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Die Pensionskassen werden künftig tiefere Renten auszahlen

Dienstag, 24.05.2016

Schweizer Pensionskassen treffen in Anbetracht der steigenden Lebenserwartung und der herausfordernden Kapitalmärkte Massnahmen. Sie senken die technischen Zinssätze ebenso wie die Umwandlungssätze kontinuierlich, wie eine Studie belegt.

Schweizer Pensionskassen haben nach der Aufhebung des Euromindestkurses und der Einführung von Negativzinsen 2015 eine durchschnittliche Rendite von 1.13% erwirtschaftet; 2014 betrug diese noch 7.13%. Das angespannte Anlagejahr 2015 hat zu höheren Risikopositionen in der Vermögensallokation geführt. Es hat die Pensionskassen im Vergleich zum Vorjahr zudem Deckungsgrade gekostet, wie aus der jährlich durchgeführten Umfrage der Swisscanto Vorsorge AG durch die Zürcher Kantonalbank hervorgeht. Othmar Simeon, Leiter der Swisscanto Vorsorge AG, beschwichtigt: «Trotz dem angespannten Anlagejahr 2015 verfügen die meisten Pensionskassen mit etwa 10% noch über genügend Reserven, um auf kurz- und mittelfristige Schwankungen zu reagieren. Die Finanzierungssituation der Schweizer Pensionskassen ist damit derzeit stabil.»

Zwischen aktiv Versicherten und Rentnern besteht ein Ungleichgewicht

Das Altersguthaben der aktiven Beitragszahler wurde aufgrund der herausfordernden Kapitalmärkte 2015 zu durchschnittlich 2.03% verzinst; 2014 waren es noch 2.55% gewesen. Im Vergleich dazu beträgt die Verzinsung der Vorsorgekapitalien der Rentenbezüger 2.80%. Aus der Differenz der Verzinsungen resultiert ein Ungleichgewicht der aktiven Beitragszahler zugunsten der aktuell Pensionierten.

Während die Verpflichtungen gegenüber den aktuellen Rentenbezügern durch das Gesetz keine Anpassungen an das anhaltende Tiefzinsumfeld erlauben, erzielen die Vorsorgekapitalien keine hinreichende Rendite an den Kapitalmärkten, um den Verpflichtungen nachzukommen. Die entstehende Lücke veranlasst Pensionskassen, ihre in den guten Vorjahren geäufneten Reserven zu nutzen.

Pensionskassen müssen Leistungen bei den aktiv Versicherten nach unten anpassen

Nebst den gesicherten Renten profitieren die Rentenbezüger aktuell zusätzlich von der negativen Teuerung, die Kaufkraft der Rente hat sich in den letzten fünf Jahren erhöht. Es findet eine Umverteilung zulasten der aktiven Beitragszahler statt. Der Druck auf die Pensionskassen, die Leistungen bei den aktiv Versicherten nach unten anzupassen, erhöht sich.

Die Renten werden künftig sinken

Die Studie zeigt, dass sowohl die privat- als auch öffentlich-rechtlichen Institutionen auf die ständig steigende Lebenserwartung sowie die herausfordernden Kapitalmärkte reagieren. So korrigierten die Kassen unter Druck der zunehmenden Umverteilung und in Erwartung tieferer Renditen die technische Verzinsung der Altersguthaben weiter nach unten. Durch die Senkung des technischen Zinssatzes wird die Sollrendite geringer. Ziel der Kassen ist es dank einer niedrigeren Sollrendite ihren Deckungsgrad und damit die Reserven zu halten. Seit 2007 haben privatrechtliche Pensionskassen im Beitragsprimat ihren technischen Zinssatz von 3.51% auf 2.47% gesenkt, die öffentlich-rechtlichen von 3.69% auf 2.74%.

Der rückläufige Trend des technischen Zinssatzes wirkt sich auf den Umwandlungssatz aus. Seit 2002 sank der Umwandlungssatz kontinuierlich. Im Jahr 2016 beträgt dessen Mittelwert für Männer bei einer Pensionierung mit 65 Jahren 6.13%, gegenüber 7.13% im Jahr 2002.

Spannungsfeld zwischen der Aktiv- und der Passivseite wird sich weiter akzentuieren

Eine weitere Massnahme zur Sicherung der Finanzierungssituation ist schliesslich die Erhöhung des Rentenalters. Derzeit haben rund 90% der Pensionskassen das Rücktrittsalter für Männer auf 65 Jahre festgesetzt. Für 31% der Frauen ist heute das Rücktrittsalter 65 Fakt.

René Raths, Leiter Pensionskassen bei der Zürcher Kantonalbank ist überzeugt, dass die Vorsorgeinstitute den technischen Zinssatz und den Umwandlungssatz auf ein richtiges Mass gesenkt haben. Dennoch geht er davon aus, dass sich das Spannungsfeld zwischen der Aktiv- und Passivseite langfristig weiter akzentuieren wird; er rechnet daher mit zusätzlichen Anpassungen – auch auf gesetzlicher Seite.

Anlagestrategien werden risikoreicher

Im Anlagejahr 2015 erzielten die Pensionskassen eine Performance von durchschnittlich 1.13% (Vorjahr: 7.31%). Die Vorsorgeeinrichtungen haben die durchschnittlich angestrebte Zielrendite von 3.9% somit deutlich verfehlt, ebenso wie die Mindestzinsvorgabe von 1.75% – trotz einer Zunahme der risikobehafteten Anlagen.

Zahlreiche Pensionskassen haben ihre Beteiligungen an Schweizer Obligationen reduziert und stattdessen vermehrt in Immobilien investiert; waren 2007 noch 17.1% der Pensionskassen-Assets in Immobilien investiert, so sind es 2015 bereits 21.9% gewesen.

Daneben finden eine Diversifikation in Alternative Anlagen und ein Anstieg der Aktienquote statt. Alternative Anlagen nehmen in einem durchschnittlichen Portfolio heute 6.1% (Vorjahr: 5.4%) ein. Laut Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank, bedingt das Tief- bzw. Negativzinsumfeld zunehmend eine aktive Bewirtschaftung der Vorsorgegelder. Die Suche nach angemessenen Renditen gehe zunehmend mit der Hinwendung zu risikoreicheren, komplexeren Anlageklassen einher.

Über die Studie

Die «Schweizer Pensionskassenstudie 2016» verzeichnet eine Rekordteilnahme von 467 Vorsorgeeinrichtungen (Vorjahr: 437). Deren Vorsorgevermögen beträgt insgesamt 581 Milliarden Franken (Vorjahr: 560 Mrd. Franken). Die teilnehmenden Kassen stehen für 3,4 Millionen Versicherte, 2,6 Millionen Aktive und 800‘000 Rentenbezüger. Die Umfrageergebnisse repräsentieren rund ein Viertel der privaten und rund drei Viertel der öffentlich-rechtlichen Pensionskassen mit zwei Dritteln aller Destinatäre. Gemessen an der Bilanzsumme bringen die Teilnehmer gut 80% der in der Schweiz aufgeführten Vor-sorgevermögen zusammen.

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