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Die Kunden sind mit den klassischen Banken zunehmend unzufrieden

Montag, 17.10.2016

Die Bankenbranche leidet unter Image-Problemen. So hat jeder dritte Kunden heute weniger Vertrauen in die Banken als vor einem Jahr. Online- und Mobile-Banking nehmen zu. Digitale Angebote sind jedoch verbesserungswürdig, sagt eine Studie.

Der Vertrauensverlust in die Bankbranche hält an: In der Schweiz sagt knapp jeder dritte (30%) Bankkunde, dass sein Vertrauen in den vergangenen zwölf Monaten gesunken ist. Gestiegen ist es nur bei 11%, wie eine weltweite Umfrage des Beratungsunternehmens EY ergeben hat. Schweizer Bankkunden sind damit etwas skeptischer als die Bankkunden weltweit, wo das Vertrauen bei jedem Vierten gesunken ist. 

Der Vertrauensverlust ergibt sich aus dem Saldo aus «gesunken» und «gestiegen». Er liegt in der Schweiz mit einem Wert von 20 im westeuropäischen Mittelfeld. In Westeuropa ist er bei den schwer von der Finanzkrise getroffenen und stark verunsicherten Ländern Italien und Spanien (47 und 30) aber auch in Deutschland und Schweden (26 und 24) noch höher.

Vertrauen in die Hausbank ist hoch

Auf ihr eigenes Finanzinstitut vertrauen die Schweizer dagegen in hohem Masse. Mehr als 57% vertrauen ihrer Hausbank voll und ganz. Damit liegt die Schweiz hier vor allen anderen westeuropäischen Ländern. Weltweit sagen das nur 40% der Kunden von sich. Auch würden mit 83% mehr Schweizer Kunden ihre Hausbank weiterempfehlen als das im westeuropäischen Durchschnitt der Fall ist (72%).

Kunden sehen Banken als wichtige Finanzdienstleister

Eine weitere gute Nachricht für die Schweizer Banken: Ihre Relevanz für die Kunden ist immer noch sehr hoch. Vier von fünf Schweizern sehen in der klassischen Filialbank weiterhin ihren wichtigsten beziehungsweise primären Finanzdienstleister, nur bei wenigen ist das eine online Direktbank (6%) oder ein anderer Anbieter, sogenannte Non-Banks (14%). Ausserdem sind die Schweizer, mehr als Kunden anderer Länder, davon überzeugt, dass ihr Geld bei der Bank sicher ist und dass sie von der Bank unvoreingenommen beraten werden. 58% beziehungsweise 40% der Befragten hierzulande können diesen Aussagen voll zustimmen. Weltweit liegt der Anteil bei 48% beziehungsweise 26%.

Banken reagieren zu wenig rasch auf Anfragen und verstehen Kundenprobleme zu wenig

Aus diesem Vertrauen machen die Banken jedoch noch zu wenig. So ist das Beste, was die Kunden in der Schweiz über ihre Hausbank sagen können, dass sie erreichbar ist. Etwas mehr als jeder zweite befragte Person stimmt dieser Aussage zu (57%). Allerdings findet weniger als ein Drittel der Kunden (31%), dass die Bank rasch auf Anfragen reagiert. Nur knapp jeder Vierte findet die Bank flexibel und 30% meinen, dass sie ihre individuellen Anforderungen versteht. Und nur jeder dritte Kunde ist der Ansicht, dass die Produkte und Dienstleistungen auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sind. 

«Fast ein Jahrzehnt nach Beginn der Finanzkrise hat es die Finanzbranche immer noch nicht geschafft, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen», beklagt Olaf Toepfer, Partner und Leiter Banking und Wealth Management bei EY Schweiz. Dabei stünden die individuellen Institute in Sachen Kundenvertrauen gerade in der Schweiz gut da. Dennoch gelinge es den Banken nicht, das Vertrauen der Kunden mit entsprechender Beratung zurückzuzahlen. «Das ist gefährlich – denn Direktbanken und Non-Banks machen den traditionellen Instituten zunehmend Konkurrenz», so Toepfer.

Online- und Mobile-Banking nehmen zu

Die neuen Konkurrenten im Markt haben den Vorteil, dass sie ihre Produkte zum vornherein auf die veränderten Kundenbedürfnisse zuschneiden könnten. Das betreffe vor allem die digitalen Technologien, die für die Abwicklung von Bankgeschäften immer wichtiger würden.

So sagt jeder dritte Bankkunde in der Schweiz, dass er im vergangenen Jahr häufiger Online-Banking genutzt hat als zuvor. 18% haben mehr Bankgeschäfte über mobile Endgeräte erledigt. Weltweit sind die Kunden aber noch technikaffiner. 41% nutzten häufiger Online-Banking, 33% Mobile-Banking.

Gerade im Mobile-Banking ist gemäss E&Y noch viel Luft nach oben. Während drei von vier Kunden im vergangenen Jahr online über ihren Computer Bankgeschäfte tätigten, nutzten nur 25% ihr Smartphone und 22% ihr Tablet. Weltweit liegt der Anteil beim Online-Banking in etwa gleichauf. Weltweit nutzt allerdings schon die Hälfte der Kunden ihr Smartphone für Bankgeschäfte und immerhin 30% das Tablet. Bei den Bezahlmöglichkeiten von morgen gehen Schweizer Kunden ebenso wie Kunden weltweit davon aus, dass sie dies in Zukunft viel häufiger mit dem Mobiltelefon machen werden.

Digitalangebot der Schweizer Finanzbranche hinkt anderen Branchen hinterher

Gleichzeitig wird das Online- und Mobileangebot der Bankenbranche hierzulande deutlich schlechter bewertet als weltweit. Befragt nach dem über alle Branchen hinweg besten digitalen Leistungsangebot nennen in der Schweiz nur 35% die Finanzbranche. Damit landet sie auf dem dritten Platz hinter Reiseanbietern und der Unterhaltungsbranche, aber vor der Telekommunikation und dem Einzelhandel. Weltweit schätzen Bankkunden das Digitalangebot der Finanzbranche etwas besser ein: Für 44% bietet sie das beste Leistungsangebot. Nur Reiseanbieter und die Unterhaltungsbranche mit jeweils 48% schneiden besser ab. 

Haben traditionelle Filialbanken ausgedient?

«Bei den traditionellen Filialbanken sollten die Alarmglocken läuten», warnt Toepfer. Beim so wichtigen Zukunftsthema Digitalisierung würden ihre Leistungen hierzulande als ungenügend wahrgenommen. Die Abwicklung von Bankgeschäften über Smartphone oder Computer sei einfach und spare Zeit und Geld. Voraussetzung sei, dass die technischen Lösungen einwandfrei funktionierten, intuitiv genutzt werden könnten und vor allem sicher seien. Hier müssten die Institute dringend attraktive Lösungen entwickeln. Und sie müssten rasch reagieren, um zu verhindern, dass Direktbanken und Nicht-Banken Geschäftsopportunitäten nutzen können.

Ein Drittel der Schweizer bezieht Finanzprodukte von Nicht-Banken

Bereits 31% der Schweizer Bankkunden haben in den vergangenen 12 Monaten Finanzprodukte online ober mobil von einem anderen Dienstleister als einer Bank bezogen. Attraktivere Gebühren, eine bessere Online-Erfahrung, ein einfaches Erstellen der Accounts sowie Zugang zu verschiedenen Produkten werden als Gründe genannt. In der Schweiz, wie auch weltweit, betrachten bereits 14% der Befragten einen Nichtbank-Finanzdienstleister als ihren «primären» Finanzdienstleister. Sechs Prozent der Schweizer betrachten eine Direktbank als ihren primären Finanzdienstleister und damit liegt die Schweiz noch deutlich hinter Westeuropa, wo dies bereits bei 11% der Befragten der Fall ist.

Banken müssen Partnerschaften eingehen

«Die klassischen Banken haben noch einen Vertrauensvorschuss. Darauf müssen sie nun rasch aufbauen, um auch künftig konkurrenzfähig zu sein», sagt Toepfer abschliessend. Sie müssten neue und innovative Produkte anbieten. Partnerschaften mit oder Übernahmen von FinTechs könnten ihnen dabei helfen. Big Data liefere schon heute Lösungen, um die Kundenwünsche besser nachvollziehen zu können. Von ihrer Hausbank erwarteten die Kunden, dass sie sie verstehe und auf ihre Wünsche eingehe. Daran würden sich die Banken messen lassen müssen.

Über die Studie

Es handelt sich hierbei um die Ergebnisse einer Befragung von 52‘000 Bankkunden weltweit, davon mehr als 1‘500 in der Schweiz. Sie wurde von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY durchgeführt.

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