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Die internationalen Finanzmärkte sind weiter am Trudeln

Mittwoch, 10.02.2016

Die Finanzmärkte sind seit Anfang 2016 im Abwärtssog. Die Anleger sorgen sich, wie robust die Weltwirtschaft tatsächlich ist. Analysten vergleichen die Krise mit früheren Finanzmarktkrisen, als die Aktienmärkte um 20% einbrachen.

«An den Finanzmärkten begann die Woche mit starken, durch die Reduzierung von Risiken bewirkten Bewegungen in allen Anlagekategorien», schreibt die Credit Suisse in ihrem Anlagekommentar vom Dienstag. So sind die Benchmarkrenditen bei Staatsanleihen drastisch zurückgegangen. Die Rendite von 10-jährigen US-Treasurys etwa erreichte 1.75% und stand damit auf dem tiefsten Niveau seit Februar 2015, bevor die US-Zentralbank (Fed) mit der Zinsnormalisierung begonnen hat. Bei Unternehmensanleihen weiteten sich die Spreads aus, der stärkste Druck herrschte aber auf die Anleihen von Banken in der europäischen Peripherie.

Schweizer Aktienmarkt erreichte das Zweijahrestief

«Dies widerspiegelt sich auch auf dem Aktienmarkt», fährt die Credit Suisse fort… Hier büssten Italien und Spanien 4.5% bzw. 4.4% ein. Das Schlusslicht bildeten Finanztitel mit einem Rückgang um 4.8%, während defensive Sektoren, etwa Konsumverbrauchsgüter und Gesundheitswesen, besser abschnitten als der Marktindex. Dennoch verloren auch sie über 2%.

Der Schweizer Aktienindex SMI blieb davon nicht verschont. Er brach zwischen Freitagabend und Dienstagmittag um mehr als 2% ein und fiel unter die Grenze von 7‘600 Punkten. Damit landete er auf dem tiefsten Niveau seit über zwei Jahren. Seit Anfang Jahr hat der SMI rund 12% an Wert eingebüsst.

Robustheit der Weltwirtschaft steht im Zentrum

Die internationalen Aktienmärkte legten bereits letzte Woche den Rückwärtsgang ein, nachdem sie sich in den zwei Handelswochen zuvor etwas erholt hatten. «Die Sorgen der Anleger sind dabei nicht neu und drehen sich vor allem um die Frage nach der Robustheit der Weltwirtschaft», wie Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) schreiben. Insbesondere die Lage in China und die weitere Entwicklung des Wechselkurses bereite den Anlegern Kopfzerbrechen.

Immer mehr stehe aber auch die Frage im Raum, ob der Motor der Weltwirtschaft, die USA, ins Stottern gerate. Zudem fragten sich die Investoren, ob der Preiszerfall bei den Rohwaren weitergehe und ob grössere Kreditausfälle vor der Türe stünden. Es sei nicht einfach, schlüssige Antworten auf diese Fragen zu geben, so die ZKB.

China bleibt ein Unsicherheitsfaktor

China bleibt aus Sicht der ZKB der grösste Unsicherheitsfaktor. Die ZKB-Analysten rechnen zwar lediglich mit einer Wachstumsverlangsamung, die Prognoseunsicherheit sei aber gross. Weitaus sicherer fühlen sie sich mit der Aussage, dass der US-Wirtschaft nicht so schnell „der Schnauf ausgehen“ werde. Die starke Beschäftigungszunahme generiere viel zusätzliches Einkommen und dürfte die Schwäche im Aussenhandel und bei den Investitionen mehr als kompensieren.

Bei den Rohwarenpreisen und insbesondere bei den Erdölpreisen sind die Schwankungen aber nach wie vor gewaltig. Dies zeige, wie wenig verlässliche die Marktteilnehmer die Lage einschätzen könnten. Rasch werde sich daran wohl nichts ändern.

Preiserholungen bei Rohstoffen stimmen leicht optimistisch

«Es mehren sich aber Stimmen, die davon ausgehen, dass das Schlimmste vorüber sein könnte», erklären die ZKB-Analysten optimistisch. Die Preiserholungen beim Erdöl und beim Industriemetall Kupfer in der vergangenen Woche werten sie zumindest leicht positiv.

Auch der Blick auf die US-Unternehmensresultate des Schlussquartals 2015 lässt eher Zuversicht als Furcht aufkommen, wie die Analysten meinen. Mittlerweile hätten mehr als die Hälfte der 500 grössten US-Unternehmen ihre Gewinnausweise veröffentlicht, wobei 72% der Unternehmen die Erwartungen der Analysten überträfen. «Das ist im langjährigen Vergleich eine hohe Anzahl positiver Überraschungen».

Gewinne haben sich gegenüber dem Vorjahresquartal rückläufig entwickelt

Allerdings solle nicht verschwiegen werden, dass sich die Gewinne insgesamt gegenüber dem Vorjahresquartal rückläufig entwickelten (-2.5%), und dies bereits das dritte Quartal in Folge. Klammere man aber die (schlechten) Resultate der Energieunternehmen aus der Betrachtung aus, lägen die Unternehmensgewinne leicht über dem Vorjahresstand (+0.5%).

Im Lichte aller Fakten und Unwägbarkeiten kommen die ZKB-Analysten zum Schluss, dass die Stimmung an den Aktienmärkten einseitig pessimistisch und die Chance auf eine Kurserholung deshalb gestiegen sei.

Analysten glauben nicht an eine rasche und kräftige Erholung

Sie erachten die happigen Preiseinbrüche an den internationalen Börsen seit Beginn des Jahres als übertrieben. «An eine rasche und kräftige Erholung glauben wir im Moment allerdings auch nicht», weshalb die ZKB-Analysten zu Geduld raten und an ihrer überdurchschnittlichen Aktienquote festhalten.

Globale Aktien stehen um fast 20% unter ihrem 2015-Hoch

In ihrem Anlagekommentar vom Mittwoch ziehen die Analysten der Credit Suisse vergleiche zu vergangenen Finanzmarktkrisen. «Bei Anlegen des MSCI AC World als Benchmark für globale Aktien sind die globalen Aktien seit April 2015 um 19% gefallen, was nur knapp unter dem Wert von 20% steht, der einen Bärenmarkt kennzeichnet». Die Grössenordnung des Rückgangs sei ähnlich wie zur Zeit des globalen Aktienmarkteinbruchs im Jahr 2011 während der europäischen Staatsanleihenkrise. Allerdings sei der Rückgang geringer als in der Rezession Anfang der 1990er Jahre und der Krise im Jahr 1998, die von einem russischen Zahlungsausfall und dem Zusammenbruch des LTCM-Hedge-Fonds ausgelöst worden sei. Die Aktienmärkte büssten in diesen beiden Perioden 24% ein.

Dennoch haben die Episoden Anfang der 1990er Jahre und in den Jahren 1998 und 2011 laut Credit Suisse ein gemeinsames Merkmal: Die Wachstumsangst und/oder Sorgen über die Bonität, die letztlich Druck auf die Banken ausgeübt habe. Dies sei heute ähnlich, weil die Ungewissheit über Ausfälle bei Energiekrediten bei Finanztiteln eine Verkaufswelle ausgelöst habe.

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