselkurskurssensiblen Bereiche (Industrie, Handel, Tourismus) allmählich erholen können. Angesichts der nur mässigen weltwirtschaftlichen Dynamik ist in den kommenden Quartalen jedoch nicht mit einer schnellen und kräftigen Wachstumsbelebung zu rechnen. Die Expertengruppe prognostiziert einen graduellen Anstieg des Schweizer BIP um 1.4% für 2016 (Prognose vom Dezember 2015: 1.5%) und um 1.8% für 2017 (Prognose vom Dezember 2015: 1,9%).

Der Einkaufsmanagerindex (PMI) und das KOF-Konjunkturbarometer, die sich im Februar 2016 verbessert haben, sind positive Signale für die Schweizer Konjunktur. Die anderen kurzfristigen Stimmungsindikatoren (namentlich die Ergebnisse der Konjunkturumfrage der KOF in der Industrie und die Konsumentenstimmung), die monatlich oder vierteljährlich zur Verfügung stehen, verharrten bis Anfang 2016 insgesamt auf tiefem Niveau und zeigen noch keine Anzeichen einer Erholung. 

Staats- und privater Konsum dürften Wachstum stützen

Der Staats- und private Konsum dürften das Wachstum in der Schweiz auch in den kommenden Quartalen stützen, was insbesondere dem Kaufkraftgewinn aufgrund der Preissenkungen und dem Bevölkerungswachstum zu verdanken ist.

Bausektor und Warenhandel tragen kaum zum Wachstum bei

Der Bausektor und der Warenhandel dürften dagegen nicht wesentlich zum Wachstum beitragen. Der Bausektor dürfte sich im Laufe des Jahres 2016 auf hohem Niveau stabilisieren, nachdem er mehrere Jahre lang stark gewachsen ist und 2015 eine Abkühlung erfuhr. Für den Warenhandel wird sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen nach einem schwierigen Jahr 2015 eine sukzessive Zunahme erwartet. Die Wachstumsraten dürften sich somit bis Ende 2017 wieder im Bereich ihres historischen Durchschnitts bewegen.

Arbeitslosenzahl dürfte weiter steigen

Auf dem Arbeitsmarkt ist die Zahl der Arbeitslosen seit Anfang 2015 (saisonbereinigt) monatlich um rund 1000 Personen gestiegen. Im Februar 2016 waren in der Schweiz (saisonbereinigt) etwa 150 000 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren registriert, was einer Arbeitslosenquote von 3.4% entspricht. Die Expertengruppe rechnet für die kommenden Monate mit einer weiteren Zunahme der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl und erst für 2017 mit einem leichten Rückgang. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Arbeitslosenquote 2016 bei 3.6% und 2017 bei 3.5% liegen.

Frankenaufwertung führt zu deflationärer Preisentwicklung

Seit mehreren Quartalen sinken in der Schweiz die Konsumentenpreise, was allerdings nicht nur auf den Rückgang der Ölpreise zurückzuführen ist. Denn auch der Landesindex der Konsumentenpreise ohne Energie und Saisonprodukte entwickelte sich 2015 stark rückläufig. Im Februar 2016 lag dieser Indikator für die Kerninflation im Vorjahresvergleich bei -0.5%. Diese Entwicklung spiegelt in erster Linie die Auswirkungen der Frankenaufwertung, die dazu geführt hat, dass importierte Produkte billiger wurden. Zum Vergleich: Im Februar 2016 lag die Kerninflation im Euroraum bei 0.8% und in den USA (im Januar 2016) bei 2.2%. Diese grosse Differenz verdeutlicht, dass die Preissenkungen in der Schweiz wirklich aussergewöhnlich waren. Gemäss der Expertengruppe dürfte die negative Entwicklung der Konsumentenpreise 2016 weitergehen, mit einer Jahresinflation von durchschnittlich -0.6%. Für 2017 wird wieder ein leichtes Plus von 0.2% erwartet.

Risiken für Weltkonjunktur bleiben bestehen

Die konjunkturellen Entwicklungen in den USA und Europa, insbesondere in Deutschland und der Schweiz, haben sich bisher als robust erwiesen. Konjunkturelle Risiken bestehen jedoch, sollten Probleme über den Aussenhandel oder die Finanzkanäle in die Schweiz herüberschwappen. Die künftige Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten, namentlich beim Erdöl, ist nach wie vor sehr ungewiss. Weitere Preiskorrekturen beim Erdöl- oder anderen Rohstoffen könnten für gewisse Schwellenländer schwerwiegende Folgen haben.

Auch die Flüchtlingskrise, mit der Kontinentaleuropa zurzeit konfrontiert ist, stellt ein Risiko dar. Selbst wenn sich diese Krise auf kurze Sicht positiv auf die Konjunktur auswirken kann, besteht doch das Risiko, dass die politischen Schwierigkeiten in der EU, etwa eine gemeinsame und dauerhafte Lösung zu finden, zu einer erhöhten wirtschaftlichen Verunsicherung beitragen und das Investitionsklima in Europa belasten.

Des Weiteren erhöht der mögliche Austritt von Grossbritannien aus der Union („Brexit“) die Unsicherheit über die politische und wirtschaftliche Stabilität der Europäischen Union. Sowohl die Flüchtlingskrise als auch der «Brexit» könnten den Euro schwächen und den Aufwertungsdruck auf den Franken verstärken. Ausserdem erschwert die Ungewissheit im Zusammenhang mit dem «Brexit» eine rasche Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, was zusätzlich zur Unsicherheit beiträgt und Investitionsentscheide in der Schweiz negativ beeinflussen könnte.

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