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Die Preise auf dem Schweizer Immobilienmarkt sinken

Dienstag, 01.03.2016

Die Nachfrage nach Mietwohnungen dürfte 2016 stabil bleiben. Die Ertragsaussichten sinken allerdings. Die Nachfrage nach Geschäftsflächen geht weiter zurück. Einzig bei Wohneigentum bleiben Angebot und Nachfrage weitgehend im Gleichgewicht.

Immobilienanleger haben letztes Jahr von hohen Wertänderungsgewinnen profitieren können. Auf den Nutzermärkten sind dagegen wachsende Vermarktungsschwierigkeiten zu beobachten. Davon zeugen steigende Leerstände, rekordhohe Angebotsquoten und längere Insertionsdauern. Ökonomen der Credit Suisse erwarten, dass 2016 das Miet- und Gewerbeflächenangebot der Nachfrage davoneilt; die tiefen Zinsen sollen dazu kräftig beitragen. Denn aufgrund der vergleichsweise hohen Immobilienrenditen fliesst immer noch viel Kapital in die Immobilienentwicklung. Die daraus resultierenden Bestandesausweitungen scheinen die Flächennachfrage zunehmend zu überfordern, wie aus der Credit Suisse Studie zum Schweizer Immobilienmarkt 2016 hervorgeht.

Noch halten sich Angebot und Nachfrage auf dem Wohneigentumsmarkt das Gleichgewicht 

Die Nachfrage nach Mietwohnungen soll dank der Zusatznachfrage seitens der Flüchtlinge 2016 zahlenmässig zwar an das letzte Jahr anknüpfen können; die Ertragsaussichten dürften sich im Zuge eines sinkenden Zustroms von Arbeitsmigranten jedoch eintrüben. Daher würden in Zukunft vermehrt Eigenleistungen gefordert, um auf dem Immobilienmarkt die erhofften Renditen zu erzielen, warnen die Ökonomen der Credit Suisse.

Sie prognostizieren auch eine schwächere Nachfrage auf den Geschäftsflächenmärkten. Dazu würden nicht zuletzt tiefgreifende Veränderungen aufgrund der digitalen Revolution beitragen. Einzig auf dem Wohneigentumsmarkt sollen Angebot und Nachfrage weitgehend im Gleichgewicht bleiben. Für Stress könnten nur steigende Zinsen oder demografische Effekte in einigen Jahren sorgen.

Tiefe Zinsen tragen den Keim des Abschwungs in sich

Die Negativzinsen haben den Bewertungen von Immobilien 2015 möglicherweise ein letztes Mal einen kräftigen Schub verliehen. Aufgrund der tiefen Zinsen konnten die Diskontsätze nochmals um 20-30 Basispunkte gesenkt werden, was den Investoren hohe Neubewertungsgewinne bescherte. 

Die glänzenden Resultate auf dem Anlagemarkt kontrastieren aber mit Signalen wachsender Ungleichgewichte auf den Nutzermärkten. Auf dem Mietwohnungsmarkt etwa steigen die Leerstände um mehr als 4000 Wohnungen pro Jahr. Die Vermarktung gestaltet sich zunehmend schwieriger; die Insertionsdauer von Mietwohnungen ist um 4 Tage auf 28 Tage angestiegen.

Der Mietpreisauftrieb dürfte fast vollständig zum Erliegen kommen

Die im Vergleich zu alternativen Anlagen hohen Immobilienrenditen lösen trotzdem eine starke Investitionstätigkeit aus. Deshalb entwickelt sich auch die Ausweitung der Nutzflächen ungebremst. Gemäss Einschätzung der CS-Ökonomen dürften im laufenden Jahr erneut 24'000 Mietwohnungen fertiggestellt werden. Ein Abebben der Bautätigkeit ist mit Blick auf die ungebrochene Dynamik bei den Baugesuchen nicht zu erwarten. 

Die geplante Ausweitung von Mietwohnungen wird 2016 die Zahl leerstehender Wohnungen um über 4000 erhöhen. Der Mietpreisauftrieb in der Schweiz dürfte damit fast vollständig zum Erliegen kommen.

Flüchtlinge stützen die Wohnungsnachfrage nur im untersten Preissegment

Die Ökonomen rechnen mit einem Stopp des Mietpreiswachstums, weil die Nachfrage nach Wohnraum durch Arbeitsmigranten nachlassen soll. Nachdem deren Zahl 2015 bereits um rund 10% abgenommen hat, rechnen die Ökonomen der Credit Suisse 2016 mit einem noch grösseren Rückgang des Erwerbstätigenzustroms. Den Grund dafür wiederum sehen sie im einbrechenden Beschäftigungswachstum.

Das Plus von 17'000 Flüchtlingen im Jahr 2015 (gemäss Staatsekretariat für Migration) und ein nicht minder grosser, erwarteter Zustrom im Jahr 2016 werden zeitlich verzögert wahrgenommen, so die Ökonomen. Dabei führe die Zusatznachfrage nach Mietwohnungen hauptsächlich im untersten Preissegment zu wachsenden Anspannungen.

Geschäftsflächenmarkt steht im Zeichen digitaler Veränderung

Für den Büroflächenmarkt erwarten die Ökonomen der Credit Suisse für 2016 aufgrund von Nullwachstum bei der Beschäftigung eine äusserst schwache Nachfrage. Während wichtige Akteure wie die Finanzdienstleister mit einem Strukturwandel kämpften, sähe sich der gesamte Dienstleistungssektor aufgrund der digitalen Revolution neuen Herausforderungen ausgesetzt.

Die Verlagerung administrativer Supportfunktionen in Niedriglohnländer (Offshoring) ist dank der Digitalisierung heute einfacher. Grossunternehmen haben bereits Zehntausende von Stellen ausgelagert. Das Offshoring dürfte aufgrund der Frankenstärke vermehrt auch bei Mittel- und Kleinbetrieben Schule machen, was die Nachfrage nach Büroflächen in der Schweiz senkt. Ein Bedarf, der bereits durch die Flexibilisierung der Arbeit (Desksharing, Home office, Third places) geringer ausfällt.

Geplante Flächenausweitung dürfte Ungleichgewichte auf dem Büroflächenmarkt wieder verschärfen

Die Digitalisierung bietet allerdings auch Potenzial für neue Büroarbeitsplätze und sie verändert die Nachfragebedürfnisse. Die von Negativzinsen gebeutelten Investoren planen daher weitere Büroflächen. Sie verlagern ihre Investitionen verstärkt in die mittelgrossen Zentren (wie z.B. Zug, Aarau, St. Gallen und Lugano), wo noch tiefere Angebotsquoten vorherrschen.

Nach einer Stabilisierung des Überangebotes im letzten Jahr dürfte eine über das historische Mittel gestiegene geplante Flächenausweitung die Ungleichgewichte auf dem Büroflächenmarkt 2016 wieder verschärfen. Weder bei den steigenden Leerständen noch den sinkenden Mieten rechnen die Ökonomen der Credit Suisse in den kommenden Quartalen daher mit einer Trendwende.

Umbruch im Verkaufsflächenmarkt hat erst begonnen

Fest im Griff der Digitalisierung befindet sich auch der vom Onlinehandel bedrängte Verkaufsflächenmarkt. Dessen Umbruch scheint erst begonnen zu haben, denn im Vergleich zum Ausland steckt der Onlinehandel hierzulande mit einem Marktanteil von knapp 6% noch in einer frühen Entwicklungsphase. Ein schrittweises Angleichen an Marktanteile um 10%, wie sie in Ländern mit ähnlicher Internetinfrastruktur üblich sind, dürfte die Flächenproduktivität im stationären Handel noch mehr unter Druck setzten und die Flächennachfrage reduzieren.

Einer der wenigen Lichtblicke sind die Nachfrageimpulse die sich aufgrund des anhaltend robusten Bevölkerungswachstums bei den Food-/Near-Food-Detaillisten einstellen. Abgesehen davon fokussiert sich die Nachfrage auf die besten Lagen an hochfrequentierten Einkaufsstrassen und gut geführten Einkaufszentren. Dort vermag sich der stationäre Handel am besten gegenüber der Onlinekonkurrenz zu behaupten.

Trend der Ladenschliessungen, steigender Leerstände und sinkender Mieten hält an

Abgesehen von diesen Lagen gestaltet sich die Flächenvermarktung jedoch schwierig. Die Ökonomen der Credit Suisse erwarten daher für die nächsten Jahre keine Veränderung des Trends anhaltender Ladenschliessungen, steigender Leerstände und sinkender Mieten.

Wohneigentümer sind heute im Durchschnitt bereits 57 Jahre alt

Eine stark dämpfende Wirkung auf den Erwerb von Wohneigentum haben gemäss den Ökonomen der Credit Suisse die (Selbst-)Regulierungsmassnahmen und die damit einhergehenden höheren finanziellen Anforderungen. Die Ökonomen rechnen für 2016 mit einer fortgesetzten Beruhigung des Wohneigentumsmarktes. Diese dürfte sich landesweit in einem zwar positiven, aber nur noch schwachen Preiswachstum von weniger als 1% äussern. Die Preiskorrektur in der Westschweiz dürfte sich fortsetzen, allerdings nicht weiter verschärfen, sind doch die Rahmenbedingungen für Wohneigentum immer noch attraktiv.

Die Nachfrage wird jedoch immer stärker von Personen getragen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden, wie eine Strukturanalyse zeigt. Wohneigentümer sind heute im Durchschnitt bereits 57 Jahre alt. Mit dem Älterwerden der finanziell gut situierten Babyboomer-Generation und deren längerer Lebensdauer dominieren immer mehr ältere Haushalte das Wohneigentum.

Ab 2018 dürfte Nachfrage nach Wohneigentum um bis zu ein Drittel sinken

Junge Haushalte dagegen verharren auch aufgrund der hohen Eigentumspreise und der verschärften Regulierung länger in den Mietwohnungen. Zwischen den Generationen tut sich folglich ein wachsender Graben auf. Der Wohneigentumsmarkt wird als Folge davon – spätestens wenn hinter den Babyboomern die geburtenarmen Jahrgänge folgen – einem Stresstest unterzogen. Ab 2018 rechnen die Ökonomen der Credit Suisse mit einer Demografie bedingten schwächeren Nachfrage, die nach einigen Jahren um bis zu ein Drittel tiefer ausfallen könnte als noch heute.

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