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Die KOF korrigiert ihre Wachstumsprognose für die Schweizer nach unten

Freitag, 23.06.2017

Die Weltwirtschaft legt zu. Das sollte auch der Schweizer Wirtschaft zu mehr Schwung verhelfen. Dennoch korrigieren die KOF-Konjunkturforscher das prognostizierte Wirtschaftswachstum für 2017 von 1.5% auf 1.3%.

Die Weltwirtschaft hat im zweiten Halbjahr 2016 kräftig zugelegt. Anfang dieses Jahres hat sich die konjunkturelle Dynamik allerdings verlangsamt. Gründe dafür waren insbesondere die wirtschaftliche Abschwächung in den USA und im Vereinigten Königreich. In den übrigen grossen Volkswirtschaften setzte sich die gute konjunkturelle Entwicklung hingegen fort.

Der Euroraum befindet sich weiterhin in einem Aufschwung. Die gesamtwirtschaftliche Produktion expandiert kräftig, sowohl in Deutschland, Frankreich und Spanien, als auch in den Niederlanden und Portugal. Selbst in Italien fasst die Erholung wieder Tritt.

Die chinesische Volkswirtschaft verbuchte im 1. Quartal 2017 einen verhältnismässig geringen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts. Verschiedene Monatsdaten deuten allerdings auf eine hohe Dynamik im 1. Quartal hin, wie die Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle KOF in ihrer Konjunkturprognose Sommer 2017 schreiben.

Aufschwung der Weltwirtschaft gewinnt an Breite

Die Ökonomen gehen davon aus, dass der Aufschwung der Weltwirtschaft in den kommenden Quartalen zusätzlich an Breite gewinnen dürfte. Von den entwickelten Volkswirtschaften, allen voran der EU, erwarten sie weiterhin deutliche Impulse für die Weltwirtschaft.

Die Wirtschaft in den USA wird nach dem verhaltenen 1. Quartal wieder stärker expandieren, sind die Ökonomen überzeugt. Ein gemischtes Bild liefern dagegen die Schwellenländer: Die Erholung in Russland soll sich zwar fortsetzen. Auch in Lateinamerika sollen sich die wirtschaftlichen Erwartungen langsam aufhellen. Die Lage in Brasilien dürfte jedoch prekär bleiben, und auch in China hat die starke konjunkturelle Dynamik wohl ihren Zenit überschritten, so die KOF. Sie geht von einer graduellen Verflachung in den kommenden Quartalen aus. Gleichwohl soll die Wirtschaft Chinas angesichts einer hohen Verschuldung einem deutlichen Abwärtsrisiko ausgesetzt sein.

Schweizer Wirtschaftsverlauf nimmt Fahrt auf

Die Schweizer Wirtschaft dürfte vom globalen Aufschwung profitieren. Der Wirtschaftsverlauf nimmt laut den KOF-Ökonomen wieder Fahrt auf und die von der Aufwertung des Frankens am stärksten betroffenen Unternehmen haben sich weitgehend den geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Dank häufiger Interventionen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist eine erneute Aufwertung des Frankens vermieden worden. Die KOF rechnet für ihre Prognose mit einem Frankenkurs von 1.09 CHF/EUR für die kommenden Monate.

Exportwirtschaft profitiert

Die Exportwirtschaft profitiert von der jüngsten Entspannung des Schweizerfrankens sowie der guten internationalen Konjunktur und kann ihre Margen geringfügig verbessern. Die KOF erwartet ein Exportwachstum von 2.9% in diesem und 3.3% im kommenden Jahr. Mit den Exporten ziehen auch die Importe langsam an (2017: 2.2%, 2018: 4.1%).

Die Ausrüstungsinvestitionen sind von starken Sondereffekten, wie dem Import von Flugzeugen, geprägt. Sie bleiben insgesamt aber schwach (2017: -0.2%, 2018: 0.2%). Die Bauinvestitionen erholen sich langsam und wachsen in diesem Jahr um 1.2% (2018: 2.2%).

Schweizer Wirtschaftswachstum dürfte geringer als erwartet ausfallen

Insgesamt rechnet die KOF mit einem Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) in diesem Jahr von 1.3%. Dies entspricht einer Revision nach unten gegenüber der vorhergehenden März-Prognose (1.5%).

Die Einschätzung der KOF der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung ist aber eher leicht positiver; die Revision der Jahreswachstumsrate ist auf den gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schwachen Verlauf im 1. Quartal dieses Jahres zurückzuführen. Für 2018 prognostiziert die KOF bei annähernd gleichbleibender Konjunkturlage eine Wachstumsrate von 2.1%.

Inflation zieht an

Nach fünf Jahren rückläufiger Konsumentenpreise beginnen diese langsam wieder zu steigen (2017 und 2018: 0.3%). Der Anstieg ist aber so gering, dass eine Verschärfung der Geldpolitik unwahrscheinlich ist. Eine solche würde wohl auch einen Abbau der Devisenreserven der SNB verunmöglichen und eher erneute Devisenkäufe nach sich ziehen.

Zinsen bleiben unverändert

Die Kurzfristzinsen werden sich daher nicht verändern; die längerfristigen Zinsen nur leicht. Erst wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik restriktiver gestaltet, wird die SNB die Möglichkeit in Betracht ziehen, ihre Politik restriktiver auszurichten. 

Beschäftigungsanstieg dürfte schwach ausfallen

Die grössten Auswirkungen der mit dem SNB-Entscheid vom Januar 2015 erfolgten Aufwertung des Schweizerfrankens sind am Arbeitsmarkt sichtbar und diese Entwicklungen sind wohl auch noch nicht ganz abgeschlossen. Aufgrund der zunehmend positiven Meldungen vom Arbeitsmarkt erwartet die KOF zwar insgesamt keine Zunahme der Arbeitslosigkeit, aber auch keine Verringerung. Die Arbeitslosenquote dürfte somit gemäss Definition der International Labour Organization (ILO) dieses Jahr 4.9% und nächstes Jahr 4.8% betragen. Da der Druck zu weiteren Rationalisierungen in weiten Teilen der Wirtschaft bestehen bleibt, wird der Beschäftigungsanstieg schwach ausfallen.

Löhne legen kaum zu

Die geringe Teuerung sowie die reduzierten Margen in den meisten Branchen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Löhne. Deren Anstieg war bereits in den letzten Jahren gering oder inexistent. Aufgrund des Preisrückgangs waren die Reallohnzuwächse aber durchwegs positiv. Mit der erwarteten Rückkehr zu schwach steigenden Preisen wird der Reallohn im Prognosezeitraum geringfügig steigen. Das durchschnittliche Arbeitnehmereinkommen, das auch Strukturveränderungen und leistungsabhängige Lohnkomponenten miteinschliesst, wird etwas stärker steigen als der Schweizerische Lohnindex. Die Wachstumsraten bleiben gemäss aktuelle KOF-Prognose allerdings unter 1%.

Branchen profitieren unterschiedlich stark

Der Schrumpfungsprozess in vielen Industriebranchen dürfte langsam zu Ende gehen und die Branchen, denen es bisher relativ gut ging, werden ihre Produktion ausweiten können. Dies trifft in erster Linie für die pharmazeutische Industrie und die Medizinaltechnik zu, aber auch die chemische Industrie wird vom besseren Wirtschaftsgang in der EU profitieren. Die Uhrenindustrie ist dagegen stärker von den Fernmärkten abhängig, deren Wachstum etwas nachgelassen hat. Trotzdem erachtet die KOF einen weiteren Rückgang der Wertschöpfung in dieser Branche als unwahrscheinlich. Vielmehr geben die letzten Ausfuhrzahlen Anlass zu vorsichtigem Optimismus.

Finanzindustrie dürfte wieder zulegen

Innerhalb der Dienstleistungsbranchen dürfte die Finanzindustrie wieder zulegen können. Der Margendruck wird aber voraussichtlich sowohl für die Banken als auch für die Versicherungen bestehen bleiben.

Der Gesundheitssektor wird aufgrund des Bevölkerungswachstums und der zunehmenden Alterung der Bevölkerung sowie weiterer Fortschritte in der Medizin wie bislang stark wachsen.

Der Detailhandel tut sich dagegen immer noch schwer mit dem Strukturwandel und den grenzübergreifenden Einkäufen. Für den Einkaufstourismus ist aber zumindest keine weitere Zunahme zu erwarten. Der Grosshandel schneidet regelmässig besser ab als der Detailhandel, was zu einem grossen Teil auf den Transithandel zurückzuführen ist. Die Erträge im Transithandel schwanken stark und beeinflussen durch ihre Grösse die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten markant.

Strukturwandel zeigt sich auch im Tourismus

Die Bauwirtschaft hat die vergangenen Krisenjahre gut überstanden. Eine starke Ausweitung der Bautätigkeit ist jedoch nicht zu erwarten. Der durch den Wechselkurs stark gebeutelte Tourismus kann gemäss der aktuellen Prognose insgesamt etwas zuversichtlicher in die Zukunft blicken, aber auch hier zeigt sich schon seit Längerem ein wohl irreversibler Strukturwandel: weg von der klassischen Tourismusnachfrage in den Berggebieten hin zu den Städten.

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