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Die demografische Entwicklung fördert die Rentenumverteilung von Jung zu Alt

Donnerstag, 14.11.2013

Herr und Frau Schweizer werden immer älter. Pensionskassen haben laut einer Studie aber nicht genügend Rückstellungen, um die künftig anfallenden Renten zu bezahlen. Das führt zu einer noch stärkeren Umverteilung von Aktiven zu Rentnern.

«Die Lebenserwartung von Schweizerinnen und Schweizern wurde bisher massiv unterschätzt», mahnt Peter Zanella, Leiter Retirement Solutions von Towers Watson in Zürich. «Das bedeutet in der Konsequenz, dass Pensionskassen nicht genügend Rückstellungen haben, um die künftig anfallenden Renten bis zum Lebensende zu bezahlen.» Weil die bereits gesprochenen Renten nicht gekürzt werden könnten, erfolge auch in der 2. Säule eine immer grösser werdende Umverteilung von den Aktivversicherten hin zu den Rentnern.

Diese Umverteilung falle auch immer mehr ins Gewicht, da die rekordtiefen Zinsen und die vorherrschende Unsicherheit an den Kapitalmärkten die Renditeaussichten längerfristig trübten, wie Zanella erklärt. Er sieht daher sowohl bei den Vorsorgeeinrichtungen wie auch auf politischer Ebene dringenden Handlungsbedarf.

«Wird jetzt nichts unternommen, müssen die Aktivversicherten die Renten im grösseren Ausmass querfinanzieren. Das entspricht weder der Generationengerechtigkeit noch ist das langfristig tragbar», warnt auch Ljudmila Bertschi, Pensionskassenexpertin bei Towers Watson.

Lebenserwartung ist deutlich höher als angenommen

Fortschrittliche Pensionskassen würden bereits heute mit Generationentafeln arbeiten, um die effektive Lebenserwartung für die Berechnung der künftig anfallenden Renten zu bestimmen. Ein Blick in die Statistiken der letzten 40 Jahre zeige jedoch, dass die Lebenserwartung deutlich höher liege als ursprünglich angenommen und linear steige. Statt um 1,1 Monate pro Jahr steige die Lebenserwartung in der Schweiz um 1,74 Monate pro Jahr. «Die durchschnittliche Lebenserwartung einer 65-jährigen Frau im Jahr 2030 kann statt 25.3 Jahre bis zu 32.2 Jahre betragen. Für die Differenz von fast sieben Jahren in diesem Beispiel verfügen die Pensionskassen aber nicht über genügend Rückstellungen», ist Zanella überzeugt.

Pensionskassen müssen hohe Renten länger zahlen

Zanellas Team hat nun ein sogenanntes stochastisches Sterblichkeitsmodell für die Schweiz entwickelt, das die potentielle Streuung der Lebenserwartung korrekt abbilde. Ein Blick über die Landesgrenzen zeige, dass dort bereits entsprechende Modelle genutzt würden.

Ausgerechnet hochqualifizierte Männer, die tendenziell höhere Renten bezögen, hätten eine um 20% tiefere Sterblichkeitsrate als der Durchschnitt. Das bedeute, dass Pensionskassen die hohen Renten länger bezahlen müssten als die tiefen; ein Risikoausgleich sei nur begrenzt möglich, führt Bertschi dazu aus. «Vorsorgeeinrichtungen müssen die Lebenserwartung angepasst auf ihren Versichertenbestand berücksichtigen. Denn ein Industriearbeiter hat eine andere Lebenserwartung als ein Akademiker oder Kaderleute», merkt sie an.

Ein Umdenken in der Vermögensbewirtschaftung soll Abhilfe schaffen

Eine Reduktion des Umwandlungssatzes und die Einführung variabler Renten würden den Einfluss der steigenden Lebenserwartung mildern, wie das Unternehmen propagiert. Beide Methoden gingen aber vollständig zu Lasten der Aktivversicherten.

Wirklich Abhilfe schaffe nur ein Umdenken in der Vermögensbewirtschaftung; es könne die Volatilität, die jeder Anlagestrategie inhärent sei, abfedern, so Bertschi weiter. «Ein systematisches Monitoring des Risikoverlaufs sowie eine adäquate dynamische Risikobudgetierung, die auch das Langleberisiko einbezieht, helfen eine Anlagestrategie aufzusetzen, die der spezifischen Situation der Pensionskasse Rechnung trägt. Hier muss in Zukunft viel dynamischer gedacht werden als es bisher der Fall war.»

Es braucht höhere Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge

Auch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge müssten steigen, damit die immer längeren Rentenzahlungen finanzierbar blieben, wie Bertschi glaubt. Sowohl Pensionskassen als auch die Politik seien gefordert, hier nach neuen Lösungen zu suchen und die 2. Säule wieder auf eine bessere Grundlage zu stellen.

Towers Watson ist eine Unternehmensberatungsgesellschaft die weltweit tätig ist. Mit rund 14 000 Mitarbeitenden entwickelt das Unternehmen Lösungen in den Bereichen betriebliche Altersversorgung und Nebenleistungen, Personal- und Vergütungsmanagement sowie Risiko- und Finanzmanagement, einschliesslich der Beratung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.

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