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Die Anfangsrenditen selbst erstklassiger Büroimmobilien stehen unter Druck

Samstag, 30.01.2016

Der Schweizer Büroimmobilienmarkt ist im Umbruch. Dies fordert ein Umdenken bei Bestandshaltern, Entwicklern, Investoren und Nutzern. Experten prognostizieren insbesondere für nicht zentrale Bürostandorte Schwierigkeiten.

Die letzten beinahe 30 Jahre an politischer und raumplanerischer Restriktion haben den Eigentümern von Immobilien Jahr für Jahr fast automatisch und ohne grosses Zutun Mietzinserhöhungen zugespielt. Dies galt für Zürich und im speziellen für Genf. Die ewige Knappheit an Immobilien, der die Schweiz über Jahrzehnte ausgesetzt war, weicht nun immer deutlicher auf. „Markets are efficient“ – dies gilt auch für die Immobilienmärkte. Planungshorizonte, Mietvertragslaufzeiten und Realisierungen benötigen zwar Jahre oder gar Jahrzehnte; sie folgen aber den gleichen Mechanismen wie in anderen Märkten. Und plötzlich wird es offensichtlich: Die innerstädtischen Bestände weisen veraltete Strukturen auf.

Infrastrukturen wie die öffentliche Verkehrsanbindung verschieben sich geographisch und kreieren neue, effizientere Verkehrsknotenpunkte. Standorte ausserhalb des politischen Einflussbereichs der Grossstädte entwickeln eigene Strategien und offerieren neue moderne Standortkonzepte. Auch die Bedürfnisse der Mieter verändern sich.

Immobilien stehen in permanenter Konkurrenz zueinander

Der Paradigmenwechsel von knapp und eng hin zu offen und expansiv fordert ein Umdenken bei Bestandshaltern, Entwicklern, Investoren und Nutzern. Immobilien brauchen wieder Alleinstellungsmerkmale, da sie aufgrund von transparenten und für immer mehr Nutzer nachvollziehbaren Marktverhältnissen in permanenter Konkurrenz zueinander stehen. Die diesjährige Büromarktstudie von Jones Lang LaSalle beleuchtet diese Tatsache.

Das Leerstandrisiko von Bestandsimmobilien und Neubauprojekten steigt

Die Flächennachfrage auf der Mieterseite dürfte aufgrund eines schwachen Wirtschaftswachstums „moderat positiv“ bleiben. Die tiefen Inflationsaussichten hemmen das Wachstum der Markt- und Bestandsmieten kommerzieller Immobilien zusätzlich. Dies reduziert das Mietzinspotenzial bzw. erhöht das Leerstandrisiko von Bestandsimmobilien und Neubauprojekten.

Anfangsrenditen für Topobjekte sind 2015 stark gefallen

Auf der Investitionsseite fördern die tiefen Anleihezinsen zwar die Attraktivität von Immobilienanlagen. Die Anfangsrenditen für Topobjekte fielen 2015 jedoch um etwa 30 Basispunkte. Da keine baldige Zins-„Normalisierung“ in der Schweiz in Sicht ist, sollten die Anfangsrenditen erstklassiger Büroimmobilien vorerst nicht unter Aufwärtsdruck kommen. Auf der anderen Seite dürften die Zeiten von Renditekompressionen, getrieben durch sinkende Langfristzinsen, grösstenteils ebenfalls vorüber sein, da sich eine Bodenbildung in der Zinsentwicklung abzeichnet.

Interesse an Objekten in C-Lagen ist deutlich gesunken

Im Bürobereich werden Objekte verschiedener Qualitäten – anders als im Mietwohnungsmarkt – bereits deutlich differenzierter bewertet. Die Nachfrage nach A-Klasse-Büroliegenschaften mit Langzeitverträgen bleibt auch an grossstädtischen B-Lagen rege, während das Interesse an Objekten in C-Lagen sowie Liegenschaften mit unattraktiver Mieter- oder Gebäudestruktur deutlich tiefer ausfällt.

Der Aufwärtsdruck auf erstklassige Immobilienrenditen bleibt gering

Für innerstädtische Topliegenschaften im Bürosegment sind die geschätzten Spitzenrenditen aufgrund der Einführung der Negativzinsen im Jahr 2015 um etwa 30 Basispunkte auf 2.9% in Zürich und auf 3.3% in Genf gesunken. Da gleichzeitig die Rendite zehnjähriger Bundesobligationen um 50–70 Basispunkte auf etwa −0.2% per Ende Oktober 2015 gefallen ist, hat sich der Renditespread nochmals ausgeweitet und liegt nun bei rekordverdächtigen 300–350 Basispunkten.

Der Aufwärtsdruck auf erstklassige Immobilienrenditen sollte in den nächsten Quartalen angesichts des lockeren geldpolitischen Umfelds und des anhaltenden Investitionsdrucks einheimischer institutioneller Anleger gering bleiben. 

Kapitalwerte haben sich nur moderat verändert

Die durchschnittlichen Kapitalwerte für Top-Büroflächen in Schweizer Grossstädten haben sich aufgrund der Renditekompression leicht erhöht und liegen nun zwischen 9'500 Franken in Bern und 24'750 Franken in Zürich. Die Kapitalwerte von Liegenschaften an schlechten Standorten sind dagegen etwas unter Druck gekommen.

Investitionsvolumen dürfte 2015 etwas tiefer ausgefallen sein

Das Transaktionsvolumen kommerzieller Bestandsimmobilien (d.h. ohne Bauland und Entwicklungsprojekte) dürfte im Jahr 2015 etwas tiefer als in den Vorjahren ausgefallen sein, die Schwelle von 3 Milliarden Franken jedoch einmal mehr übertroffen haben. Nach einem starken ersten Quartal folgte ein eher ruhiger Sommer, bevor das Transaktionsvolumen gegen Jahresende wieder anzog.

Der Bürosektor war auch im Jahr 2015 der dominante Sektor auf dem Investitionsmarkt kommerzieller Bestandsimmobilien. Büroliegenschaften waren in den letzten beiden Jahren für mehr als 50% aller kommerziellen Immobilientransaktionen verantwortlich.

Grösste Einzeltransaktion fand 2015 in Genf statt

Die grösste Einzeltransaktion des letzten Jahres war der Verkauf des prestigeträchtigen Bürogebäudes Rue du Rhône 8 von der UBS an die Swiss Life für 535 Millionen Franken im Januar. Weitere grosse Bürotransaktionen in Genf betrafen die Liegenschaften Rue du Rhône 21, Rue du Rhône 62, Blvd des Philosophes 20 (Temenos Headquarter) und Rue de l'Université 4. In Zürich kaufte u.a. die Stadt Zürich zwei Liegenschaften  in Oerlikon (Eggbühlstrasse, Airgate).

Neue Büro-Konkurrenz könnte nicht zentrale Bürostandorte gefährden

Für die kommenden fünf Jahre prognostiziert Jones Lang LaSalle in Genf jedoch leicht ansteigende marktweite Leerstände. Mit der CEVA- Bahnlinie und den begleitenden Immobilienprojekten dürften neue, gut angeschlossene Büro-Subzentren entstehen. Einige nicht zentrale Bürostandorte könnten durch die neue Konkurrenz Schwierigkeiten in der Vermietung bekommen, so die Meinung der Experten. Dies eröffne Opportunitäten für Umnutzung in Wohnen.

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