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Die EZB senkt den Leitzins für die Eurozone auf rekordtiefe 0.0%

Freitag, 11.03.2016

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag ein ganzes Bündel von geldpolitischen Lockerungsmassnahmen angekündigt, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Deflation zu bremsen. Sie senkt den Leitzins u.a. von 0.05% auf 0.00%.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik weiter drastisch gelockert und die Märkte damit überrascht. Wie sie am Donnerstag nach einer Sitzung des EZB-Rats ankündigte, senkt sie den Leitzins für die Eurozone von bisher 0.05% auf 0.00%. Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken bei ihr kurzfristig Geld ausleihen. Weiter senkt die EZB den Einlagenzins von -0.3% auf -0.4%. Banken, die bei der EZB überschüssige Geldreserven einlagern wollen, müssen künftig also mehr Minuszins zahlen.

EZB geht von keinen weiteren Zinssenkungen aus

Wie Analysten der Credit Suisse anmerken, habe die EZB ihre Formulierung, dass die Zinsen für einen längeren Zeitraum auf dem gegenwärtigen oder einem niedrigeren Niveau verbleiben würden, beibehalten. Daraus könne abgeleitet werden, dass weitere Zinssenkungen nicht auszuschliessen seien. EZB-Präsident Mario Draghi habe aber auch erwähnt, dass er nicht damit rechne, dass weitere Zinssenkungen notwendig würden.

Darüber hinaus habe Draghi angemerkt, dass die EZB von der Einführung eines gestaffelten Einlagensystems absehe, weil die Notenbank keine weitere Zinssenkung für die Zukunft signalisieren wolle. Laut der CS-Analysten ist das Bankensystem der Eurozone überdies so komplex, dass es die Einführung eines gestaffelten Einlagensystems verkompliziert hätte. Mit Blick auf die Zukunft rechnen die CS-Analysten damit, dass die EZB während der nächsten Sitzungen abwarten und sich auf die Umsetzung ihrer angekündigten Massnahmen konzentrieren wird.

Anleihenkaufprogramm wird von 60 auf 80 Milliarden Euro pro Monat ausgeweitet

Weitere angekündigte Massnahmen umfassen eine Ausweitung des bisherigen Anleihenkaufprogramms; die EZB will ab April 2016 monatlich für 80 Milliarden Euro (statt wie bisher für 60 Milliarden Euro) Wertschriften kaufen. Zudem will sie künftig auch Unternehmensanleihen am Markt aufkaufen. Das Programm soll laut Draghi mindestens bis März 2017 laufen. Obwohl die angekündigte Laufzeit damit nicht verlängert wurde, hat seine Ausweitung den Markt eindeutig positiv überrascht.

EZB-Billigkredite sollen Investitionen in die Wirtschaft ankurbeln

Die Notenbank lanciert zudem ein neues Programm, in dessen Rahmen sich Banken für vier Jahre mit Billigkrediten der EZB eindecken können. Die Zinsen für diese Kredite können negativ sein. Das bedeutet, die Banken würden daran verdienen, sich Geld zu leihen.

Mit dieser Massnahme will die EZB die Banken wohl dazu bringen, mehr Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Damit würden das Wirtschaftswachstum angekurbelt und die Konsumentenpreise wieder steigen. Die Konsumentenpreise in der Eurozone lagen im Februar 0.2% unter dem Vorjahreswert. Ein Grund dafür war der gesunkene Ölpreis. Doch selbst wenn man Energie- und Lebensmittel herausrechnet, lag die sogenannte Kerninflation nur bei 0.7%, wie Beobachter mahnen. Das ist weit entfernt von einer Inflationsrate von knapp 2%, die sich die EZB selbst als Ziel gesetzt hat.

Europäische Wertschriften wurden von Massnahmen vorerst beflügelt

Für die CS-Analysten ergeben sich aus den umfassenden geldpolitischen Lockerungsmassnahmen der EZB einige wichtige Schlussfolgerungen. Als besonders bedeutend erachten sie die Aufstockung des Anleihenkaufprogramms von 60 auf 80 Milliarden Euro monatlich und die Ausweitung dieser Käufe auf Investment-Grade-Unternehmensanleihen ausserhalb des Finanzsektors.

Durch die Ausweitung der Käufe sollten die Kreditrisikoaufschläge sinken, wie die Analysten annehmen. Dies untermauert ihre Bevorzugung von Investment-Grade- gegenüber Staatsanleihen. Die Liquiditätsmassnahmen sollten Aktien aus der Eurozone zudem beflügeln. Tatsächlich sprang der deutsche Aktienleitindex Dax unmittelbar nach Bekanntgabe des Massnahmenpakets um mehr als 2% nach oben. Die europäischen Märkte gaben die ersten Gewinne nach der EZB-Entscheidung allerdings wieder ab und schlossen im negativen Bereich.

Eurokurs dürfte sich wieder abschwächen

Durch die Senkung des Einlagensatzes auf -0.4% und die Ausweitung der Anleihenkäufe impliziere die EZB allerdings auch, dass die Zinsen in Europa voraussichtlich tief bleiben würden, wie die CS-Analysten ausführen. Dies bremse die Entwicklung der Einheitswährung gegenüber dem US-Dollar. Die CS-Analysten rechnen für den Euro-Dollarkurs während der kommenden Monate mit einem weiteren Seitwärtstrend in einer engen Bandbreite.

SNB dürfte am Devisenmarkt weiter intervenieren

In Bezug auf den Schweizer Franken bedeute eine erneute Euro-Schwäche, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) voraussichtlich weiterhin aktiv an den Devisenmärkten intervenieren werde. Angesichts der nur beschränkten Zinssenkung durch die EZB sollte die SNB aber in der Lage sein, ihren Leitzins unverändert beizubehalten, so die Analysten.

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