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Die Nationalbank hält an ihrer Geldpolitik fest

Freitag, 02.10.2015

Die Aufhebung des Mindestkurses hat den Wert des Frankens steigen lassen. Der Negativzins hat die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt sinken lassen. Die Hypothekarsätze sind leicht gestiegen. Damit haben sich die Vorzeichen für die Schweizer Wirtschaft und die Geldpolitik jedoch nicht geändert, sagt die SNB.

Die aktuelle Situation ist für die Schweiz und ihre Wirtschaft in verschiedener Hinsicht aussergewöhnlich. Die deutliche Überbewertung des Frankens und die sehr tiefen bzw. negativen Zinsen stellen die Wirtschaftsakteure und Behörden vor grosse Herausforderungen. Die Nationalbank ist in diesem Umfeld besonders gefordert, stellt ihre Geldpolitik deswegen jedoch nicht unter fundamental neue Vorzeichen, wie Fritz Zurbrügg, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB), in einer Rede anlässlich der KOF Prognosetagung äusserte.

Äusseres Umfeld hat zu äusserst tiefen Zinsen in der Schweiz geführt

Als kleine und mit dem Ausland stark vernetzte Volkswirtschaft sei und bleibe die Schweiz in hohem Mass von den wirtschaftlichen Entwicklungen im Ausland abhängig. Diese Entwicklungen könnten einerseits die aktuelle Frankenstärke erklären, andererseits seien sie auch Teil des Umfelds, das zu den äusserst tiefen Zinsen in der Schweiz geführt habe.

Sowohl die starke Währung als auch die tiefen Zinsen seien dabei keine neuen Phänomene, sondern traditionelle Merkmale der Schweizer Wirtschaft, die sich in der Vergangenheit positiv auf den Wohlstand ausgewirkt hätten, so Zurbrügg weiter.

Überbewertung des Frankens ist derzeit sehr ausgeprägt

Die nur schwache Erholung der Weltwirtschaft und die anhaltend grossen Unsicherheiten seit der Finanzkrise 2008 hätten dazu geführt, dass diese Merkmale aber in sehr ausgeprägter Form vorhanden seien. Die Schweizer Wirtschaft sei sich schwierige Wechselkursbedingungen gewöhnt und habe ihre Anpassungsfähigkeit immer wieder unter Beweis gestellt. Die Überbewertung des Frankens sei derzeit aber aussergewöhnlich ausgeprägt.

SNB greift bei Bedarf am Devisenmarkt ein

Die aktuelle Geldpolitik der SNB trage dieser schwierigen Lage Rechnung. Mit dem Negativzins auf Sichtguthaben und der Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt einzugreifen, mache die SNB das Halten von Franken weniger attraktiv und unterstütze damit eine weitere Abschwächung des Frankens. Gleichzeitig beobachte die SNB die Auswirkungen der tiefen Zinsen auf die Finanzstabilität weiterhin sorgfältig.

Ausländische Wirtschaftsentwicklung ist für Exporteure entscheidender als der Wechselkurs

Entgegen den Zinsen am Schweizer Geld- und Kapitalmarkt, die weiter gesunken seien, teilweise auch in den negativen Bereich, seien die Hypothekarsätze leicht gestiegen, wie Zurbrügg unterstrich. Auf den ersten Blick schienen sich die Vorzeichen für die Schweizer Wirtschaft und die Geldpolitik damit fundamental geändert zu haben.

Es sei unbestritten, dass viele Unternehmen und Betriebe unter der Frankenstärke litten. Die Aufwertung seit 2007 stelle sogar die Aufwertungsschocks früherer Jahrzehnte in den Schatten. Ein starker Franken per se bedeute allerdings kein neues Vorzeichen für die Schweiz. Zudem sei für die Exporteure die Wirtschaftsentwicklung im Ausland noch entscheidender als der Wechselkurs.

Die SNB gehe davon aus, dass die internationale Konjunktur weiterhin moderat anziehen werde, unterstützt von der expansiven Geldpolitik und den tieferen Rohstoffpreisen. Dies sollte dazu beitragen, die negativen Auswirkungen des starken Frankens auf die Schweizer Wirtschaft zu lindern.

Aktuelle Geldpolitik trägt der schwierigen Lage der Wirtschaft Rechnung

Als Folge des Negativzinses der SNB habe am Geld- und Kapitalmarkt bei vielen Zinssätzen das Vorzeichen gewechselt – aber nur mathematisch betrachtet, wie Zurbrügg betonte. Der Negativzins habe umgekehrt auch eine Rückkehr zu normaleren Verhältnissen ermöglicht; die traditionelle Zinsdifferenz gegenüber dem Ausland habe sich wieder eingestellt. Sie sei zuvor fast ganz verschwunden, hätten die Zentralbanken der meisten Industrieländer ihren Leitsatz doch gegen null gesenkt. Die Zinsdifferenz mache den Franken für Anleger weniger attraktiv. Zusammen mit der Bereitschaft der SNB, bei Bedarf am Devisenmarkt einzugreifen, unterstütze der Negativzins somit die weitere Abschwächung des Frankens. Auf diese Weise trage die aktuelle Geldpolitik der schwierigen Lage der Schweizer Wirtschaft Rechnung, gab sich Zurbrügg überzeugt.

Wettbewerb am Hypothekarmarkt geht zulasten des Eigenkapitals der Banken

Trotz des leichten Anstiegs der Hypothekarzinssätze sei der Negativzins kein Mittel zur Bekämpfung der Ungleichgewichte am Schweizer Immobilien- und Hypothekarmarkt, wie Zurbrügg mahnte. Im Gegenteil: Das aktuelle Tiefzinsumfeld könne die Risiken für die Finanzstabilität sogar weiter erhöhen.

Die sehr tiefen Zinsen könnten erstens Anleger dazu bewegen, vermehrt Immobilieninvestitionen zu tätigen und damit insbesondere die Preise im Segment der Wohnrenditeliegenschaften nach oben zu treiben. Ein zweites Risiko liege darin, dass Banken mehr langlaufende Kredite vergeben würden, um dem Margenschwund entgegenzutreten. Dadurch vergrösserten sich aber die Fristeninkongruenz und somit die Zinsänderungsrisiken der Bankbilanzen. Drittens könnten Anbieter, die keine Banken seien, im Tiefzinsumfeld den Wettbewerb am Hypothekarmarkt verschärfen. Dies wiederum ginge zulasten der Margen, des Gewinns und letztlich des Eigenkapitals der Banken.

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