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Die Basler Ökonomen rechnen erst 2017 mit einem stärkeren Aufschwung

Freitag, 11.09.2015

BAKBASEL hat ihre Prognose für das Schweizer Wirtschaftswachstum 2015 von 0.6% auf 0.8% erhöht. Für 2016 senkt sie diese jedoch, von vormals 1.5% auf neu 1.2%. 2017 soll sich das Wachstum dann auf 2.3% beschleunigen.

Die volatile Entwicklung der Schweizer Konjunkturindikatoren wie PMI, Aussenhandel und Industrieproduktion zeigt, dass der Franken weiterhin eine grosse Belastung für die Schweizer Unternehmen darstellt. Dies dürfte mit einer gewissen Verzögerung vor allem die Investitionstätigkeit bremsen. Im zweiten Halbjahr 2015 rechnet die Konjunkturforschungsstelle BAKBASEL daher lediglich mit einer Stagnation der Schweizer Wirtschaft. Im kommenden Jahr dürfte die Konjunktur jedoch trotz der erwarteten Investitionsschwäche allmählich wieder an Schwung gewinnen, wie die Ökonomen hoffen. Sowohl die Belebung in den Industriestaaten als auch die unterstellte allmähliche Abwertung des Frankens sollen 2016 für Rückenwind sorgen. Auch der robuste private Konsum bleibt gemäss BAKBASEL eine wichtige Wachstumsstütze. Mit einem wirklichen konjunkturellen Aufschwung rechnen die Ökonomen jedoch erst 2017. Insgesamt rechnet BAKBASEL für das Jahr 2015 mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0.8% (bisher: +0.6%), welches sich 2016 auf 1.2% (bisher: +1.5%) und 2017 auf 2.3% beschleunigen soll.

Die Perspektiven für das zweite Halbjahr 2015 sind verhalten

Die positive Entwicklung des zweiten Quartals bedeutet nicht, dass die Schweizer Wirtschaft die durch den Franken ausgelöste Schwächephase bereits überwunden hat, wie BAKBASEL weiter festhält. Als Beleg dafür wertet BAKBASEL die volatile und insgesamt verhaltene Entwicklung der Konjunkturindikatoren in den letzten Monaten. So sank die Produktion im sekundären Sektor im zweiten Quartal um 2.5% gegenüber dem Vorjahresquartal und die Auftragseingänge gingen deutlich zurück. Zudem erlebte der Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie im Sommer eine Berg- und Talfahrt. Während der PMI im Juli wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten rutschte, ging es im August bergauf auf einen Stand von 52.2 Zählern. Der PMI für den Dienstleistungssektor blieb jedoch im August mit 47.8 Punkten unter der Wachstumsschwelle.

Die Stimmungsindikatoren deuten insgesamt somit zwar nicht auf einen Konjunktureinbruch, aber auch nicht auf einen Aufschwung hin. Der Aussenhandel erlebt seit Aufhebung des Mindestkurses eine Schwächephase, welche gemäss den bisher vorliegenden Daten im Juli ungebrochen anhielt. Dies zeigt gemäss BAKBASEL, dass der Franken weiterhin eine grosse Belastung für die Schweizer Unternehmen ist, da der hohe Wechselkurs die Wettbewerbsfähigkeit reduziert und die Volatilität auf den Währungsmärkten die Unsicherheit erhöht.

Die sehr verhaltene Entwicklung der Importe seit Aufhebung des Mindestkurses ist laut den Ökonomen zudem ein Indiz dafür, dass die Unternehmen ihre Lager abbauen, was für eine pessimistische Einschätzung der Absatzaussichten spricht. Neben dem Franken spielen hierbei auch die nach wie vor ausgeprägten globalen Unsicherheiten eine Rolle. Die Zurückhaltung der Unternehmen dürfte sich in den kommenden Monaten negativ auf die Investitionstätigkeit auswirken. Insgesamt erwartet BAKBASEL im zweiten Halbjahr 2015 eine Stagnation der Schweizer Wirtschaft, so dass das reale Schweizer BIP im Gesamtjahr 2015 um 0.8% expandieren dürfte. Beim nominalen BIP ist aufgrund der sinkenden Preise von einem Rückgang um 0.4% auszugehen.

Die Konjunktur wird sich 2016 moderat beleben

Im Zuge der erwarteten globalen Erholung geht BAKBASEL für 2016 von einer allmählichen Beschleunigung der Schweizer Konjunktur aus und erwartet ein BIP-Wachstum von 1.2%. Als positives Signal wertet sie die jüngsten Abwertungstendenzen des Frankens. Im Einklang mit den Erwartungen der Ökonomen hat der Franken gegenüber dem Euro seit Mitte Juli von 1.04 CHF/EUR auf aktuell etwa 1.09 CHF/EUR abgewertet. BAKBASEL erwartet, dass sich dieser Trend in den nächsten Quartalen fortsetzen wird und der Franken bis Ende 2016 auf rund 1.15 CHF/EUR abwertet. Dies dürfte den Druck auf die Gewinnmargen der Schweizer Unternehmen allmählich reduzieren, die Absatzchancen der Exporteure erhöhen und Unsicherheit abbauen.

Positive Impulse für die Schweizer Wirtschaft sind in den nächsten Quartalen auch von den Industriestaaten zu erwarten, wie BAKBASEL annimmt. In den USA ist die Binnenkonjunktur mittlerweile in robuster Verfassung und die steigenden Einkommen dürften für eine Wachstumsbeschleunigung sorgen. Auch in der Eurozone ist von einer Belebung auszugehen. Hierbei mehren sich die Zeichen, dass die bisher noch stark Konsum getriebene Erholung auch zunehmend die Investitionstätigkeit erfasst und damit ein Segment, welches für die Schweizer Exporteure von hoher Bedeutung ist. Die Dynamik der Schwellenländer dürfte dagegen 2016 wie schon 2015 verhalten ausfallen.

2017 beschleunigt sich der Aufschwung

Erst ab 2017 rechnen die Ökonomen wieder mit einer schwungvolleren Entwicklung in den Schwellenländern. Insgesamt prognostiziert BAKBASEL, dass die Schweizer Exporte im Jahr 2016 um 2.6% wachsen (2015: +0.0%). 2017 dürfte der kräftig anziehende Welthandel und die nachlassende Wechselkursbelastung einen wesentlich stärkeren Anstieg der Schweizer Exporte ermöglichen (+5.9%).

Während sich die Lage für die Schweizer Exporteure so allmählich verbessern dürfte, steht der Abschwung bei den Investitionen aber erst noch bevor. So werden sich die Frankenstärke und die gegenwärtig ausgeprägte Unsicherheit vor allem in den Investitionsplänen der Unternehmen für das kommende Jahr niederschlagen. BAKBASEL rechnet daher trotz der sich verbessernden konjunkturellen Rahmenbedingungen nur mit einer Stagnation der Ausrüstungsinvestitionen im Jahr 2016 (+0.1%). Hinzu kommt, dass auch die Bauinvestitionen 2016 sinken werden (-0.8%). Hierfür sind vor allem die negativen Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative auf den Wohnbau im Alpenraum sowie allgemeine Sättigungstendenzen nach dem Boom der letzten Jahre verantwortlich.

Im Jahr 2017 gelingt die Trendwende und sowohl bei den Bauinvestitionen als auch den Ausrüstungsinvestitionen ist wieder von positiven Wachstumsraten auszugehen. Vor allem die Ausrüstungsinvestitionen dürften kräftig anziehen (+8.7%), da die Belastung durch den Franken und die globalen Unsicherheiten bis 2017 in den Hintergrund treten und sich aufgrund der Zurückhaltung der Unternehmen ein grosser Nachholbedarf aufgestaut haben dürfte.

Der private Konsum bleibt auch 2016 ein wichtiger Wachstumspfeiler der Schweizer Wirtschaft, wenngleich die Dynamik gegenüber 2015 etwas nachlässt. Zwar ermöglichen die rückläufigen Preise ein schwungvolles Wachstum der real verfügbaren Einkommen, die leichte Eintrübung am Arbeitsmarkt wirkt sich jedoch hemmend auf die Ausgabenbereitschaft aus. Insgesamt dürften sich die negativen Folgen der gegenwärtigen Wachstumsdelle auf den Schweizer Arbeitsmarkt aufgrund der im Jahresverlauf 2016 einsetzenden Erholungstendenzen jedoch in Grenzen halten. BAKBASEL erwartet, dass die Arbeitslosigkeit bis Mitte 2016 auf ein Maximum von 3.7% ansteigt (aktuell 3.3%) und 2017 wieder allmählich zurückgeht.

Turbulenzen in den Schwellenländern und Wahlen in Griechenland sind ein Risiko

Die Turbulenzen in China und die kräftige Abwertung vieler Schwellenländer-Währungen verdeutlichen gemäss BAKBASEL, dass die aussenwirtschaftlichen Risiken weiterhin ausgeprägt sind. Falls es wider Erwarten zu einer "harten Landung" in China kommt, würde dies die Chancen auf eine Erholung in den Industrieländern zunichtemachen.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Entwicklung in Griechenland, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen. Durch die Einigung auf ein drittes Rettungspaket an Griechenland ist die Gefahr eines Grexit zuletzt zwar deutlich gesunken. Falls jedoch radikale Kräfte starke Stimmgewinne verbuchen können, wäre die Umsetzung des dritten Rettungspakets in Gefahr und auch ein Grexit würde wieder zur Diskussion stehen. Auch ein politisches Patt könnte zu einer Hängepartie und Blockade der weiteren Entwicklung führen. Der Aufwertungsdruck auf den Franken könnte sich damit entgegen dem Basisszenario wieder deutlich erhöhen.

Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative birgt ebenfalls Risiken

Für 2017 erwartet BAKBASEL einen kräftigen Aufschwung in der Schweiz. Dieser Aufschwung könnte jedoch durch eine misslungene Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gefährdet werden. Im Basisszenario wird unterstellt, dass die geplanten Kontingente für Zuwanderer flexibel an den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft ausgerichtet werden und sich zudem die Beziehungen zur EU nicht verschlechtern. Falls dies jedoch nicht der Fall ist und es im schlimmsten Fall sogar zu einer Aufkündigung der Bilateralen Verträge kommt, würde dies die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft deutlich eintrüben.

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