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Der Bundesrat will den BVG-Kapitalbezug massiv einschränken

Freitag, 16.09.2016

Das Sparkapital der obligatorischen beruflichen Vorsorge soll besser geschützt werden. Altersguthaben aus dem obligatorischen Teil sollen daher nicht mehr als Kapital bezogen werden können. Der Pensionskassenverband läuft dagegen Sturm.

Der Bundesrat hat die Botschaft zur Reform der Ergänzungsleistungen (EL) verabschiedet. Das Leistungsniveau soll künftig grundsätzlich erhalten bleiben. Die Leistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge sollen aber möglichst nur noch als Rente bezogen werden. Wer also in den Ruhestand tritt, soll sein Altersguthaben aus dem obligatorischen Teil nicht mehr als Kapital beziehen können. Guthaben aus der überobligatorischen Vorsorge können dagegen weiterhin als Kapital bezogen werden. Heute müssen es die Pensionskassen ihren Versicherten im Rentenfall ermöglichen, mindestens ein Viertel des obligatorischen BVG-Guthabens in Kapitalform zu beziehen.

Vorbezug für selbständige Erwerbstätigkeit ist nicht mehr möglich

Auch für den Fall, in dem jemand eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, will der Bundesrat den Vorbezug von Kapital aus dem obligatorischen Teil ausschliessen. Denn es bestehe ein grosses Risiko, dass das Vorsorgekapital verlorengehe, beispielsweise nach einem Konkurs. Durch diese Massnahmen soll das Risiko minimiert werden, dass Versicherte wegen des Kapitalbezugs nur noch Anspruch auf eine geringe Rente haben und später au Erwerb von Wohneigentum soll f Ergänzungsleistungen angewiesen sind.

Vorbezug für den Erwerb von Wohneigentum ist möglich

Für den Erwerb von Wohneigentum soll ein Vorbezug von Kapital aus der obligatorischen Vorsorge nach wie vor möglich sein. Das hatte der Bundesrat schon in der Vorlage so vorgesehen, die er in die Vernehmlassung geschickt hatte. Ein Haus oder eine Wohnung stellt für die persönliche Altersvorsorge seiner Meinung nach weiterhin einen Wert dar.

Freibeträge auf dem Gesamtvermögen werden gesenkt

Die EL sollen gezielt jenen Menschen zugutekommen, die ohne diese Unterstützung unter dem Existenzminimum leben würden. Deshalb will der Bundesrat das Vermögen bei der EL-Berechnung stärker berücksichtigen. Dazu werden die Freibeträge auf dem Gesamtvermögen gesenkt: für alleinstehende Personen von 37‘500 auf 30‘000 Franken und für Ehepaare von 60‘000 auf 50‘000 Franken. Die Freibeträge auf selbstbewohnten Liegenschaften dagegen bleiben unverändert bei 112‘500, respektive 300‘000 Franken, wenn ein Teil des Ehepaares in einem Heim oder Spital lebt.

Reform will Fehlanreize reduzieren

Mit der Reform sollen Schwelleneffekte und Fehlanreize reduziert werden. Heute werden in den meisten Kantonen geringe EL automatisch auf einen Mindestbetrag angehoben (Mindestgarantie). Dies bewirkt laut Bundesrat einen unerwünschten Schwelleneffekt.

Hinzu kommt, dass Rentnerinnen und Rentner mit Mindestgarantie im Vergleich zu den anderen EL-Beziehenden offenbar ein höheres verfügbares Einkommen haben. Mit der Reform sollen diese beiden Auswirkungen reduziert werden. Neu soll auch das Erwerbseinkommen von Ehegatten oder Ehegattinnen ohne eigenen EL-Anspruch künftig voll als Einnahme angerechnet werden. Heute geschieht das nur zu zwei Dritteln.

Neu zählt die effektive Krankenversicherungsprämie

EL-Beziehende erhalten heute die Krankenversicherungsprämie in Form einer kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie angerechnet. Neu will der Bundesrat den Kantonen die Möglichkeit geben, die effektive Prämie zu berücksichtigen. Damit können die Kantone verhindern, dass EL-Beziehenden ein zu hoher Betrag für ihre Prämie angerechnet wird.

Vollzug der EL soll vereinheitlicht werden

Um einen schweizweit einheitlichen Vollzug der EL sicherzustellen, sollen verschiedene gesetzliche Bestimmungen präzisiert werden. Diese betreffen unter anderem die Karenzfristen, die für ausländische Staatsangehörige gelten, bevor sie Anspruch auf EL haben, oder die Auswirkungen längerer Auslandaufenthalte auf den EL-Anspruch.

Bund und Kantone wollen danke Reform 300 Millionen sparen

Die vorgeschlagenen Massnahmen führen laut dem Bundesrat im Jahr 2030 zu EL-Minderausgaben von 303 Millionen Franken. Davon entfallen 97 Millionen Franken auf den Bund und 206 Millionen auf die Kantone. Ausserdem sollen die Kantone 161 Millionen Franken bei den Prämienverbilligungen sparen.

Bundesrat nimmt Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis

Wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) erklärt, seien die Ziele und die allgemeine Stossrichtung der Reform in der Vernehmlassung begrüsst worden. Eine Minderheit der Teilnehmenden habe die Vorschläge als nicht ausreichend für eine nachhaltige Finanzierung der EL erachtet. Die meisten Massnahmen aus der Vernehmlassungsvorlage seien aber unverändert geblieben; angepasst worden sei einzig die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens bei der EL-Berechnung.

ASIP wehrt sich gegen grundsätzliches Verbot des Kapitalbezugs

Der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP hingegen «bedauert» den Vorschlag des Bundesrates, die Kapitalbezüge mit Ausnahme des Bezuges für den Erwerb von Wohneigentum zu untersagen.

Obwohl für eine Pensionskasse der Rentenbezug im Sinne der Gewährung eines Ersatzeinkommens im Vordergrund stehe, müssten die Pensionskassen den Versicherten auch weiterhin Wahlfreiheiten anbieten können.

Ausserdem werde pauschal behauptet, Kapitalbezüger würden ihr BVG-Geld «verprassen» und seien anschliessend auf von den Steuerzahlern finanzierte Ergänzungsleistungen angewiesen. Argumentiert werde mit dem Anteil Kapitalbezüger an den EL-Bezügern. Diese Zahl sage jedoch nichts darüber aus, wie die Kapitalbezüger generell mit ihrem Kapital umzugehen wüssten und ob die Problemfälle lediglich eine klare Minderheit darstellten.

Um der behaupteten Gefahr der zweckwidrigen Verwendung von Vorsorgegeldern zu begegnen, sei vielmehr bei den Kriterien, die einen EL-Bezug rechtfertigten, anzusetzen. Es dürfe nicht sein, dass eine Mehrheit bevormundet und bestraft werde. Das gesetzlich vorgesehene Bezugsrecht sei in keiner Weise ursächlich für die Sanierung der EL. Der ASIP lehne daher das vorgeschlagene Verbot der Kapitalbezüge im BVG ab.

EL-Reform kann Problem der stark steigenden Heimkosten nicht lösen

Das Problem der stark steigenden Ausgaben für im Heim lebende Personen könne mit der EL-Reform aber nicht angegangen werden, wie das BSV weiter erklärt.

Als separate Vorlage sei die gezielte Erhöhung der maximalen Mietzinse, die bei der EL-Berechnung berücksichtigt würden, zurzeit im Parlament hängig. Die vorberatende Kommission des Nationalrates hatte diese Gesetzesrevision suspendiert, um die nun verabschiedete Botschaft zur EL-Reform abzuwarten.

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