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Das Freizügigkeitssystem ist für die 2. Säule zunehmend wichtig

Donnerstag, 16.06.2016

Das von den Freizügigkeitseinrichtungen verwaltete Gesamtvermögen ist auf über 51 Milliarden Franken angewachsen. Dieser Anstieg deutet auf die zunehmende Bedeutung des schweizerischen Freizügigkeitssystems hin, sagt eine Studie.

Versicherte, welche die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall eintritt (Tod, Invalidität, Alter), haben Anspruch auf eine Austrittsleistung. Wenn sie den Arbeitgeber wechseln, wird die Austrittsleistung an die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers überwiesen. Ohne neues Arbeitsverhältnis muss der Vorsorgeschutz mit einer Freizügigkeitspolice oder einem Freizügigkeitskonto bei einer Freizügigkeitseinrichtung aufrechterhalten werden. Normalerweise bleibt die Austrittsleistung vorübergehend dort, bis sie wieder in den Kreislauf der beruflichen Vorsorge eingebracht werden kann. Unter gewissen Voraussetzungen ist auch eine Barauszahlung der Austrittsleistung möglich.

Zu- und Abgänge bei den Freizügigkeitsleistungen müssen besser erfasst werden

Volumen und Art der von den Vorsorgeeinrichtungen für die Risiken Alter, Invalidität und Tod ausbezahlten Vorsorgeleistungen sind statistisch ausführlich dokumentiert. Auch die Wohneigentumsförderung wird regelmässig und detailliert statistisch ausgewertet. Lückenhaft sind hingegen die Statistiken zu den Vorsorgeguthaben, die über die Freizügigkeitseinrichtungen laufen. Diese Daten werden nicht systematisch erfasst und sagen nur gerade aus, dass das von den Freizügigkeitseinrichtungen verwaltete Gesamtvermögen über die Jahre angestiegen ist. Dieser Anstieg deutet darauf hin, dass das Freizügigkeitssystem immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es braucht folglich adäquate statistische Quellen, um die Zu- und Abgänge bei den Freizügigkeitsleistungen zu erheben.

Barauszahlungen haben sozialpolitische Bedeutung

Vor diesem Hintergrund hat der Bund eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Eines der Ziele war, anhand von administrativen Daten von drei Freizügigkeitseinrichtungen das Volumen der Ein- und Austrittsleistungen sowie der Barauszahlungen für ein bestimmtes Jahr zu quantifizieren. Insbesondere die Barauszahlungen, etwa beim definitiven Verlassen der Schweiz oder bei der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, haben eine gewisse sozialpolitische Bedeutung. Denn bei Barauszahlungen wird das Vermögen dem Kreislauf der beruflichen Vorsorge endgültig entzogen.

Barauszahlungen machen 7.5% der Kapitalabflüsse aus

Die Hochrechnungen bei den drei untersuchten Freizügigkeitsstiftungen haben ergeben, dass das Volumen der Barauszahlungen weniger problematisch sein dürfte als angenommen. Die Barauszahlungen machen weniger als 5% aller Kapitalabflüsse aus. Verglichen mit dem Vermögen, das im Kreislauf der 2. Säule verbleibt, oder das beim Eintreten eines Vorsorgefalls ausbezahlt wird, handelt sich um ein geringfügiges Volumen. Die von den drei untersuchten Stiftungen ausbezahlten Vorbezugsleistungen für die Wohneigentumsförderung belaufen sich auf 3% der Kapitalabflüsse.

Barauszahlungen bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit und bei endgültigem Verlassen der Schweiz sowie WEF-Vorbezüge machen zusammen rund 7.5% aller ausgehenden Kapitalflüsse der Freizügigkeitseinrichtungen oder 750 Millionen Franken aus.

Ein Teil dieses Betrages wird von den Versicherten aber wieder für Vorsorgezwecke in anderer Form verwendet, z.B. für einen Einkauf in eine Pensionskasse oder für eine Einlage in ein Konto der Säule 3a oder 3b.

Freizügigkeitsguthaben sind wichtiger Bestandteil des Kapitals der 2. Säule

Entsprechend den Vorgaben der Machbarkeitsstudie ist die Datenbasis äusserst schmal und die ausgewiesenen Werte sind mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. Als Grössenordnung erscheinen sie indessen mehrheitlich plausibel. Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 

  • Ende 2014 bestehen rund 2 Millionen Freizügigkeitskonten, -depots oder -policen. Die Zahl der Versicherten dürfte geringer sein, weil Personen mehrere Freizügigkeitskonten besitzen können. Eine Quantifizierung dieses Tatbestandes kann mangels Grundlagen nicht vorgenommen werden.
  • Die Gesamtheit der Freizügigkeitsguthaben beläuft sich Ende 2014 auf rund 51,4 Milliarden Franken. Dieser Betrag entspricht rund 10% der gesamten Guthaben bei Freizügigkeitseinrichtungen und der Guthaben der aktiven Versicherten bei Pensionskassen und Lebensversicherern in der Höhe von rund 500 Milliarden Franken (zum Vergleich: die gesamten Verpflichtungen der Pensionskassen beliefen sich 2013 auf rund 720 Mia. CHF).
  • Der durchschnittliche Betrag pro Freizügigkeitsguthaben beläuft sich auf 26‘000 Franken. Mit steigendem Lebensalter der Versicherten steigt auch das durchschnittliche Guthaben und erreicht beispielsweise bei den 55- bis 65-Jährigen rund 48‘000 Franken. Drei Viertel aller Freizügigkeitsguthaben umfassen nur geringe Beträge, im Durchschnitt rund 5‘000 Franken.
  • Die Zahl von Freizügigkeitskonten, -depots und -policen und die entsprechenden Guthaben weisen seit dem Jahr 2010 einen deutlichen Zuwachs auf – die Anzahl Konten, Depots und Policen rund 15%, die Beträge rund 20%.
  • 355‘000 Einzahlungen im Jahr 2014 stehen 225‘000 Auszahlungen im selben Jahr gegenüber. Anzahlmässig übersteigen damit die Einzahlungen in Freizügigkeitseinrichtungen die Auszahlungen um rund 58%. Auch der Betrag der Einzahlungen liegt mit rund 10,6 Milliarden Franken im fraglichen Jahr über den Auszahlungen (rund 10 Mia. CHF).
  • Von den 10 Milliarden Franken Auszahlungen verbleibt der mit Abstand grösste Teil, nämlich rund 70% bzw. 7 Milliarden Franken in der beruflichen Vorsorge. Diese Gelder werden entweder an eine andere Freizügigkeitseinrichtung oder an eine Vorsorgeeinrichtung überwiesen.
  • Den zweitgrössten Einzelposten bei den Auszahlungen machen die Vorsorgeleistungen für Alter, Invalidität und Tod aus. Der Betrag von 2,2 Milliarden Franken entspricht etwa einem Fünftel aller Auszahlungen des Jahres 2014.

Es bestehen Datenlücken

Während die Kapitalflüsse der Vorsorgeeinrichtungen in der Pensionskassenstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) detailliert abgebildet werden, fehlen entsprechende Angaben für die Freizügigkeitseinrichtungen (FZE) weitgehend. Mit der vorliegenden Machbarkeitsstudie sollte abgeklärt werden, wie die bestehenden Datenlücken geschlossen werden können. Dabei geht es zum Ersten darum, einen Überblick über Kapitalbestand und -flüsse von und zu Freizügigkeitseinrichtungen zu schaffen und u.a. den Umfang von Barauszahlungen abzuschätzen. Zum Zweiten sollen die Voraussetzungen für eine umfassende Datenerhebung abgeklärt sowie allfällig damit verbundene Schwierigkeiten aufgezeigt werden.

Über die Studie

Grundlage dieser Studie bilden einerseits die spärlich vorhandenen sekundärstatistischen Angaben zu den Freizügigkeitsleistungen. Andererseits konnten mit Vertretungen von vier Freizügigkeitseinrichtungen Interviews geführt werden. Drei Freizügigkeitseinrichtungen konnten zudem Daten zum Zweck dieser Studie speziell aufbereiten, die von den Autoren der Studie als Grundlage für weitergehende Richtwerte Verwendung fanden.

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