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Der Kampf um die Vergabe von Hypothekarkrediten geht weiter

Montag, 05.08.2013

Die Nationalbank warnt seit Langem vor einer Immobilienblase und einer zu leichtfertigen Hypothekarkreditvergabe. Die FINMA hält dem offenbar entgegen. Auch Schweizer Grossbanken sollen bei der Vergabe wieder aggressiver vorgehen.

Der jüngste Rapport über den UBS Swiss Real Estate Bubble Index legt nahe, dass sich der Wohnimmobilienmarkt in der Schweiz etwas beruhigt hat. Dennoch warnt die UBS, das Risiko einer Preisblase könne in den kommenden Quartalen wieder zunehmen. Deshalb brauche es «eine anhaltende Beruhigung».

Die SNB könnte den Kapitalpuffer für die Banken weiter erhöhen

Dieser Meinung ist auch Nationalbank-Chef Thomas Jordan, wie die «Schweiz am Sonntag» festhält. Er warne in jedem Referat und Interview vor einer Immobilienblase, was sie mit dem Zitat «Die Hypothekarvolumen wachsen immer noch stärker als das nominelle Bruttoinlandprodukt», das er kürzlich gegenüber der Zeitung geäussert habe, unterlegt. Der neueste Finanzmarktstabilitätsbericht der Schweizerischen Nationalbank untermauere dies ebenfalls: Demnach würden 15% der Neukunden bei einem (Hypothekar-) Zinsanstieg auf 3% in Schwierigkeiten geraten. Bei einem Zinssatz von 5% seien es gar 40%. Angesichts eines Hypothekarkreditvolumens von rund 800 Milliarden Franken sei dies doch eher beunruhigend, zitiert die Zeitung einen Banker.

Die FINMA soll gegen den Kapitalpuffer lobbyiert haben

Anders werde die Lage durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA beurteilt, wie die «Schweiz am Sonntag» erklärt. Diese halte die Warnrufe der SNB für übertrieben.

Die FINMA ist für die Durchsetzung des antizyklischen Kapitalpuffers bei den Banken verantwortlich. Sie wird im Rahmen ihrer Aufsichtsarbeit überprüfen müssen, wie die Schweizer Banken die höheren Kapitalanforderungen in ihrer Kapitalplanung integrieren.

Laut «Schweiz am Sonntag» lehnt die FINMA den Kapitalpuffer ab. In einem Communiqué habe sie mitgeteilt, dass sie in ihrer Stellungnahme zuhanden der SNB empfohlen habe, mit der Aktivierung des Kapitalpuffers zum jetzigen Zeitpunkt noch zuzuwarten. Auch solle FINMA-Chef Patrick Raaflaub im Vorfeld des Bundesratsentscheids vom 13. Februar 2013 persönlich bei einem Bundesratsmitglied gegen den Kapitalpuffer lobbyiert haben, wie die Zeitung wissen will.

Die SNB hatte am 5. Februar 2013 beim Bundesrat beantragt, dass die Banken ab 30. September 2013 verpflichtet werden, zusätzliche Eigenmittel für Wohnbauhypotheken (in Höhe von 1% ihrer nach Artikel 72 ERV direkt oder indirekt grundpfandgesicherten risikogewichteten Positionen) zu halten. Der Bundesrat gab dem Antrag der SNB statt. Laut Eigenmittelverordnung kann der Bundesrat den Kapitalpuffer auf Antrag der Nationalbank aber bis auf 2,5% erhöhen.

Die «Schweiz am Sonntag» zitiert einen weiteren Banker, wonach die Nationalbank hinter den Kulissen «Horrorszenarien an die Wand male», während die FINMA abwiegle. Jordans Warnrufe würden viele Banker verärgern. Insbesondere jene, die sich zurückhalten und dafür auf Geschäfte verzichten würden. «Schweiz am Sonntag» zitiert weiter CVP-Ständerat Pirmin Bischof (SO), der die Banken wohl «in einem Dilemma» sieht: Sie würden im Geld schwimmen und wüssten nicht, wo sie es gewinnbringend anlegen sollten. Da sei jede Hypothek willkommen.

Bares und Pensionskassengelder in Höhe von nur je 10%

Wie die «Schweiz am Sonntag» weiter schreibt, würden die Grossbanken, die sich lange Zeit zurückgehalten hätten, in jüngster Zeit wieder aggressiver Hypotheken vergeben. Dafür liefere die Credit Suisse ein Beispiel: Sie verlange für Luxuswohnungen mit Quadratmeterpreisen von über 16 000 Franken in Zürich Witikon «Barmittel in Höhe von nur gerade 10% sowie 10% aus der Pensionskasse», wie die Zeitung wissen will. Der Kampf um Marktanteile sei demnach härter geworden.

Diese offenbar bestehende Praxis ist jedoch legal: Gemäss der neuen Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung, welche am 1. Juli 2012 in Kraft trat und von der FINMA als aufsichtsrechtlicher Mindeststandard anerkannt wurde, müssen Kreditnehmer „mindestens“ 10% des Belehnungswertes der Liegenschaft aus Eigenmitteln beibringen, die nicht aus einer Verpfändung oder einem Vorbezug von Guthaben aus der zweiten Säule stammen. Auch dürfen Hypothekarkunden aus vorbezogenen Pensionskassengeldern „höchstens“ 5% bis 10% des Immobilienwertes als Eigenkapital anrechnen lassen. Tatsächlich hat die Credit Suisse im genannten Beispiel die Grenzen des Zulässigen offenbar voll ausgereizt.

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