Sie befinden sich hier: Startseite » Aktuelle Themen » Artikel

Die Änderungsvorschläge für AHVG und BV sind heiss umstritten

Dienstag, 25.07.2017

Die vom Bundesrat unterbreiteten Änderungs- und Optimierungsvorschläge zum AHVG und der beruflichen Vorsorge werden von vielen Akteuren kritisiert. Ihre Kritik richtet sich gegen Aufwand, ungehörige Einmischung und negative Auswirkungen.

Der Bundesrat hat im April 2017 eine Reihe von Änderungsvorschlägen zum Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) in die Vernehmlassung geschickt. Neben den Anpassungen im AHVG unterbreitete er damit auch eine Reihe von Optimierungsvorschlägen in der beruflichen Vorsorge. Gemäss Kritikern dieser Revisionen ist die Auswahlsendung auf BVG-Seite allerdings nicht besonders gut angekommen. Dass im Gleichschritt mit der Altersvorsorgereform 2020 und offenbar dringenden Gesetzesänderungen bei der AHV auch noch die 2. Säule Änderungen erfahren sollte, werde von vielen als Zumutung empfunden. Dabei habe man es in vielen Punkten unterlassen, vorab die Praxistauglichkeit abzuklären. Dies provoziere negative Reaktionen, so ihr Fazit.

Zuviel Bürokratie bei Feststellung von Freizügigkeitsleistungen ist schlecht

Kritiker stossen sich besonders an der Idee, dass den Vorsorgeeinrichtungen künftig vorgeschrieben würde, bei jedem Neueintritt das Vorhandensein allfälliger Freizügigkeits-Guthaben abzuklären. Sie gehen darin mit Vorsorgeeinrichtungen überein, die kritisieren, dass die Kasse dann bei jedem Neueintritt zwingend eine Bescheinigung über allfällig beim Sicherheitsfonds BVG (SIFO) gemeldete Freizügigkeitsleistungen einholen müsse. Dies entbehre jegliches Augenmass für das Machbare. Kritisiert wird auch, dass das vorgeschlagene Modell in der heutigen mobilen Arbeitswelt nicht umsetzbar sei und auch der praktischen Vorsorgeverwaltung widerspreche.

Kantone wollen selbst über die Aufsicht entscheiden können

Manche Kritiker lehnen es zudem ab, dass Regierungsmitglieder und Angehörige der öffentlichen Verwaltung künftig nicht mehr Einsitz in die obersten Gremien der Direktaufsicht nehmen dürfen. Die Oberaufsichtskommission (OAK) hat dabei die Inner- und die Ostschweiz sowie die Westschweiz im Visier, wo Regierungsräte in den jeweiligen Gremien vertreten sind. Die OAK hat dies offenbar schon früher erfolglos kritisiert. Die Konferenz der Kantonsregierungen hält in einer gemeinsamen Stellungnahme fest, dass diese gegen eine Änderung seien, die einen unzulässigen Eingriff des Bundes in die Organisationsautonomie der Kantone darstelle. Die Kantone wollten auch in Zukunft untereinander über Fragen im Zusammenhang mit der Aufsicht entscheiden können. Auch der Schweizerische Pensionskassenverband (ASIP) sieht darin einen ungerechtfertigten Eingriff in die kantonale Hoheit.

Weitere Aufgabenzuteilung an PK-Experten ist unnötig

Als «interessant» klassieren Kritiker die Reaktionen auf neue Regelungen für die Pensionskassen-Experten. Der ASIP meint, dass er diese zwar nachvollziehen könne, sich aber frage, ob sie insgesamt zu einem wesentlichen Mehrwert führten. Denn so manche Aufgabe würde von vielen Kassen unter Begleitung des Experten selbst erledigt. Es brauche dazu keinen formellen Auftrag. Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kann dem Vorschlag nicht viel abgewinnen.

PK-Experten lehnen weitere Verantwortlichkeiten ab

Anders sehen das die Experten selbst; die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten (SKPE) begrüsst eine Klarstellung der Aufgaben und Pflichten der Experten und Expertinnen. Auch die vorgesehene Bestätigung des Experten an die Adresse der Aufsicht bei der Übertragung eines Rentnerbestandes sei nachvollziehbar. Sie möchten den unterbreiteten Vorschlag jedoch dahingehend modifiziert haben, dass die Experten nicht «jederzeit» eine Erfüllung der Rentenverpflichtungen durch die Vorsorgeeinrichtung bestätigen könnten. Kritiker halten fest, dass die Experten zwar nichts gegen eine Ausweitung der Aufgaben hätten, sich aber keine zusätzlichen Verantwortlichkeiten wünschten.

Vorgeschlagenes Regelwerk zur Übernahme von Rentnerbeständen ist unausgegoren

Ein echtes Problem will der Bundesrat bei der Übernahme von Rentnerbeständen angehen. Der ASIP kritisiert jedoch, dass sich das vorgeschlagene Regelwerk derart in die Aufgaben des obersten Organs der abgebenden und übernehmenden Stiftung einmische, dass die dem obersten Organ und dem Pensionskassenexperten zugedachte Verantwortung damit ausgehebelt würde. Die Umsetzung der Bestimmungen sei nicht ausgereift.

Auch die Experten sind mit dem Vorschlag wenig zufrieden. Dem SKPE scheint das vorliegende Regelwerk unausgegoren und nicht zielführend. Er empfiehlt, es unter Beizug der verschiedenen Akteure noch einmal überarbeiten zu lassen.

Grundsätzliche Überlegungen dazu stellt die Aktuarvereinigung an: Ihr stellt sich die Frage, was der Unterschied zwischen einem neuen Vorsorgewerk mit 4 Aktiven und 100 Rentnern oder einem solchen mit allein 100 Rentnern sei. Müsse ein weitgehend risikoloser Zinssatz verwendet werden, dann habe dies generell Auswirkungen auf die Bilanzierung von Rentenverpflichtungen in den Vorsorgeeinrichtungen bzw. auf den technischen Zinssatz. Die neuen Bestimmungen würden vermehrt dazu führen, dass Rentner nicht weitergegeben würden und damit ein gleiches Risiko wie man habe verhindern wollen eingegangen werde. Da die Rentner bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung verblieben, mutierten diese sukzessive zu Rentnerkassen. Es sei daher angebracht, das Regelwerk nochmals zu überarbeiten.

Anzeige
 
Twitterdel.icio.usgoogle.comLinkaARENAlive.comMister Wong
Copyright © 2011-2024 vorsorgeexperten.ch. Alle Rechte vorbehalten.